Zurück ins traute Heim? | Abendzeitung München

Seit Jahrhunderten kämpfen Frauen um Gleichberechtigung. In Deutschland erlangten sie schließlich 1918 mit dem Wahlrecht politische Mitsprache. 1977 folgte die Aufhebung der „Hausfrauenehe“, die die Frau von der Pflicht entband, lediglich für Haushalt und Kinder zu leben.

Erst 1997 errangen Frauen einen besseren gesetzlichen Schutz vor Vergewaltigung in der Ehe – tatsächlich galt bis 1992, dass eine Vergewaltigung nur außerhalb einer Ehe geschehen konnte.

Aus heutiger Sicht scheinen diese Rechte ganz selbstverständlich zum Fundament einer modernen Demokratie zu gehören. Doch ebenso lange, wie sich Frauen ihre Rechte erstreiten mussten, gibt es Gegenbewegungen, ihnen diese wieder zu nehmen. Manchmal in blumiger Verpackung: Seit einigen Jahren machen Vertreterinnen der sogenannten „TradWife“-Bewegung auf Internetplattformen offensiv Werbung für die freiwillige weibliche Unterwerfung. Nach ihrer Auffassung besteht die Rolle der Frau darin, sich Haushalt und Kindern zu widmen und dem Mann zu gefallen. Partnerschaft auf Augenhöhe? Gilt als unweiblich und schädlich für die Familie.

TradWives: Zurück in die 50er- oder gar NS-Jahre?

Neben ihren Videos und Fotos vom Backen, Putzen und Kochen teilen die oft adrett gekleideten TradWives fragwürdige Botschaften: Aus biologischen Unterschieden zwischen den Geschlechtern leiten sie eine gesellschaftliche Hierarchie als naturgegeben ab.

„Der Mann beschäftigt sich bereits die ganze Zeit mit Testosteron, mit Stress und Spannung!“, schreibt etwa Sophie auf Instagram. „Er ist bio

logisch auf Konflikte vorbereitet. Der männliche Mann ist dominant, stark und ein Versorger.“

Vom modernen Konzept der Gleichwertigkeit hält die junge Frau nichts: Der Mann „schützt gerne“ – aber nicht jemanden, „der gleich oder stärker“ sei. Was der Mann suche, sei „Ordnung, Schönheit und Frieden.“ „Und um das zu leben, gibt es für Frauen keinen anderen Weg, als weiblicher zu werden.“

Mama, der Mann mit dem Kühlschrank ist da! Hausfrau und Lieferant in den 50er-Jahren.
Mama, der Mann mit dem Kühlschrank ist da! Hausfrau und Lieferant in den 50er-Jahren.
© imageBROKER/ Imago
Mama, der Mann mit dem Kühlschrank ist da! Hausfrau und Lieferant in den 50er-Jahren.

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Bei näherem Hinsehen entpuppt sich das 50er-Jahre-Ideal der aufopferungsvollen Hausfrau und Mutter als bloße Fassade. Denn tatsächlich verdienen die TradWives als Influencerinnen Geld, indem sie eine möglichst große Zahl an Followern aufbauen.

Tipps zu Haushalt, Kindererziehung und Partnerschaft – klingt ganz harmlos? Doch hinter der naiv daherkommenden Nostalgie verbirgt sich eine Ideologie, die Frauen ihre Selbstständigkeit nimmt. So wird die Tatsache beschönigt, dass die Frauen beim TradWife-Ideal wirtschaftlich völlig von ihrem „Versorger“ abhängig sind.

Manche Vertreterinnen der TradWife-Bewegung klingen wie das Ideal der deutschen Hausfrau aus der NS-Zeit: „Die Frau bestimmt die Harmonie in der Familie“, schreibt eine junge Frau auf Instagram unter dem Pseudonym „wunder.licht.welt“ und fragt: „Schenkst du deinem Mann ein Heim, einen Ort(,) für den es sich zu kämpfen lohnt?“

Ihren Ursprung hatte die TradWife-Bewegung in den weißen, christlich-fundamentalistischen Gemeinschaften der Vereinigten Staaten. Deren anti-demokratisches und anti-feministisches Weltbild hat Donald Trump nicht nur zur Wiederwahl als Präsident der USA verholfen, es wird zunehmend Bestandteil der politischen Realität. Gerade am Beispiel der USA zeigt sich, wie schnell Frauen – ebenso wie Minderheiten – in einer modernen Demokratie Rechte und Gleichberechtigung im privaten wie öffentlichen Raum wieder verlieren können.

So hatte Trump bereits kurz nach seinem Amtsantritt verkündet, dass es künftig keine DEI-Programme für Diversität, Gerechtigkeit und Inklusion mehr geben werde.

Der US-Verteidigungsminister Pete Hegseth hat bereits verkündet, dass er gegen die Beteiligung von Frauen bei Kampfeinsätzen sei und dass all jene Admiräle und Generäle gehen müssten, die „in die woke DEI-Scheiße“ involviert seien. Dass Hegseth mit Frauenrechten nichts am Hut hat, war schon vor seiner Ernennung zum Minister offensichtlich: Er musste sich zum Vorwurf der Vergewaltigung äußern – und schließlich zugeben, der Frau Schweigegeld bezahlt zu haben.

Die Überzeugung, als Mann Entscheidungen über Frauen und deren Körper treffen zu können – also genau, was die TradWife-Bewegung euphemistisch bewirbt – prägt aber nicht nur das Umfeld des US-Präsidenten. Auch in die Gesetzgebung hat das Rollenbild bereits Eingang gefunden: So hoben 2022 die Richter des Obersten Gerichtshofes das Grundsatzurteil „Roe gegen Wade“ auf und kippten damit das Abtreibungsrecht. Seitdem entscheiden die Bundesstaaten selbst über die Regelung des Schwangerschaftsabbruchs. Inzwischen ist eine Abtreibung in republikanisch regierten Bundesstaaten fast vollständig verboten. In Texas gilt etwa, dass schon beim Feststellen eines embryonalen Herzschlags keine Abtreibung erfolgen darf – das kann bereits in der fünften Schwangerschaftswoche der Fall sein.

Das Abtreibungsverbot erschwert aber nicht nur einen Schwangerschaftsabbruch, sondern generell auch die Gesundheits- und medizinische Versorgung von Frauen. Dies zeigte der Fall von Nevaeh Crain: Die 18-Jährige kam im Oktober 2023 mit starken Schmerzen und Blutungen in die Notaufnahme eines texanischen Krankenhauses. Zuvor war sie bereits aus zwei anderen Notfallzentren heimgeschickt worden.

Vertreter und Hausfrau mit Staubsauger: Demonstration des geringen Lärms beim Saugen mit dem neuen Modell.
Vertreter und Hausfrau mit Staubsauger: Demonstration des geringen Lärms beim Saugen mit dem neuen Modell.
© Imago
Vertreter und Hausfrau mit Staubsauger: Demonstration des geringen Lärms beim Saugen mit dem neuen Modell.

von Imago

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Der Grund: Zwar wurde bei der jungen Mutter eine gefährliche Blutvergiftung diagnostiziert, doch nahmen die Ärzte auch den Herzschlag des sechs Monate alten Fötus wahr.

Erst im dritten Anlauf – nach über 20 Stunden – wurde Crain behandelt. Zu diesem Zeitpunkt war der Tod des Fötus schließlich festgestellt worden. Doch auch für die 18-Jährige kam die Hilfe zu spät, sie starb einige Stunden später.

Dies war nicht der einzige Fall, bei dem eine schwangere Frau während einer Fehlgeburt starb, weil Ärzte die Behandlung hinauszögerten, um sich nicht vor einem Gericht für eine Abtreibung verantworten zu müssen.

Bei vielen Frauen, die in republikanisch regierten Bundesstaaten leben, löste der MAGA-Wahlerfolg daher regelrechte Panik aus. Manche Amerikanerinnen begannen, sich für eine radikalere Option zu interessieren. Bei Google stieg die Suche nach dem kryptischen Begriff „4B“ sprunghaft an, als der Wahlsieg Trumps am 5. November bekanntgemacht wurde. 4B ist eine feministische Bewegung aus Korea, das „B“ steht für das koreanische Wort für „Nein“: Die Anhängerinnen wollen mit Männern nichts zu tun haben – sie sagen nein zu Sex, Dating, Heirat und Kinderkriegen.

Radikal? Man will nur als Mensch behandelt werden

Ein Auslöser für 4B war 2016 der Roman „Kim Jiyoung, geboren 1982“. Die Autorin Cho Nam-Joo erzählt darin die Geschichte der jungen Ehefrau und Mutter Kim Jiyoung, die ihren Beruf aufgegeben hat, um sich um Haushalt, Ehemann und ihre kleine Tochter zu kümmern. Während der Feiertage hilft sie tagelang ihrer Schwiegermutter in der Küche und bedient die Gäste.

Cho Nam-Joo beschreibt in dem Roman nicht nur die Erfahrungen von Frauen unterschiedlicher Generationen, sondern auch die frauenfeindliche Gesellschaft, in der diese aufwuchsen und leben.

Die Stigmatisierung der Töchter führte zusammen mit der Legalisierung der Abtreibung und der Möglichkeit der Geschlechtsbestimmung dazu, dass vor allem Mitte der 1980er bis Anfang der 1990er-Jahre weibliche Föten abgetrieben wurden, was einen Männerüberschuss zur Folge hatte.

4B ist zwar eine Nischenerscheinung – doch für Südkorea ist die Familiengründung von jungen Menschen ein existenzielles Thema.

Denn das Land mit einer der höchsten Lebenserwartungen weist seit langem auch eine der niedrigsten Geburtenraten weltweit auf: 2023 betrug sie 0,72 – das heißt, 100 Frauen brachten 72 Kinder zur Welt. Im Vergleich: In Deutschland lag die Zahl bei 1,3. Auch die Zahl der Ehen ist in Korea gesunken: um 40 Prozent innerhalb von zehn Jahren.

Das hat Folgen: Kindergärten werden in Korea vielerorts zu Seniorenheimen umgebaut. Die demografische Entwicklung wirkt sich auch auf das Wirtschaftswachstum, soziale Absicherung und Innovation aus.

Der koreanisch-kanadische Autor Jinwoo Park brachte es auf den Punkt, als er sagte, nicht der Hass auf Männer lasse Frauen Abstand nehmen zu Männern, sondern der Selbsterhalt und die Selbstachtung: „Am Ende wollen all diese Frauen nur als Menschen behandelt werden.“ 

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