Der Blick auf die Statistik vermittelt einen guten Eindruck davon, in welcher Lage sich die Eigner Angels Nördlingen derzeit befinden: Nach fünf Siegen und neun Niederlagen stehen sie mit zehn Punkten auf einem wackeligen achten Platz, dicht gefolgt von den punktgleich liegenden Wings Leverkusen. Der achte Platz beinhaltet immerhin ein Playoff-Ticket – eines der erklärten Ziele der Eigner Angels in der Basketball-Bundesliga der Frauen. Die Korbdifferenz von -184 Punkten ist zugleich die schlechteste der Liga.
Sechs Niederlagen in Serie hat das Team um Trainer Niko Kuusi in der Hinrunde eingesteckt – die allesamt nicht gerade knapp ausgefallen sind. Martin Fürleger, der die sportlichen Geschicke des Vereins leitet, ist noch etwas direkter: „Wir haben ein paar Mal so richtig auf die Fresse bekommen.“ Er sei in der Summe nicht unzufrieden mit der bisherigen Saison, sie sei aber auch „schwierig“ gewesen: „Ausfälle, Verletzungen und der Weggang einer Spielerin, das sind alles so Punkte, die einer Mannschaft, die eh schon kämpft, nicht unbedingt weiterhelfen.“
Bis jetzt. Denn am Mittwochabend ist den Nördlingerinnen eine mittelgroße Sensation gelungen. Sie bezwangen im Pokal-Viertelfinale den aktuellen Pokalsieger und Tabellenfünften TK Hannover mit 89:69 – und qualifizierten sich damit fürs Finalturnier im März. Aufwind verschafft den Eigner Angels vor allem eine neue Spielerin: Die Kanadierin Nicole Fransson hat zuletzt für den slowakischen Verein Young Angels Kosice gespielt – und dort ausnahmslos zweistellig gepunktet. In den ersten drei Spielen mit Nördlingen verbuchte sie im Schnitt 24 Punkte und 15 Rebounds, im Pokalspiel gegen Hannover waren es 41 Punkte und zwölf Rebounds, dazu sechs versenkte Dreier aus sieben Versuchen. Es ist ein persönlicher Rekord für die 24-Jährige, deren Karriere auch Stationen in Australien und Luxemburg umfasst.
Fransson gelingen im Pokal gleich mal 41 Punkte, sie trifft sechs von sieben Dreiern
Es sei alles „very exciting“, sehr aufregend, erzählt Fransson am Telefon – der kurzfristige Vertrag, die mittelalterliche Stadt, ihr Einstieg ins Team. „Ich wollte schon immer in Deutschland spielen, weil ich den Wettbewerb in der Bundesliga spannend finde. Das Team ist toll, und ich glaube, wir haben jede Menge Potenzial.“
Zeit, sich vorab genauer mit ihrem neuen Team auseinanderzusetzen, hatte Fransson indes kaum. Dass die 1,87 Meter große Forward-Spielerin zu den Eigner Angels gestoßen ist, ist vor allem einem glücklichen Zufall geschuldet. Nur mit einer befristeten Aufenthaltsgenehmigung ausgestattet (die, laut Fransson, einem Formfehler und einem Streik der kanadischen Post zuzuschreiben war), hätte die Forward-Spielerin Europa im Dezember eigentlich in Richtung Heimat verlassen müssen. Ihr Rückflug nach Kanada war bereits gebucht, der Wunsch, in Europa Basketball zu spielen, bestand indes weiterhin. Auf der Suche nach einer Lösung rief ihr Agent auch in Nördlingen an – und erreichte dort eine Sportliche Leitung, die händeringend auf der Suche nach einer Spielerin mit dem Profil von Fransson war.
„Wir haben dann alles in Bewegung gesetzt, um eine Aufenthalts- und Spielgenehmigung für Nicole zu ermöglichen“, erzählt Martin Fürleger: „Es war eine der schnellsten Vertragsabwicklungen in der Angels-Geschichte.“ Weniger als zwei Tage nach dem ersten telefonischen Kontakt stieg Fransson in den Flieger – aber nicht ins kanadische Edmonton, sondern nach München.
Am Sonntag (16 Uhr) steht das nächste Duell an. Wieder gegen Hannover, wieder vor heimischer Kulisse, diesmal jedoch in der Liga. Ein Spaziergang werde das Spiel nicht, warnt Fürleger, Fransson gibt sich optimistisch: „Wir haben am Mittwoch noch nicht alles gezeigt, was wir können. Wir haben noch ein paar Optionen in der Hinterhand.“