Wolkenwellen über Portugal: Wie entstehen „Roll clouds“? – Wissen

Am Sonntag haben Strandbesucher in Portugal ein seltenes Wetterphänomen am Himmel beobachtet: Zwischen Peniche und Póvoa de Varzim bewegte sich eine „Roll cloud“ mit einer Länge von mehr als 200 Kilometern auf die portugiesische Westküste zu. Laut dem Portugiesischen Institut für Meeres- und Atmosphärenforschung (IPMA) hat sich die Wolke gegen 15.30 Uhr über dem Atlantik gebildet und sich zwischen 17 und 18 Uhr dem Festland genähert.

Bei einer „Roll cloud“, auch Wolkenwelle oder fachsprachlich Volutus genannt, handelt es sich um eine längliche, röhrenförmige Wolke, die sich dem Anschein nach um eine imaginäre Längsachse dreht. Über eine Sichtung im Mittelmeer im August 2023 schrieb der Deutsche Wetterdienst (DWD): „Die Wolkenwelle kann man sich wie eine Wasserwelle mit einer geraden Kammlinie vorstellen, nur eben aus Luft.“ Dabei bestehe die Besonderheit darin, dass die Wolkenwellen große Distanzen ohne Änderungen ihrer Form zurücklegen können. Die „Roll cloud“ im Mittelmeer legte damals 400 Kilometer mit einer Geschwindigkeit von rund 15 Kilometern pro Stunde zurück und hatte zeitweise eine Länge von etwa 600 Kilometern. Dabei war die Welle laut DWD nur wenige Hundert Meter bis wenige Kilometer hoch und hatte einen ebenso großen Durchmesser. Solche näheren Informationen gibt es zu dem am Sonntag beobachteten Naturspektakel an der portugiesischen Atlantikküste noch nicht.

In Australien kommt es häufiger zu einem ähnlichen Wetterphänomen

„Prinzipiell kennzeichnet die walzenförmige Wolke die Vorderseite eines Kaltluftsees. Das Phänomen wird womöglich durch ein Gewitter ausgelöst“, erklärt DWD-Meteorologe Adrian Leyser Sturm. Dabei verdrängt der Kaltluftvorstoß die vor ihm liegenden Luftpakete. Infolgedessen steigen diese in kältere Schichten auf. Die sich abkühlenden Luftpakete können den gasförmigen Wasserdampf in der Luft nicht mehr vollständig halten. Wolken entstehen.

Diese Aufnahme der Wolkenwelle entstand am 29. Juni mithilfe einer Drohne.
Diese Aufnahme der Wolkenwelle entstand am 29. Juni mithilfe einer Drohne. (Foto: ARTHUR CARVALHO/AFP)

„Das eine solche Böenfront völlig losgelöst von einer Gewitterwolke zu sehen ist, ist äußerst selten“, so Leyser Sturm. Wie genau die großräumigen „Roll clouds“ entstehen, sei nicht vollständig geklärt. „Für die Entstehung sind ganz bestimmte atmosphärische Bedingungen notwendig.“ Unter anderem brauche es eine stabile atmosphärische Schichtung, ausreichende Luftfeuchtigkeit, spezifische Windverhältnisse, Frontsysteme oder aber eine besondere Land-See Verteilung. Letztere ist für die Entstehung einer besonderen, bekannten Form von Wolkenwellen verantwortlich: der „Morning Glory Cloud“ im Norden Australiens.  Anders als in Europa kann das Phänomen dort von September bis November relativ häufig beobachtet werden – bei günstigen Bedingungen auch in regelmäßiger Anordnung hintereinander.

Weil die Wolkenart nur selten auftritt, wurde sie erst im Jahr 2017 von der Weltorganisation für Meteorologie in den internationalen Wolkenatlas aufgenommen.