Mentale Gesundheit: Das Internet kann Einsamkeit verringern – und Lebenszufriedenheit erhören

Für ältere Menschen bietet das Internet eine große Chance, Kontakte zu pflegen und medizinische Unterstützung zu erhalten. Ihre Gesundheit profitiert in mehrerer Hinsicht, stellt eine Forschungsgruppe fest. Ein paar Hürden gibt es jedoch.

Das Internet, beziehungsweise dessen intensive Nutzung, wird immer mal wieder mit einer schlechteren psychischen Gesundheit und Depressionen in Zusammenhang gebracht. Insbesondere soziale Medien scheinen für Jugendliche ein Risiko darzustellen, manche neigen dadurch zu einem suchtähnlichen Verhalten. Allerdings können Wissenschaftler neben negativen auch positive Effekte feststellen, denn das Internet erleichtert soziale Kontakte und ist eine wichtige Informationsquelle.

Und das scheint vor allem für Erwachsenen mittleren und höheren Alters hilfreich zu sein: Deren Wohlbefinden profitiert, berichten chinesische Forscher aktuell im Fachjournal „Nature Human Behaviour“.

Daten aus 23 Ländern

Ein Team um Qingpeng Zhang von der Universität in Hongkong hat für diese Meta-Analyse Gesundheitsdaten von mehr als 87.000 Menschen im Alter von 50 Jahren und älter statistisch ausgewertet. Die Informationen wurden in 23 Ländern über Jahre gesammelt und nun mit Blick auf genetische Risikofaktoren sowie das Online-Verhalten betrachtet.

Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass die Internetnutzung, also das Senden oder Empfangen von E-Mails, Online-Shopping, Reisebuchungen sowie die Suche nach Informationen, mit einer höheren Lebenszufriedenheit, weniger Depressionen und einer nach eigener Einschätzung besseren Gesundheit verbunden war. Ein positiver Zusammenhang zwischen Internetnutzung und Lebenszufriedenheit zeigte sich etwa bei älteren Männern.

In den USA, England und China beispielsweise wiesen Studienteilnehmer, die das Internet nutzten, weniger depressive Symptome auf als diejenigen, die das Internet nicht nutzten. Die Häufigkeit der Internetnutzung konnte jedoch nicht in allen Ländern mit der psychischen Gesundheit in Verbindung gebracht werden. Aber es zeigte sich generell, dass das Internet den Menschen half, mit Freunden und Familie in Kontakt zu bleiben – und ihr soziales Netzwerk auszuweiten.

Würde man den virtuellen Austausch fördern, könnte das laut den Forschern einerseits der sozialen Isolation und Einsamkeit von älteren Menschen entgegenwirken, schreiben die Forscher. Anderseits ihnen das Gefühl geben dazuzugehören und ihr Selbstwertgefühl stärken, was wiederum der mentalen Gesundheit diene.

Diese positiven Effekte ließen sich durch die Analyse von Untergruppen bestätigen. So wären die über 65-jährigen Internet-Nutzer weniger depressiv und fühlten sich auch allgemein gesünder. Durch das Internet erhalten die Menschen emotionale Unterstützung – und Zugang zu medizinischen Informationen und Diensten.

Das Autorenteam räumt ein, dass weitere Studien nötig seien, um festzustellen, ob es tatsächlich einen kausalen Zusammenhang zwischen der Internetnutzung und dem Wohlbefinden älterer Erwachsener gibt. Und um die Rolle demografischer Faktoren wie Alter, Geschlecht und Häufigkeit der Internetnutzung genauer zu untersuchen.

In einem Kommentar dazu weisen Wissenschaftler aus Peking darauf hin, dass diese Studie die breiteren Auswirkungen der digitalen Technologie auf die psychische Gesundheit älterer Erwachsener verdeutliche – unabhängig von nationalen Grenzen und kulturellen Unterschieden.

Für die öffentliche Gesundheit könnte die Erkenntnisse große Bedeutung haben, heißt es in dem Begleitkommentar: Die Digitalisierung sei für psychosoziale Dienste und Hilfeleistungen eine Chance, geografische, finanzielle oder andere Hürden leichter zu überwinden.

Mehr ältere Menschen müssten Zugang erhalten und digital geschult werden, gleichzeitig vor Online-Betrug besser geschützt. Auch müsste man ihnen helfen, sich in der ungeheuren Flut an – wertvollen und irreführenden – Informationen zurechtzufinden.

Jedoch sei die Digitalisierung als Strategie womöglich ein „zweischneidiges Schwert“ , etwa durch exzessive Nutzung, und keine Einheitslösung für alle gleichermaßen. Das geben sowohl die Kommentatoren als auch die Forscher zu bedenken. Man müsse die besonderen Herausforderungen, mit denen ältere Menschen heutzutage konfrontiert sind, berücksichtigen.