
In diesem Jahr beginnt die Zecken-Zeit in Teilen Deutschlands ungewöhnlich früh. Die Spinnentiere können schwere Krankheiten übertragen. Worauf Sie achten müssen, wenn Sie in Wiesen und Wäldern unterwegs sind.
In diesem Jahr sind in weiten Teilen Baden-Württembergs besonders viele Zecken früh unterwegs. Die Spinnentiere lauern nicht nur in Wäldern und auf Wiesen, sondern auch in Stadtparks oder dem heimischen Garten – überall dort, wo sie einen Wirt finden können. Beim Stich oder Biss können sie Krankheitserreger übertragen – und damit zur echten Gesundheitsgefahr werden.
Dafür, dass die Zecken schon so früh unterwegs sind, ist vor allem der milde Winter verantwortlich. „Zecken gehen nicht mehr in die Winterpause, weil die Temperaturen einfach zu hoch sind. Jetzt sind sie im Frühjahr aktiv geworden“, sagt Ute Mackenstedt von der Universität Hohenheim in Stuttgart.
Das zeige sich unter anderem auch an den zunehmend früher registrierten Fällen von Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME). „Zecken sind inzwischen das ganze Jahr lang aktiv“, warnt die Expertin. Dazu kommen noch die Exemplare, die sich weiter entwickelt haben und ebenfalls auf Wirtssuche gehen.
Laut Mackenstedt lässt sich zudem ein klarer Trend erkennen: Zecken sind zunehmend früher und in größerer Zahl unterwegs. „Derzeit erleben wir eine regelrechte Bugwelle – es sind außergewöhnlich viele Zecken zu einem sehr frühen Zeitpunkt“, sagt die Leiterin des Fachgebiets Parasitologie. Insgesamt rechnet sie aber nicht mit einer höheren Jahres-Gesamtzahl. „Die Saisonalität verschiebt sich einfach.“
Ausbreitungsgebiet und übertragene Krankheiten
Zecken gibt es überall, in Norddeutschland genauso wie im Südwesten. Baden-Württemberg gilt aber mit Ausnahme des Stadtkreises Heilbronn auch als FSME-Risikogebiet. Mackenstedt und ihr Team erfassen seit Jahren Zecken in diesen Regionen, um sie auf FSME-Viren und andere Erreger zu untersuchen. In diesem Jahr melden sie bereits seit dem frühen Frühjahr Rekordzahlen – insbesondere vom Gemeinen Holzbock, der häufigsten Zeckenart Europas.
Zecken setzen sich fest, bohren ihren Stechrüssel in die Haut und können dabei gefährliche Krankheitserreger übertragen. Die wohl bekannteste Krankheit, die die blutsaugenden Parasiten übertragen, ist FSME. Im vergangenen Jahr wurden dem Landesgesundheitsamt in Stuttgart 229 Fälle aus Baden-Württemberg übermittelt, nach Angaben des Gesundheitsministeriums deutlich mehr als im Vorjahr (2023: 129 Erkrankungen).
FSME kann Entzündungen der Hirnhäute, des Gehirns und des Rückenmarks auslösen. Bei 99 Prozent der Betroffenen fehlt laut Robert Koch-Institut (RKI) ein Impfschutz. Wie viele Fälle tatsächlich erkannt werden, hängt auch davon ab, ob Ärzte FSME-spezifische Tests bei Symptomen veranlassen.
Noch häufiger als FSME übertragen Zecken jedoch die Lyme-Borreliose. Da diese Krankheit nicht in allen Bundesländern meldepflichtig ist, liegen keine offiziellen Fallzahlen vor. Erste Anzeichen sind eine schmerzlose, oft ringförmige Hautrötung, die bis zu zehn Wochen nach dem Stich auftreten kann. Wandert der Erreger durch den Körper, sind grippeähnliche Symptome möglich: Fieber, Schweißausbrüche, Gelenkentzündungen, Muskelschmerzen oder Herzrhythmusstörungen. In weniger als fünf Prozent der Fälle greift die Borreliose das Nervensystem an.
Einen Impfstoff gibt es bislang nicht. Die bakterielle Erkrankung lässt sich aber gut mit Antibiotika behandeln.
Um sich im Alltag vor Zecken zu schützen, ist das Wichtigste, sich nach Aufenthalten im Grünen sorgfältig abzusuchen. Beim Spaziergang oder Wandern sollte man möglichst auf festen Wegen bleiben und hohes Gras sowie Unterholz meiden. Chemische Abwehrmittel – sogenannte Repellents – können zeitlich begrenzt schützen. Während es gegen FSME eine Impfung, aber keine Behandlung gibt, verhält es sich bei Borreliose umgekehrt.
So schützen Sie sich vor Zecken
Ideale Schutzbekleidung sind lange Hosen, langärmlige Oberteile und feste Schuhe. Die Hosenbeine sollten in die Socken gesteckt werden, damit Zecken nicht so leicht an die Haut gelangen. Auf heller Kleidung lassen sich die kleinen Tiere leichter entdecken. „Wenn ich Zecken flaggen gehe, habe ich hohe Schuhe an und nicht gerade Flipflops“, sagt Mackenstedt. „Ich trage dann lange Hosen und ziehe die Socken über die Hosenbeine. Und ich suche mich einfach ab. Das ist immer noch das Wichtigste.“
Zeckenschutzmittel wie Sprays oder Repellents bieten war einen guten, aber keinen vollständigen Schutz. Schutzmittel sollten großzügig und regelmäßig aufgetragen werden, besonders an Beinen und Armen.
Nach dem Spielen im Freien sollten Eltern ihre Kinder am besten direkt sorgfältig absuchen, besonders an Kniekehlen, Achseln, Hals, hinter den Ohren und im Haaransatz. Zecken sind klein, daher sollte man gründlich und mit guter Beleuchtung vorgehen. „Zecken sind speziell bei Kleinkindern auf Kopfhöhe unterwegs.“
Findet man eine Zecke am Körper, dann solle sie möglichst schnell mit einer feinen Pinzette oder Zeckenkarte entfernt werden. „Wichtig ist, dass man das schnell macht, weil die Borrelien erst nach 12 bis 15 Stunden übertragen werden“, sagt Mackenstedt. Dabei die Zecke nah an der Haut fassen und langsam, gerade herausziehen – nicht drehen. Die Einstichstelle danach desinfizieren und beobachten.
Um Haustiere, etwa Hunde oder Katzen, vor Zecken zu schützen, sollten diese regelmäßig auf Zecken untersucht werden, besonders nach Spaziergängen. Spezielle Zeckenhalsbänder oder flüssige Tierarzneimittel, sogenannte Spot-on-Präparate, bieten zusätzlichen Schutz. Auch das Absuchen nach jedem Aufenthalt draußen ist ratsam. Bei Katzen spielt FSME keine Rolle.
dpa/ lpi