Wimbledon: Alexander Zverev scheitert bereits in Runde eins – Sport

Eine Nacht und einen halben Tag lang konnte Alexander Zverev nachdenken, was er anders machen könnte. Sein Erstrundenmatch gegen Arthur Rinderknech war ja am Montag um 22.54 Uhr abgebrochen worden. Beim Tennis-Rasenklassiker in Wimbledon dürfen die Profis aus Lärmschutzgründen nur bis 23 Uhr spielen. Mit Ach und Krach hatte sich der Weltranglisten-Dritte mit einem 1:1-Satzgleichstand in die Pause gerettet.

Beim Stand von 6:7 (3), 7:6 (8) ging es am Dienstagnachmittag auf dem Centre Court weiter. Zverev spielte zunächst enttäuschend, riss sich dann zusammen, um dann doch in einer dramatischen Partie zu verlieren. Er unterlag dem Franzosen mit 6:7 (3), 7:6 (8), 3:6, 7:6 (5), 4:6 und scheiterte damit erstmals seit 2019 wieder in der ersten Runde eines Grand-Slam-Turniers. Damals verlor der Deutsche, auch in Wimbledon, überraschend gegen den Tschechen Jiri Vesely.

Zverev strahlte bei der Fortsetzung am Dienstag kaum positive Energie aus, ein Aufbäumen war zunächst nicht zu erkennen, fast lethargisch nahm er im dritten Satz alles hin. Erst im vierten Satz wurde er laut, brüllte mal nach gewonnenen Punkten. Rinderknech ist 72. der Weltrangliste und war natürlich der Außenseiter. Der 29-Jährige aus Gassin an der Côte d’Azur spielte aber groß auf, servierte hart und streute viele giftige Stopps ein, die Zverev zusetzten.

Rinderknech stand schon kurz vor dem Sieg im vierten Satz, im Tiebreak führte er 4:1 und 5:3. Bei 5:5 ging Zverev volles Risiko und donnerte seinen zweiten Aufschlag mit 218 Stundenkilometern ins Feld. Sein Mut wurde belohnt, es ging in die Verlängerung.

Zverev wirkt ratlos und oft planlos

Im fünften Satz kassierte Zverev das entscheidende Break zum 1:2 und rannte diesem Aufschlagverlust vergeblich hinterher. Rinderknech, der bei den letzten Ballwechseln vor Nervosität zitterte, rettete sich ins Ziel, nach einem letzten Hieb mit der Rückhand warf er sich nach vorn auf den Bauch. Zverev hatte zwischendurch sogar den Becker-Hecht praktiziert, aber was er auch versuchte, er wirkte ratlos und oft planlos.

Harter Aufschlag, giftige Stopps: Arthur Rinderknech spielte gegen Alexander Zverev groß auf.
Harter Aufschlag, giftige Stopps: Arthur Rinderknech spielte gegen Alexander Zverev groß auf. (Foto: Glyn Kirk/AFP)

Zverev jagt damit weiter vergeblich seinem großem Traum nach, endlich einmal ein Grand-Slam-Turnier zu gewinnen. Bei den US Open, den French Open und den Australian Open stand er jeweils schon einmal im Finale. Wimbledon war bislang sein schlechtestes Grand-Slam-Turnier, und das bleibt so. Im All England Lawn Tennis and Croquet Club (AELTC) hat Zverev noch nie das Viertelfinale erreicht, dreimal war im Achtelfinale Schluss. In London bestritt er sein 38. Grand-Slam-Turnier. Jan-Lennard Struff ist nun der letzte verbliebene deutsche Mann im Hauptfeld und trifft am Mittwoch in seiner Zweitrundenpartie auf den Kanadier Felix Auger-Aliassime. Für Qualifikantin Ella Seidel endete das Turnier auf tragische Weise. Die 20-Jährige knickte in ihrer Erstrundenpartie gegen die Spanierin Jéssica Bouzas Maneiro um und zog sich einen Bänderriss im rechten Knöchel zu. Beim Stand von 3:6, 2:3 musste sie aufgeben.

Um die späten Startzeiten der Matches in Wimbledon gibt es Diskussionen

Dass Akteure wie Zverev und Rinderknech überhaupt in die Verlegenheit kamen, so spät am Montag starten zu müssen, dass sie ihr Match nicht beenden konnten, offenbart ein grundsätzliches Problem in Wimbledon. Die Matches auf dem Centre Court starten erst um 13.30 Uhr, auf Court No. 1 um 13 Uhr. Das ist oft einfach zu spät, um alle Matches am selben Tag durchzubringen. Die Sperrstunde war offiziell 2009 mit dem Bau des Daches über dem Centre Court und einer Flutlichtanlage eingeführt worden, um den Anwohnern des All England Clubs nicht endlose Unruhe zuzumuten.

Am Montag duellierten sich, vor Zverevs Partie, der Spanier Carlos Alcaraz und der italienischen Schlingel Fabio Fognini, der eventuell sein letztes Match der Karriere bestritt (er überlegt noch, ob er weitermacht), über viereinhalb Stunden. Dazu kam eine fast halbstündige Unterbrechung, da eine ältere Zuschauerin in der Hitze umgekippt war. Das folgende Frauenmatch zwischen der Engländerin Katie Boulter und der Spanierin Paula Badosa ging über drei Sätze, erst dann durfte Zverev ran. Als er begann, war es 20.53 Uhr. Bei drei schnellen Sätzen hätte die Partie fertig werden können. Es kam anders.

Der AELTC will bislang an den späten Startzeiten in den beiden Arenen (auf den Außenplätzen geht es um 11 Uhr los) festhalten. Die Besitzer der teuren Tickets sollen genügend Zeit haben, vorher ihr Lunch einzunehmen. Dies wird als Teil der Tradition angesehen.