Die zwei wichtigsten Tests des Mobilfunknetzes in Deutschland kommen zu einem übereinstimmenden Ergebnis: Einer der großen drei Anbieter zementiert seine Vormachtstellung. Ein Schwachpunkt wird aber bei Telekom, Vodafone und Telefónica gleichermaßen immer auffälliger.
Die Mobilfunker Vodafone und Telefónica beißen sich nach wie vor an der Deutschen Telekom die Zähne aus. Auch in diesem Jahr schaffen sie es nicht, ihren Konkurrenten aus Bonn bei der Qualität des Netzes einzuholen. Das ist das Ergebnis der zwei wichtigsten Netztest der Zeitschriften „Connect“ und „Chip“.
Aus beiden Tests geht die Telekom deutlich als Sieger hervor, bei „Connect“ bereits zum 17. Mal in Folge. Dort schafft die Telekom die Note „überragend“, während die Konkurrenten mit einigem Abstand die Note „sehr gut“ erreichen. Bei Chip kommen die Bonner auf die Note 1,2, Vodafone folgt mit 1,4 und Telefónica O2 auf 1,6.
Der Schwerpunkt der Tests liegt inzwischen bei allen Testern auf der Nutzung des mobilen Internets, das Smartphone-Nutzer wohl auch die meiste Zeit nutzen. In den Großstädten geben sich die Netzbetreiber kaum noch Blöße. Ihre 5G-Netze sind dort gut ausgebaut. „Klar ist, dass die Unterschiede beim 5G-Ausbau schwinden – in den Städten liegen alle Netze auf demselben Niveau“, heißt es bei „Chip“. Doch bei den ganz hohen Geschwindigkeiten kann sich die Telekom trotzdem absetzen.
Auch „Connect“ sieht die Telekom vorn. Beim Datentest zeigt das Testergebnis kaum eine Verbesserung zum Vorjahr, während Vodafone leicht verliert und Telefónica etwas aufholt. Die Tester überprüfen hier den Erfolg von Internetseitenaufrufen, Down- und Uploads, Video-Streaming und Antwortzeiten im Netz. Die Telekom liegt in den Großstädten in der Summe der über 5G gesammelten Messwerte mit 99 Prozent vorn, O2 folgt mit 96 Prozent und Vodafone mit 89 Prozent. In Kleinstädten ist der Abstand größer. Die Telekom hält dort noch 97 Prozent, Vodafone sackt aber auf 80 Prozent und Telefónica auf 74 Prozent ab. Auch auf den Verbindungsstraßen haben Telekom-Nutzer den besten Empfang.
„Connect“ und „Chip“ betreiben für ihre jährlichen Tests großen Aufwand. Die Netzbetreiber verfolgen die Ergebnisse genau. Die Tester prüfen die Verbindungen im Auto, Zug, zu Fuß und in öffentlichen Verkehrsmitteln. Sie fahren dafür mehrere Tausend Kilometer durch Deutschland. Zudem werten sie mehrere Milliarden Datensätze im Crowdsourcing-Verfahren aus. Dabei melden mehrere Millionen Smartphones automatisiert und anonymisiert die Ergebnisse ihrer ständig im Hintergrund laufenden Messungen mit Informationen, ob Kontakt zum Netz bestand, welche Netztechnologien zur Verfügung standen und mit welcher Datenrate und Antwortzeit die Übertragung erfolgte.
Zu einem etwas geringeren Teil fließt auch die Sprachqualität in den Netzen in die Ergebnisse mit ein. Dabei wird nicht nur die Qualität gemessen, sondern auch die Erfolgsquote der Verbindungen. Im „Connect“-Test konnte die Telekom bei der Sprachqualität überzeugen. Während in Großstädten alle drei Anbieter eine gute bis sehr gute Sprachqualität lieferten, hatte die Telekom auf dem Land einen klaren Vorteil.
Während die Mobilfunknetze im Grunde von Jahr zu Jahr immer besser werden, bleibt der große Schwachpunkt bei allen Mobilfunkern der Empfang in den Zügen der Bahn. „Je besser der Mobilfunk wird, umso stärker fallen seine Defizite in den Zügen der Deutschen Bahn auf“, sagt Chip-Mobilfunk-Experte Markus Mandau. Die „Chip“-Tester stellen auf den Zug-Teststrecken enttäuschende Messergebnisse fest. Doch auch hier ist die Telekom beim mobilen Internet noch führend, allerdings mit schlechteren Werten als an anderen Orten. Bei der Sprachqualität stellt „Chip“ dem Konkurrenten Vodafone ein besseres Ergebnis aus.
Im „Connect“-Test erzielt die Telekom in der Bahn noch die besten Resultate, aber hier schneiden alle nicht gut ab. Telekom und Vodafone fallen bei der Sprachqualität sogar hinter die Vorjahreswerte zurück. Nur Telefónica konnte sich etwas steigern. Bei den Datentests zeigen die Messungen kleine Verbesserungen gegenüber dem Vorjahr. Auch hier ist die Telekom vorn, Vodafone und Telefónica folgen jeweils mit klarem Abstand.
Für das schwache Abschneiden in der Bahn gibt es verschiedene Gründe. Ein besonders großes Hindernis sind die Scheiben vieler Züge, die zum Zweck der Wärmeisolierung beschichtet sind und deswegen keine Mobilfunksignale durchlassen. Das kann dazu führen, dass außerhalb des Zuges zwar Empfang ist, im Waggon aber nicht.
Neu bestellte ICE-Züge haben dieses Problem nicht mehr. Die Fenster älterer Züge können mit Lasern so bearbeitet werden, dass sie die Signale wieder durchlassen. Doch dafür müssen sie in die Werkstatt und zwischenzeitlich aus dem Verkehr gezogen werden. Das dürfte noch einige Zeit dauern.
Beide großen Netztests überprüfen mit ihren Messungen die technische Leistungsfähigkeit der Netze. Was aber am Ende tatsächlich bei den Nutzern ankommt, zeigen die Crowdsourcing-Ergebnisse. Denn ein gut ausgebautes 5G-Netz hilft dem Nutzer nicht, wenn sein älteres Smartphone nur im 4G-Netz funkt. Der „Connect“-Test zeigt, dass die meisten Nutzer des mobilen Internets noch nicht im 5G-Netz sind.
Im November waren nur 16,4 Prozent der Telekom-Nutzer im 5G-Netz. Bei Telefónica waren es nur wenig mehr, und bei Vodafone nutzte jeder Fünfte das 5G-Netz. Bei allen Netzbetreibern wächst nach eigenen Angaben dieser Anteil aber schnell – doch die neuen und schnellen 5G-Netze dürften noch einige Zeit vergleichsweise wenig genutzt werden.
Das vierte Mobilfunknetz von 1&1 ist – mit Ausnahme von Berlin, Frankfurt und Leipzig – praktisch noch nicht präsent und spielte in den Tests deswegen noch keine nennenswerte Rolle. Trotzdem hat 1&1 etwa zwölf Millionen Mobilfunkkunden, die in der Vergangenheit vor allem das Telefónica-Netz nutzten. Doch in Zukunft sollen sie ins Netz von Vodafone umziehen und dort roamen, wenn sie nicht in Reichweite einer eigenen 1&1-Antenne sind.
Thomas Heuzeroth ist Wirtschaftsredakteur in Berlin. Er berichtet über Verbraucher- und Technologiethemen, Unterhaltungselektronik und Telekommunikation.