João Palhinha vom Wunschtransfer zum Verzichtbaren

Es mag die Öffentlichkeit gelegentlich interessieren, wie Fußballprofis ihre Freizeit verbringen. Eine größere Bedeutung hat das aber meist nur, wenn ein Spieler ordentlich über die Stränge schlägt und sich dabei erwischen lässt. Oder aber wenn, wie am Samstag bei Thomas Müller, damit ein Einblick in die Gefühlswelt verbunden ist.

Er werde den Rest des Abends sicher „nicht lächelnd auf der Couch sitzen“, verriet er nach der 2:3-Niederlage des FC Bayern gegen den VfL Bochum. Wobei auch die Möglichkeit besteht, dass Müller unterwegs war und keine Gelegenheit hatte, auf der Couch zu sitzen. Aber es kommt ja auf das Adjektiv „lächelnd“ an.

Aus seinem weiteren Vortrag ließ sich dann heraushören, dass die Laune auch nicht ganz so schlecht war. Schnell vergessen sei sein Motto mit Blick auf den Dienstag, auf das Achtelfinal-Rückspiel in der Champions League gegen Bayer Leverkusen. Vielleicht könne man die Niederlage auch deshalb, sagte Müller, „ein Stück leichter abhaken, weil sich in der Tabelle nichts getan hat“. Weil auch Leverkusen mit 0:2 gegen Bremen verlor und die Münchner deshalb noch immer mit acht Punkten Vorsprung führen.

Eine harte Rote Karte – und das Spiel kippt

Es wäre interessant gewesen, von João Palhinha zu erfahren, wie und in welcher Verfassung er in den Abend geht. Sicherlich viel betrübter als Müller, vielleicht sogar grübelnd. Aber er bat um Verständnis dafür, dass er lieber nichts sagen wolle nach diesem für ihn so unerfreulichen Spiel, und verschwand um die Ecke. Ihn oder besser gesagt sein Foul, das kurz vor der Halbzeitpause zu einem Platzverweis führte, machte beim FC Bayern niemand dafür verantwortlich, dass das Spiel kippte. Die Rote Karte war hart, weil Palhinha zunächst den Ball spielte, aber vertretbar, weil er den Gegner anschließend heftig am Knöchel traf.

Als Ausrede wollen das die Münchner ohnehin nicht gelten lassen. „Nur weil man zu zehnt ist, heißt das nicht, dass man zwangsläufig Gegentore kassiert“, sagte Müller. Und Trainer Vincent Kompany fand, dass der FC Bayern auch mit zehn Mann den Anspruch haben müsse, „das Spiel zu gewinnen oder zumindest nicht zu verlieren“. Zumal die Münchner nach 30 Minuten bereits 2:0 geführt hatten.

DSGVO Platzhalter

„Da sind wir fast nur hinterhergelaufen“, gab Bochums Trainer Dieter Hecking zu, und nannte „drei Momente, die uns am Leben gelassen haben“: den verschossenen Elfmeter von Serge Gnabry, einen Anschlusstreffer aus dem Nichts und eben den Platzverweis in der 42. Minute. „Diese Mannschaft“, sagte Hecking, „steht immer wieder auf.“ Im Januar hatte sie gegen Leipzig nach einem 0:3-Rückstand noch ein 3:3 geschafft, dieses Mal reichte es dank der Tore von Jakov Medić (31.), Ibrahima Sissoko (51.) und Matúš Bero (71.) sogar zum Sieg.

Ist die „Holding Six“ Geschichte?

Seine unglückliche Aktion ist deshalb nicht die ganze Geschichte des Spiels, allerdings passt sie zur Geschichte von Palhinha beim FC Bayern. Er war der Wunschspieler von Thomas Tuchel für das zentrale Mittelfeld gewesen, die sogenannte „Holding Six“, die der ehemalige Bayern-Trainer immer wieder für sein System gefordert hatte.

In der Winterpause der vergangenen Saison war Palhinha schon zur Vertragsunterzeichnung nach München gereist, als der FC Fulham doch noch einen Rückzieher machte, weil der Verein keinen Ersatz gefunden hatte. Der Portugiese musste erst einmal in England bleiben, ein paar Monate später war Tuchel Geschichte bei Bayern – und damit im Grunde auch die „Holding Six“.

Es stellt sich die Frage, warum Sportvorstand Max Eberl im Sommer einen neuen Anlauf unternahm und Palhinha für gut 50 Millionen Euro trotzdem nach München holte. Kompany hatte sicherlich nichts dagegen, aber hielt die Personalie offenbar auch nicht mehr für so wichtig, als er die anderen zentralen Mittelfeldspieler beim FC Bayern besser kennenlernte.

Andere Spieler passen besser

Palhinha kam bisher nicht über den Status des Ergänzungsspielers hinaus. Wenn er spielte, tat er das bestenfalls solide, aber nie überragend. Vielleicht auch, weil sein Spielstil nicht so gut zu dem von Kompany bevorzugten passt. Palhinha kann sehr gut Bälle erobern, aber der Bayern-Trainer mag lieber Spieler, die den Ball sichern – und darin sind Joshua Kimmich, Aleksandar Pavlović und Leon Goretzka besser.

Gegen Bochum gehörte Palhinha zu den neun Feldspielern, die Kompany in die Mannschaft rotiert hat, um das Stammpersonal für die noch wichtigere Partie in Leverkusen zu schonen. Aber auch, um das Signal auszusenden, dass trotz des 3:0-Sieges im Hinspiel noch nichts entschieden ist, und am Dienstag die beste Elf auf dem Platz stehen muss.

Es wäre für Spieler wie Sacha Boey, Raphaël Guerreiro oder eben Palhinha, die zuletzt nur selten zum Einsatz kamen, eine gute Gelegenheit gewesen, sich für weitere Einsätze zu empfehlen. Die Chance nutzte allenfalls einer: Guerreiro erzielte beide Münchner Tore, aber war dann auch Teil jener Mannschaft, die sich mehr genug gegen die Niederlage wehrte. In Leverkusen wird er wohl wieder auf der Bank sitzen. Wie auch Palhinha.