CDU-Parteitag: Union wird laut Friedrich Merz „niemals“ mit AfD zusammenarbeiten

Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz hat sein Versprechen erneuert, nach der Bundestagswahl nicht mit der AfD zusammenzuarbeiten. „Vorher nicht, nachher nicht, niemals“, sagte der CDU-Chef beim Bundesparteitag in Berlin unter langem Applaus der Delegierten. „Diese Partei steht gegen alles, was unsere Partei und unser Land in den letzten Jahren und Jahrzehnten aufgebaut hat“, fügte Merz hinzu. „Sie steht gegen die Westbindung, gegen den Euro, gegen die Nato.“ Die CDU werde im Wahlkampf alles tun, „um diese Partei wieder kleinzumachen“. Die AfD sei „unser wichtigster Gegner in diesem Wahlkampf“.     

Direkten Bezug auf die umstrittenen Unionsanträge zur Migrationspolitik, denen die AfD in der vergangenen Woche zugestimmt hatte, nahm Merz in seiner Rede nicht. Zum Thema sagte er: „Die große Mehrheit der Bevölkerung ist mit uns der Meinung, dass es so in der Migrationspolitik nicht weitergeht.“ Demokratische Mehrheiten im Bundestag zu finden, werde „möglicherweise nach der Wahl nicht einfach“, räumte Merz ein. Wie der Bundestag sich letztlich zusammensetze, hänge von den Wählerinnen und Wählern ab. Als Ziel gab er deshalb ein möglichst starkes Ergebnis für die Union aus. „Die Frage allerdings, wie viel wir jenseits der AfD in Zukunft durchsetzen können, hängt von einem einzigen Wort ab: Abstand“, sagte Merz. „Wie viel Abstand haben wir zu allen anderen Parteien?“

Merz streifte in seiner Rede die wichtigsten Punkte des Unionswahlprogramms, darunter neben der Begrenzung der Migration finanzielle Entlastungen für Arbeitnehmer und Unternehmen, Bürokratieabbau und Anreize für Arbeitnehmer. „Dieser Arbeitsmarkt funktioniert nicht“, konstatierte Merz. Mit einer Viertagewoche und „Work-Life-Balance“ werde Deutschland seinen Wohlstand verlieren. Er warb für einen neuen Blick auf Erwerbstätigkeiten. „Arbeit ist doch nicht eine mehr oder weniger unangenehme Unterbrechung unserer Freizeit. Arbeit ist ein Teil unseres Lebens, ein Teil unserer selbstbestimmten Lebensführung“, mit der man überdies das „Wohlergehen unserer Familien“ sichere. Generell müsse die Devise wieder lauten: „fördern und fordern“. Den Begriff Bürgergeld werde die Union abschaffen. „Wer arbeiten kann, soll auch arbeiten.“

„Wir werden wieder engagierte Europäer sein“

Sicherheitspolitisch bekräftigte Merz sein Bekenntnis zu Bundeswehr und Nato. „Wir werden über viele Jahre Geld in unsere Streitkräfte und Polizei investieren müssen. Genauso wie in Zivilschutz und Katastrophenschutz“, sagte er. Ein starker Rechtsstaat meine aber auch, dass dieser nicht „das Handeln eines Unternehmers“ übernehmen dürfe. Der von Olaf Scholz (SPD) geführten Ampelkoalition warf er eine fehlgeleitete Wirtschaftspolitik vor, die von einer „ungezügelten Staatsgläubigkeit“ und einem „missionarischen Eifer bei der Mikrosteuerung von Unternehmen“ gekennzeichnet gewesen sei. Ziel der Union sei die „Wiederherstellung der marktwirtschaftlichen Ordnung“.  

Ein Scheitern bescheinigte Merz der ehemaligen Ampelkoalition auch in der Klimapolitik. „Anders als die Populisten von rechts ziehen wir den Klimawandel nicht infrage. Ein Kollaps hätte unabsehbare, katastrophale Folgen für uns alle“, sagte er. „Wir begegnen dem Klimawandel aber nicht mit apokalyptischen Angstszenarien.“ Die Union wolle die Herausforderungen durch die Klimakrise mit der Entwicklung neuer Technologien angehen. Dies gelte auch im Bereich der Energie. „Wir werden in Deutschland aufhören, ständig überall auszusteigen“, sagte Merz unter Verweis auf den Atomausstieg. „Wir steigen jetzt wieder ein. Wir steigen ein in moderne Technologien, Forschung und Entwicklung, in alle Formen der modernen Energieerzeugung.“   

Die wichtigste Aufgabe der künftigen Regierung werde es sein, das „Monstrum der überbordenden Bürokratie in Europa und im eigenen Land in den Griff“ zu bekommen, sagte der CDU-Chef. Er versprach, als Kanzler dafür zu sorgen, die enge Zusammenarbeit mit den EU-Partnern zu suchen. Minister einer von ihm geführten Bundesregierung würden in Brüssel präsent sein, sagte er. „Wir werden wieder engagierte Europäer sein.“     

Merz bekräftigte auch die Steuersenkungspläne seiner Partei. Eine Vermögenssteuer werde es mit ihm nicht geben, ebenso nicht eine Erhöhung der Erbschaftssteuer. „Im Gegenteil“, sagte Merz: Es sei zentral, dass das „selbstgenutzte Eigenheim erbschaftssteuerfrei bleibt, und dass Familienunternehmen auch in nächster Generation ohne Substanzverlust fortgeführt werden können.“  

Söder sieht in Merz-Manöver „steilen Move“

Vor Merz‘ Auftritt hatte CSU-Chef Markus Söder dem Unionskanzlerkandidaten erneut seine Unterstützung zugesichert. Auch die umstrittenen Abstimmungen zur Migrationspolitik, bei denen Merz in der vergangenen Woche entgegen früherer Ankündigungen Mehrheiten mit Stimmen der AfD in Kauf genommen hatte, verteidigte Söder erneut. Es sei ein „steiler Move“ gewesen, sagte Söder. Merz habe jedoch eine „Leitentscheidung“ getroffen, indem er die Abstimmungen im Bundestag eingebracht habe, sagte Söder. 

Zugleich bemühte sich der bayerische Ministerpräsident um Abgrenzung zur AfD. Die Union sage „Nein, nein, nein“ zur Zusammenarbeit mit der Rechtsaußenpartei. Ziel der AfD sei es, die Union zu zerstören. „Wir dürfen der AfD unser Land nicht überlassen“, sagte Söder. „Die Linke ist kein Schutzwall dagegen. Das sind wir.“

Gegen das Abstimmungsverhalten der Unionsfraktion am vergangenen Mittwoch und Freitag gibt es seit Tagen bundesweite Proteste. Viele Demonstrationsteilnehmer werfen Merz vor, die „Brandmauer“ zur AfD eingerissen zu haben.

Scholz entlässt Lindner6.11.24