
Grönland und die Amerikanischen Jungferninseln haben auf den ersten Blick so viel gemeinsam wie ein Eisbär und eine Kokosnuss. Aber eines verbindet die Insel im Eis mit dem Archipel in der Karibik: Beide waren dänische Kolonien und weckten amerikanische Begehrlichkeiten: Donald Trump möchte Grönland kaufen, die Amerikanischen Jungferninseln hat schon sein Vorgänger Woodrow Wilson gekauft.
Und dabei ging es auch um Grönland und den Panamakanal. Das war im Jahr 1917. Damals trat Dänemark für 25 Millionen Dollar in Gold Dänisch-Westindien an die Regierung in Washington ab, die Amerikaner nannten die Inselgruppe Virgin Islands.
Für ihre Kolonie erhielten die Dänen nicht nur das Gold, dessen Wert etwas mehr als drei Prozent des amerikanischen Bundeshaushaltes von 1916 ausmachte. Bedeutsamer noch war aus heutiger Sicht: Die Vereinigten Staaten erkannten im Gegenzug den dänischen Anspruch auf das gesamte Territorium Grönlands an.
Ohne Sklavenarbeit unrentabel
Die ersten dänischen Siedlungen waren Mitte des 18. Jahrhunderts auf Grönland entstanden. Zu dieser Zeit erhielten die drei Hauptinseln Dänisch-Westindiens, Saint Thomas, Saint John und Saint Croix, samt rund fünfzig weiteren Eilanden 1755 den Status einer dänischen Kronkolonie. Vor allem der Anbau von Zuckerrohr und der Sklavenhandel waren für die Dänen zunächst ein sehr profitables Geschäft.
Das änderte sich allerdings, als 1848 die Sklaverei abgeschafft wurde und zunehmende Trockenheit und häufige Unwetter den Anbau von Zuckerrohr erschwerten. Die Kolonie wurde unrentabel. Das förderte die Bereitschaft der Dänen, sie zu verkaufen. Die Vereinigten Staaten hatten schon länger ein Auge auf die Inselgruppe vor ihrer Haustüre geworfen. Ein erstes amerikanisches Kaufangebot hatten die Dänen 1867 indes ausgeschlagen.
Zwei Jahre zuvor hatte Kopenhagen seinerseits die Kolonie nach der Niederlage im Deutsch-Dänischen Krieg von 1864 Bismarck angeboten. So hofften die Dänen eine Abtretung des nördlichen Teils des Herzogtums Schleswig an Preußen abwenden zu können, in dem mehrheitlich Dänen lebten. Aber Bismarck ließ sich nicht darauf ein. Im Jahr 1902 kamen die Amerikaner dann einen Schritt weiter: Beide Seiten unterzeichneten einen Kaufvertrag über Dänisch-Westindien für eine Summe von fünf Millionen Dollar, er scheiterte jedoch an der Ablehnung der Konservativen im dänischen Oberhaus.
Eine neue Dynamik entstand, als ein deutsches U-Boot im Mai 1915 das britische Passagierschiff RMS Lusitania vor der irischen Küste versenkte. Unter den rund 1200 Opfern waren auch 128 Amerikaner. Daraufhin forcierte die Regierung in Washington neuerliche Verhandlungen mit Dänemark. Präsident Woodrow Wilson und sein Außenminister Robert Lansing wollten verhindern, dass das Deutsche Reich im Falle einer Besetzung Dänemarks die Jungferninseln als Marinestützpunkt nutzen und den Schiffsverkehr durch den Panamakanal stören könnte.
Ganz abwegig war diese Befürchtung nicht. Die Haltung zu Kolonien hatte sich in Berlin mittlerweile geändert. In führenden Kreisen gab es seit den Achtzigerjahren des 19. Jahrhunderts Überlegungen, Dänisch-Westindien als Flottenstützpunkt zu nutzen. Auf Wunsch Kopenhagens blieben die Gespräche mit den Amerikanern vorerst geheim. Dänemark fürchte den Zorn des deutschen Nachbarn.
Die Regierung in Kopenhagen stellte für den Verkauf ihrer Kolonie mehrere Bedingungen: Die überwiegend schwarzen Bewohner sollten das amerikanische Bürgerrecht erhalten, Washington sollte einen freien Handel ohne Zölle garantieren, und die Bevölkerung der Inselgruppe sollte in einem Volksentscheid über den Verkauf abstimmen dürfen.
Massiver Druck aus Washington
Die Amerikaner lehnten das ab. Schließlich drohte Außenminister Lansing den Dänen damit, die Inselgruppe besetzen zu lassen. Dänemark lenkte ein und verzichtete auf die Erfüllung seiner Bedingungen. Dass Washington nicht davor zurückschreckte, in der Karibik einzugreifen, hatte im Mai 1916 die Besetzung der Dominikanischen Republik gezeigt. Am 4. August 1916 unterzeichneten der zuständige dänische Minister, Constantin Brun, und der amerikanische Außenminister Lansing den Kaufvertrag in New York.
In einem Volksentscheid sprach sich eine Mehrheit der Dänen für den Verkauf aus. Am 1. April 1917 wurde Dänisch-Westindien amerikanisch. Das einzige Zugeständnis, das die Amerikaner den Dänen machten, enthielt ein Anhang des Vertrags: Er habe die Ehre zu erklären, „dass die Regierung der Vereinigten Staaten keine Einwände erheben werde, wenn die dänische Regierung ihre politischen und wirtschaftlichen Interessen auf ganz Grönland ausdehnt“, heißt es in dem von Außenminister Lansing unterzeichneten Erklärung. Damit brachen die Vereinigten Staaten mit dem bisherigen Grundsatz der amerikanischen Außenpolitik, dass die Amerikaner eine europäische Einmischung in ihrer Einflusssphäre nicht dulden, der sogenannten Monroe-Doktrin von 1823.
Kopenhagen nutzte dieses amerikanische Zugeständnis, um seine Ansprüche auf Grönland auch gegenüber anderen europäischen Staaten geltend zu machen, namentlich den Regierungen in London, Paris und Rom, aber auch gegenüber Norwegen, das Ansprüche auf Ostgrönland erhob. Vier Jahre nach dem Kaufvertrag für Dänisch-Westindien erklärte Dänemark 1921 seine Oberhoheit über Grönland.
Welchen Status Trump Grönland unter amerikanischer Flagge zugedacht hat, ist nicht bekannt. Die Virgin Islands wurden ebenso wie andere amerikanische Besitzungen in der Karibik und im Pazifik kein Bundesstaat, sondern blieben ein Territorium mit Sonderstatus. An Präsidentenwahlen dürfen die Bewohner daher nicht teilnehmen.
Der wiedergewählte amerikanische Präsident scheint nicht immer ganz im Bilde über die Besitzverhältnisse in der Karibik gewesen zu sein. Im Oktober 2017 kündigte Trump jedenfalls in einer Rede an, er werde den „Präsidenten der Virgin Islands“ treffen.