Die Brände, die seit Tagen in Los Angeles wüten, zerstören ganze Wohnviertel und rauben vielen Einwohnern die Existenz. Nach Schätzungen vom Freitag sind 10 000 Wohnhäuser zerstört worden, und es könnten mehr werden. Denn noch sind nicht alle Feuer unter Kontrolle.
Der amerikanische Wetterdienst AccuWeather ging in einer vorläufigen Schätzung am Freitag davon aus, dass der Gesamtschaden durch die Brandkatastrophe zwischen 135 und 150 Milliarden Dollar (131 bis 146 Milliarden Euro) liegen könnte. Die Ratingagentur S&P schätzt, dass die versicherten Schäden 16 Milliarden Dollar erreichen. Damit wären sie so teuer wie die „Tubbs“-Brände 2017 in Nordkalifornien. Die Investmentbank J.P. Morgan geht sogar von versicherten Schäden von über 20 Milliarden Dollar aus und rechnet mit wirtschaftlichen Schäden von fast 50 Milliarden Dollar.
Dass der Abstand zwischen den geschätzten Gesamtschäden und den versicherten Schäden so groß ist, liegt auch daran, dass viele Menschen im Großraum Los Angeles keinen oder keinen vollständigen Versicherungsschutz mehr haben. In den vergangenen Jahren haben sich viele private Versicherer aus Kalifornien zurückgezogen, weil ihnen das Risiko in dem von Bränden geplagten Bundesstaat zu hoch wurde. Kalifornien steckt in einer Versicherungskrise.
Seit 2023 machen einige große Gebäudeversicherer in Kalifornien gar kein oder nur noch eingeschränktes Neugeschäft. Viele, die in dem Westküstenstaat noch aktiv sind, haben ihre Prämien drastisch erhöht, teilweise um mehr als ein Drittel. Wieder andere haben angekündigt, auslaufende Policen nicht mehr zu verlängern. Einige Gebäude in Risikogebieten gelten als praktisch nicht versicherbar. Eines dieser Risikogebiete ist ausgerechnet das Luxusviertel Pacific Palisades. Hier haben die Feuer besonders stark gewütet, das Stadtviertel ist fast komplett abgebrannt.
Der staatliche Versicherer California Fair Plan füllt die Lücke, die die Privatunternehmen hinterlassen. Er versichert diejenigen, die keine Policen von privaten Versicherern bekommen. Doch die Policen des Fair Plan sind meist teurer, zudem sind die Versicherungssummen verglichen mit privaten Anbietern begrenzt. Gleichwohl ist der Fair Plan inzwischen zum fünftgrößten Sachversicherer in Kalifornien aufgestiegen. Im September 2024 kam er auf Prämieneinnahmen von 1,4 Milliarden Dollar, im Jahr 2021 waren es noch etwas mehr als 400 Millionen Dollar.
Private Versicherer müssen sich an den Kosten beteiligen
Der Fair Plan wird jetzt wohl auch die Hautplast der Brandschäden tragen. Das könnte ihn an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit bringen, fürchten Marktkenner. Allein 5,9 Milliarden Dollar müsste er zahlen, sollten nur in Pacific Palisades alle abgebrannten Gebäude wieder aufgebaut werden. Denn dort hat er besonders viele Menschen versichert, nachdem der Versicherer State Farm im vergangenen Jahr massenhaft Policen gekündigt hatte.
Wäre der Fair Plan ein privates Versicherungsunternehmen, würde ihn das vermutlich in die Insolvenz stürzen. Pleite gehen kann er aber nicht. Denn die privaten Versicherer, die in Kalifornien Geschäfte machen, müssen sich an den Verlusten des Fair Plans beteiligen. Auf diesem Weg landet der Schaden dann doch wieder zum Teil bei ihnen. Die Ratingagentur Moody’s erwartet deshalb, dass sie ihre Prämien erhöhen werden. Damit wird es für die Kalifornier künftig wohl noch teurer, ihre Häuser zu versichern, sofern sie überhaupt eine Versicherung bekommen.
Die Behörden versuchen schon seit einigen Jahren, die Versicherungskrise in dem Bundestaat unter Kontrolle zu bekommen. Die Aufsicht hat es im vergangenen Herbst einigen Versicherern verboten, Verträge in besonders gefährdeten Regionen wie Los Angeles aufzukündigen und Verlängerungen abzulehnen. Am Donnerstag hat sie dieses Verbot noch einmal bekräftigt, es gilt für ein Jahr. Für die Betroffenen dürfte das ein schwacher Trost sein.