
Lanvin mit neuer Robe de Style
Peter Copping ist in dieser Debüt-Saison, in der so viele Designer an neuen Häusern ankommen, wie lange nicht mehr, schon weiter: Es ist seine zweite Schau, mit der er Anschluss an gleich mehrere für Lanvin wichtige Momente der Markengeschichte sucht. Seine Aufgabe ist klar, nach langer Pause muss er eine Zukunft für Lanvin entwickeln.
Das glückt, wenn Copping an das Spiel mit der Pariser Schule der Eleganz aus der Ära Alber Elbaz andockt. Da ist ein Mittelblau statt Schwarz, da sind schön madamige Kostüme, die aber tief im Rücken ausgeschnitten sind, Raffungen, Volumen und Schlitze. Mit Copping hat Lanvin jetzt auch wieder eine Robe de Style, das Kleid mit grafischen Elementen am Kragen und tiefsitzender Taille, wie Jeanne Lanvin es vor hundert Jahren entwarf. Weniger erfolgreich übersetzt sind die Art-Déco-Muster in die Jetztzeit. So modern wie damals wirken sie hundert Jahre später nicht mehr.

Dries Van Noten mit Sammlerobjekten
Und noch ein Designer mit einer zweiten Kollektion. Auch das ist eine Art Prüfung, denn wer Spannung aufbaut, muss sie auch halten. Julian Klausner gelingt beides offenbar mühelos. Für die Marke Dries Van Noten macht er da weiter, wo der Mann Dries Van Noten aufgehört hat. Er übernimmt seine Klassiker wie Ruby-Streifen, Neoprenstoffe und Kristallketten und macht daraus eine unkompliziertere Form von Dries Van Noten. Stammkunden wissen, was sie an Dries Van Noten haben, die Stücke sind auch Jahre später noch im Einsatz. Mit Klausner könnten aber die Jacken einen neuen Sammlerwert erreichen. Vergangene Saison war da ein gewisses Quasten-Modell, jetzt sind da gleich mehrere mit Perlenschnüren und Glitzerstickerei. Darauf lassen sich neue Sammlungen aufbauen.

Courrèges mit Sonnenbrille
Der Einladung zur Schau von Courrèges liegt eine Sonnenbrille bei. Bitte mitbringen, heißt es. Ist es eine 3D-Brille für ein mehrdimensionales Erlebnis? Nein, das Teil hat einfach dunkle Gläser, denn im Schauentheater ist es hell, und in der Vorstellung von Designer Nicolas Di Felice ist es auch heiß. Das Thema passt in seiner Doppeldeutigkeit, Erotik ist für Courrèges immer ein Thema. Da sind selbst die Trenchcoats vorne kurz, hinten lang. Nach ähnlichem Muster fertigt Di Felice Shorts. Die Models haben noch einen besseren Schutz vor negativer Strahlung jeder Art, nämlich Inkognito-Kleider dank integrierten Schleiern und Kappen. Das Gesicht bleibt verhüllt, der Körper ist trotzdem gut sichtbar.

Balmain mit Meeresrauschen
Sind das wirklich Haremshosen? Bei Balmain? Olivier Rousteing entspannt sich offenbar. Die kastigen Jacken und breiten Schultern tauscht er gegen fließende Silhouetten ein, die Hosen flattern, an den Kleidern knistert der Muschelbesatz. Es fehlt nicht viel, und man könnte das Meer rauschen hören. Immerhin, die Shorts zeigen weiterhin viel Bein.

Stella McCartney mit Helen Mirren
Ansprachen sind bei Schauen selten, mit Mode und Musik ist hier meist alles gesagt. Aber dass jemand aus dem Publikum aufspringt, um etwas vorzutragen, ist wohl noch nie vorgekommen. Bei Stella McCartney spricht zu Beginn des Defilees: Helen Mirren. Eben noch quatschte die Schauspielerin mit ihrer Sitznachbarin Cara Delevingne in der ersten Reihe, jetzt trägt sie in klaren Worten auf dem Laufsteg den Song vor, der ursprünglich auf John Lennon zurückgeht, an dem aber auch Stella McCartneys Vater Paul als Teil der Beatles im Jahr 1969 mitgearbeitet hat. „Come together“. Hier ist das Pronomen „er“ durch „sie“ ersetzt, dann folgt Mode für sie: Business-Anzüge und Partykleider, der typische Stella-McCartney-Mix. Erstere sitzen locker, Letztere sind mit einer pflanzlichen Alternative zu Federn besetzt, mit Schößchen versehen und daher voluminös und flauschig. Bitte näherkommen – und berühren.

Gauchere mit Balletttänzern
Immer wieder schön, wenn auf dem Laufsteg neben Mode mehr passiert, siehe Stella McCartney und Helen Mirren. Marie-Christine Statz arbeitet zur Präsentation ihrer Frühjahrskollektion mit dem Ballett-Choreographen Benjamin Millepied zusammen. Das Stück besteht somit aus Mode und Tanz, die Models sind Tänzer. Das ist wunderschön anzuschauen, und nebenbei zeigt es, dass man sich in Gaucheres Hosen, ärmellosen Oberteilen und hochgeschlitzten Faltenröcken mit silbernen Knopfleisten bewegen kann. Selbst die Triangel-Bikini-Tops verrutschen auf dieser Bühne nicht.

Carven mit neuem Chef
In dieser Premieren-Saison dürfen Quasi-Debüts nicht untergehen: Mark Thomas arbeitete jahrelang über verschiedene Marken mit Louise Trotter zusammen. Seit sie zu Bottega Veneta wechselte, ist er Chef dieses Hauses, und zeigt zum ersten Mal sein Carven. Das Innerste stülpt er dabei nach außen, das Prinzip ist bekannt, innerwear as outerwear. Die Lingeriespitze landet auf dem Kleid, das Schößchen auf dem Anorak. Thomas leitet sogar dir Models so an, dass sie vom Hausinneren raus auf die Straße laufen. Die lockeren Hosen erinnern dabei an die Arbeit seiner früheren Chefin und Weggefährtin. Bewährtes kann auch bei Neuanfängen bleiben.

Isabel Marant mit Rucksack
Isabel Marant hat ihr Erfolgsrezept längst gefunden – und muss es daher gar nicht ändern. In dieser Saison geht es in die Wüste, unter dem Arm klemmen dicke Wolldecken, über der Schulter hängen Rucksäcke. Sie verarbeitet viel Wildleder, Beige- und Grüntöne. Cargoshorts sind gerade auf vielen Laufstegen zu sehen. So viel Stimmung wie bei Isabel Marant kommt aber selten auf.
