Handball: Verletzungen und Müdigkeit belasten deutsches Team vor EM-Qualifikation – Sport

Mit Ausfällen im Handball kennt sich Bundestrainer Alfred Gislason natürlich aus, aber die aktuelle Malaise? Ist auch für ihn eine Herausforderung. Zweimal spielt das deutsche Nationalteam in dieser Woche in der EM-Qualifikation gegen Österreich, am Donnerstag in Wien, am Samstag in Hannover (beide Spiele live bei sportstudio.de). Seine beste Mannschaft kann Gislason, 65, nicht einmal annähernd aufbieten.

Kreisläufer Justus Fischer fällt mit Muskelproblemen für beide Partien aus. Rückraumkraft Renars Uscins fehlt aus demselben Grund zumindest beim ersten Spiel in Wien, ebenso Kreisläufer Johannes Kohlbacher (Infekt). Obwohl er alle Trainingseinheiten verpasst hat, ist der schnupfengeplagte Mittelmann Juri Knorr zwar mit nach Wien geflogen; ob er zum Einsatz kommen kann, ist aber offen. Ach ja, Franz Semper fehlt weiterhin, und alle anderen sind mindestens stark beansprucht und hundemüde.

Solch ein Doppelspieltag der Nationalmannschaft Mitte März ist aus Spielersicht natürlich eine überschaubar attraktive Idee. Die Nationalspieler haben gerade erst die Januar-WM absolviert, die mit dem Viertelfinal-Aus gegen Portugal doch eher enttäuschend verlief, und sich danach ohne Pause in den Liga-Alltag gestürzt. Woche für Woche mobilisieren Kapitän Johannes Golla und Co. gerade die letzten Kräfte, die ihnen das Pensum mit drei großen Turnieren (EM, Olympia, WM) in den vergangenen 15 Monaten übrig gelassen hat. Und die Zahl der Ausfälle steigt gerade rapide an, auch bei vielen anderen Nationen.

Nach den Ausfällen von Fischer und Kohlbacher ist Golla der einzige Kreisläufer

„Was soll ich dazu sagen? Das ist die fehlende Regeneration bei vielen“, sagte Gislason am Mittwoch im Teamhotel in Hannover. Die Nationalspieler müssen deutlich zu viele Spiele absolvieren; im Olympia-Jahr gab es kaum eine Pause, nicht mal zwischen Weihnachten und Neujahr konnten die Spieler durchschnaufen. „Daraus kann man ableiten, dass viele dieser Verletzungen daher kommen“, sagte Gislason. Und er weiß, dass es in dieser Besetzung anspruchsvolle Spiele werden gegen das kleine Nachbarland.

Die Zeiten, in denen man die Österreicher mit einem B- oder C-Team abgefrühstückt hätte, sind längst vorbei. Die beiden Duelle kürzlich, bei der Heim-EM 2024 und im Olympia-Qualifikationsturnier, waren knappe Angelegenheiten. „Wir sind vorgewarnt. Die können gut kicken“, sagte Mittelmann Marian Michalczik unter kurzzeitiger Verirrung in der Sportart. Immerhin treten auch die Österreicher nicht in Vollbesetzung an, ihnen fehlt etwa der Kieler Rückraumschütze Nikola Bilyk.

Die Suche nach Ersatz für seine Verletzten und Erkrankten nahm für Gislason teilweise kuriose Züge an. Klar, es gibt Positionen, auf denen der Isländer auf hohem Niveau durchwechseln kann. So ist für den Magdeburger Lukas Mertens, der sonst zum Stamm gehört, der Berliner Tim Freihöfer dabei – die aktuelle Nummer fünf der Bundesliga-Torschützenliste. Im rechten Rückraum sieht die Lage kritischer aus. Hier fällt in Uscins und Semper das Stammpersonal aus. Einzig der Berliner Max Beneke, 21, ist noch da, der jedoch erst zwei Länderspiele absolviert hat. In der Not könnten Mittelmann Nils Lichtlein oder Abwehr-Spezialkraft Christoph Steinert auf Halbrechts aushelfen. Gislason hat zudem den jungen Gummersbacher Miro Schluroff, 24, mitgenommen, der im Verein gelegentlich auf dieser Position agiert – jedoch als Rechtshänder.

Kapitän Golla ist in Wien durch die Ausfälle von Fischer und Kohlbacher der einzige Kreisläufer. Er glaubt dennoch, dass das deutsche Team seiner Favoritenrolle gerecht werden kann: „So ist die Situation, wir haben trotzdem 16 sehr motivierte Spieler hier.“ Gegen Österreich geht es um den ersten Platz in der Qualifikationsgruppe, hier liegt Deutschland (vier Punkte) gerade knapp vor Team Austria (drei) auf Platz eins. Wer am Ende vorn steht, hat einen Platz im ersten Lostopf für die kommende Handball-EM 2026 in Dänemark, Schweden und Norwegen garantiert – und geht so den schwersten Gegnern erst mal aus dem Weg. Mit zwei Siegen gegen Österreich hätte man dieses Ziel fast schon erreicht.