Charles III. und Papst: Begegnung in Rom – Panorama

So kamen sie also doch noch zusammen, die beiden alten, kranken Männer. Der eine gegen den Krebs kämpfend, der andere um Atem ringend. So war es ja auch geplant, als sich der britische König Charles III. zu einer ausgedehnten Italien-Reise entschloss, der ersten seiner Regentschaft. Doch dann hatte der Vatikan abgesagt, der Papst ist zwar nach seiner lebensbedrohlichen Erkrankung wieder zu Hause, aber noch sehr schwach. Trotzdem, so die Spekulation, würde Charles vielleicht als Überraschung für die Öffentlichkeit kurz bei Franziskus reinschauen – und so war es dann auch. Für den Papst war es die erste Audienz dieser Art seit vielen Wochen.

Ein Treffen wie gemalt: der König des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland sowie Oberhaupt zahlreicher Commonwealth-Staaten beim Oberhaupt aller römisch-katholischen Christen. Ein Treffen zweier Monarchen alter Schule, die beiden letzten Megastars der Aristokratie, Dinosaurier aus einer vergangenen Epoche und gerade deshalb Kult in einer Zeit, da alle Gewissheiten verschwimmen. Ihre öffentlichen Auftritte werden zu Ereignissen selbst im Zeitalter medialer Überflutung, ihre persönlichen Sorgen und Nöte sind breaking news.

Wobei es bei näherer Betrachtung eine Begegnung der ungleichen Art war, die da am Mittwochnachmittag für 20 Minuten spontan ins Programm des britischen Königspaars in Rom eingeschoben wurde: Charles begleitet von seiner Frau Camilla, die bei diesem Staatsbesuch ohnehin kaum von seiner Seite weicht. Der Papst als Priester, alleine mit Gott und der Jungfrau Maria, die er in besonderem Maße verehrt.

Und natürlich hat diese spezielle Konstellation daran erinnert, warum hier zwei Kirchenoberhäupter zusammenkamen. Charles III. ist ja deshalb weltliches Oberhaupt einer eigenen, der anglikanischen Kirche, weil ein Vorfahr, Heinrich VIII., diese gründete, nachdem der Papst ihm Scheidung und Neuvermählung verwehrt hatte. Auch Charles ist bekanntlich geschieden und zum zweiten Mal verheiratet, mit der Frau, die er als erste und vielleicht einzige wirklich geliebt hat.

Charles, 76, Camilla ein Jahr älter, die große Liebe. Lange haben sie aufeinander warten müssen, wer hätte im letzten Jahrhundert gedacht, dass es noch eine Hochzeit geben würde und eine lange währende Ehe. Inzwischen sind Charles und Camilla schon länger amtlich verbunden, als Charles und seine erste Frau Diana es je waren. Sie haben sich früh kennengelernt, 1970 beim Polospiel, sich verliebt und dann doch jeweils andere Partner geheiratet. Es folgten Heimlichkeiten, Schlagzeilen, Skandale – und ein Neubeginn, am Ende sogar mit dem Segen der gestrengen Elizabeth II. Am Mittwoch war es genau 20 Jahre her, dass Charles und Camilla geheiratet haben, und es ist kein Zufall, dass das britische Königspaar gerade jetzt in Italien ist: zweite Flitterwochen sozusagen.

Schon bei der Hochzeit spielte ein Papst eine Rolle, wenn auch ein toter: Weil Charles im Auftrag seiner Mutter an der Beerdigung von Johannes Paul II. teilnehmen sollte, musste die Hochzeit mit Camilla um einen Tag verschoben werden. Dass der Thronfolger damals, am 8. April 2005, in offizieller Mission in den Vatikan kam – als Anglikaner –, war ein Politikum.

Charles und Camilla mit Italiens Präsident Sergio Mattarella und seiner Tochter Laura (links im Bild) beim Staatsbankett. (Foto: Andrew Parsons/AFP)

Jetzt kam er als König und wurde natürlich vom Staatspräsidenten Sergio Mattarella und Ministerpräsidentin Giorgia Meloni jeweils mit höchsten Ehren empfangen. Die Kunstflugstaffeln der italienischen und britischen Luftwaffe düsten über die Stadt und malten die jeweiligen Nationalfarben an den Himmel. Höhepunkt des weltlichen Teils des Programms war die Rede vor beiden Kammern des italienischen Parlaments; eine seltene Ehre. Dabei stellte Charles die enge Verbindung beider Länder in den Mittelpunkt, aber auch ihre Einbettung in Europa.

Dabei sprach Charles teilweise Italienisch und sparte auch nicht mit seinem trockenen Humor. Großbritannien habe in hohem Maße vom italienischen Einfluss profitiert, bei dem, „was wir tragen, was wir trinken und was wir essen“, sagte der König: „Ich hoffe nur, dass Sie uns verzeihen, wenn wir gelegentlich Ihre wunderbare Küche verhunzen.“ Charles liebt dieses Italien, das er als Prinz schon 18 Mal besucht hatte.

Ohnehin sind er und seine Frau oft im Land, privat und manchmal ganz heimlich, an der Amalfi-Küste und in der Toskana, man hat Freunde im Hochadel. Wie ja die Italien-Liebe des englischen Adels und gehobenen Bürgertums eine jahrhundertelange Tradition hat, man denke nur an die „Grand Tour“ junger Adliger. Die Dichter Shelley und Keats liegen in Rom begraben. Im ligurischen Sanremo, oben im Nordwesten, von wo aus jedes Jahr eine Woche lang das große Festival ganz Italien beschallt, stehen die Villen der Engländer, die hier überwinterten.

Am Mittwochabend dann das große Staatsbankett im Quirinalspalast des Staatspräsidenten, alles sehr staatstragend, aber doch auch Gelegenheit für kleine Späße. Es sei sehr nett von Mattarella, sagte der König ausweislich des Redetextes, ihm und Camilla zum 20. Hochzeitstag „dieses kleine romantische Abendessen bei Kerzenschein für zwei“ organisiert zu haben.

An diesem Donnerstag geht es in die alte Kaiserstadt Ravenna, dem Nationaldichter Dante an dessen Grab die Ehre zu erweisen. Zugleich wird der König dort der Befreiung der Stadt von deutscher Besetzung durch die alliierten Truppen am 10. April 1945 gedenken. „Heute hallen jene Zeiten, von denen wir inständig hofften, dass sie der Geschichte angehören, leider auf unserem Kontinent nach“, hatte Charles dazu im italienischen Parlament gesagt: „Unsere jüngeren Generationen können nun jeden Tag in den Nachrichten auf ihren Smartphones und Tablets sehen, dass Frieden niemals als selbstverständlich angesehen werden kann.“