Xabi Alonso bei Bayer Leverkusen: Warten auf das Ja-Wort – Sport

Edgar Davids erschien höchstpersönlich in der Filiale der Stadtsparkasse Gelsenkirchen, um das Konto zu eröffnen, auf das ihm sein neuer Arbeitgeber Schalke 04 ab Saisonbeginn das Gehalt überweisen würde. Den niederländischen Nationalspieler, eine unübersehbare Erscheinung, hatten Zeugen eindeutig im Kassenraum identifiziert, wenngleich ihn andere Zeugen auch an einer genossenschaftlichen Bank in Gladbeck gesichtet hatten. Gladbeck passte insofern, als aus Kreisen örtlicher Makler bekannt wurde, dass Davids dort ein Einfamilienhaus beziehen werde. Allerdings gab es auch Quellen, die besagten, er favorisiere eine Doppelhaushälfte in Herten.

Immer wieder tauchten in den Nullerjahren diese Erzählungen auf, die Zeitungen übernahmen sie in ihren Berichten. Doch Edgar Davids hat nie eine Immobilie im Ruhrgebiet gemietet, und er hat nie einen Vertrag mit Schalke 04 geschlossen. Bis heute ist nicht klar, ob die Geschichte immer nur ein Mythos war oder einen Hauch Wahrheit enthielt.

Allgemein ist Vorsicht geboten, wenn in Fan-Foren unter Berufung auf sichere Informationen berichtet wird, Spieler X habe die Kinder aus dem Kindergarten abgemeldet – er werde also, oh weh, den Verein verlassen. Die andere typische Legende handelt vom Gegenteil: Der Spieler kommt, ganz sicher. Er ist schon auf der Suche nach einem Zuhause.

Nun wurde im Laufe der vergangenen Tage in verschiedenen Medien berichtet, Xabi Alonso halte Ausschau nach einem eigenen Haus in Düsseldorf. In der Landeshauptstadt lebt er bereits, seitdem er Trainer von Bayer Leverkusen ist. Und wenn er jetzt den Umzug aus dem Mehrfamilienhaus im Stadtteil Oberkassel betreibe, in dem er mit seiner Familie wohnt, dann bedeute das ja wohl, dass er auch in der nächsten Saison die Leverkusener Mannschaft betreuen werde, schlussfolgerten ständige Beobachter. Die Verkündung dieser Nachricht, so hieß es, stehe wahrscheinlich unmittelbar bevor – Xabi Alonso hatte vor der Länderspielpause erklärt, die spielfreie Zeit gebe Gelegenheit zum Nachdenken über die großen Themen. In der vorigen Saison hatte er es ebenso gehandhabt: Aus der Länderspielpause im März meldete er sich mit der Neuigkeit zurück, dass er weder zum FC Liverpool noch zum FC Bayern wechseln, sondern in Leverkusen bleiben werde.

Außer deutschen stellten am Donnerstag auch spanische Medien in Aussicht, dass Alonso auf der Pressekonferenz vor dem nächsten Bundesligaspiel, Freitagabend gegen den VfL Bochum, die Mitteilung bekannt machen werde. Als um kurz vor halb drei Simon Rolfes und Fernando Carro im Presseraum in der Leverkusener Bayarena erschienen, kam ein weiteres Indiz hinzu. Warum sonst sollten die beiden Geschäftsführer zu dem Routine-Termin erscheinen, wenn es nicht etwas Besonderes zu erwarten gäbe?

Doch Rolfes und Carro verschwanden bald wieder kommentarlos. Alonso hatte nichts zu verkünden, „es gab nichts zu entscheiden, es war eine gute Pause“, sagte er und erzählte, dass er vier Tage in Spanien verbracht habe, „ein Mini-Urlaub“. Darauf angesprochen, dass er sich im Vorjahr just zu diesem Zeitpunkt zu seiner Zukunft erklärt hatte, erwiderte er: „Da war die Situation anders. Es gab etwas zu entscheiden, und jetzt: Es gibt nichts.“

„Mein Gedanke ist der gleiche, ich bleibe fokussiert auf diese Saison. Wir sind in einer wichtigen Phase, wir wollen nicht spekulieren.“

Carro und Rolfes sehen das wahrscheinlich ein bisschen anders. Sie hätten es gern gehört, wenn Alonso sein Bleiben versprochen hätte, offenbar hatten sie sich entsprechende Hoffnungen gemacht. Der Klub will den Trainer nicht drängen, doch zugleich braucht er Klarheit. Formell hat der Trainer zwar recht, wenn er sagt, es gebe keinen Anlass für Beschlüsse, sein Vertrag mit Bayer gilt bis 2026. Doch ob die Vereinbarung Bestand haben wird, darüber herrscht bei allen Beteiligten keine Gewissheit. Die ganze Branche redet seit langer Zeit davon, dass Real Madrid der nahezu logische nächste Klub ist, in dem Alonso seine Trainerkarriere fortsetzen werde. Nur der Zeitpunkt sei fraglich. Aktuell ist Carlo Ancelotti mit Real unverändert erfolgreich, auch sein Vertrag endet erst 2026.

Xabi Alonso versicherte am Donnerstag, seine ganze Aufmerksamkeit gelte dem Saisonfinale. „Mein Gedanke ist der gleiche, ich bleibe fokussiert auf diese Saison. Wir sind in einer wichtigen Phase, wir wollen nicht spekulieren.“ Ausdrücklich ging er sogar zum Angriff auf den FC Bayern über, es sei gerade jetzt „super wichtig, so viel Druck wie möglich“ auf den Tabellenführer zu machen und den Abstand am Freitagabend auf drei Punkte zu verkürzen. Seine Ambitionen unterstrich er mit der Ankündigung, so bald wie möglich den Spielmacher Florian Wirtz wieder zum Einsatz zu bringen. Die Genesung von der Sprunggelenkverletzung komme schneller als erwartet voran, „wenn er ein bisschen früher spielen kann, nehmen wir das Risiko“, kündigte er an – für seine Verhältnisse eine ungewöhnlich forsche Aussage.

Alonso geht im Titelkampf in die Offensive, auch das ist eine beachtliche Aussage. Auf das erhoffte Ja-Wort des Trainers dagegen müssen der Klub und sein Publikum noch warten. Immerhin: Die Nachricht, dass Xabi Alonso nach einem Haus in Düsseldorf Ausschau hält, ist definitiv keine Legende. Sie stammt allerdings aus dem vergangenen Herbst.