Willkommen im Club der Großgauner

Beim Deutschen Journalisten-Verband fragt man sich mitunter, ob sie an der Spitze dieser Gewerkschaft noch alles beieinander haben. Denn da warnt dieser Verein am Tag nach der Wahl Donald Trumps zum 47. Präsidenten der USA „die internationalen Korrespondenten in den USA“ doch tatsächlich davor, dessen Desinformation und Lügen „auf den Leim zu gehen“. Alle Achtung! Darauf wären die Korrespondenten von selbst bestimmt nie gekommen.

Desinformation, Lügen und Trump? Das ist nicht nur für Korrespondenten nichts Neues. Das ist eine Gleichung, die vom ersten Tag an aufging, ohne Desinformation und Lügen wäre Trump weder 2016 noch 2024 gewählt worden; Desinformation und Lügen sind das System, auf dem seine Macht gründet. Und mit diesem sitzt er fester im Sattel denn je, auch weil er die richtigen Steigbügelhalter hat: Typen, die irrigerweise „Visionäre“ genannt werden, in Wirklichkeit aber Großgauner sind, weil ihnen in ihrem Streben nach Geld und Macht Demokratie und Menschenrechte als nebensächlich erscheinen. Wie die Weltordnung nach ihrer Fasson aussieht, zeigt uns das digitale Universum. In dem geben einige von Trumps Buddies nämlich den Ton an.

Die Plattform X ist eine Machtmaschine

Elon Musk zum Beispiel zeigt, dass man nicht nur mit miserabel gefertigten Elektroautos ein Vermögen machen und privat Raketen ins All schießen kann, sondern dass die 50 Milliarden Dollar, die er für die Übernahme der Plattform Twitter zusammenbringen musste, gut investiert sind. Pekuniär mag sich das scheinbar nicht rechnen, aber das zählt nicht. Twitter, heute X, ist eine Machtmaschine, die, ist sie in den „richtigen“, also den falschen Händen, genau jemanden wie Trump pusht. Da gibt es Desinformation und Lügen nonstop, 24/7, gern vom Chef selbst gestreut, wieder und wieder, bis es alle gehört und gesehen und darüber geredet haben. „Flood the zone with shit“ sagte Trumps früherer Kommunikationsberater Steve Bannon. Mit einer eigenen Social-Media-Plattform funktioniert das richtig. Und so macht man einen Lügenpräsidenten und sich selbst zu dessen erstem Berater. Auf dem Wahlticket standen zwar Trump und Vance, doch wer sie gewählt hat, bekommt Musk gleich mit. Man darf gespannt sein, was er im Gespann mit dem Hedgefonds-Milliardär Nelson Peltz mit dem Plan eines „datengetriebenen Projekts zum Verhindern von Wahlbetrug“ ausheckt, das der X-Eigner dem neuen Präsidenten während des Wahlkampfs angetragen haben soll, bevor er mit seiner Millionenlotterie zum Kauf von Wählerstimmen anfing.

Den Mitgründer des Softwareunternehmens Palantir und des Bezahldienstleisters Paypal, Peter Thiel, Ziehvater von J.D. Vance, hat Trump auf seiner Seite, den Palantir-Chefberater Jacob Helberg ebenfalls. Palmer Luckey, Gründer des Computerbrillenherstellers Oculus VR, zählt zu Trumps Truppe, die das ursprünglich den Demokraten zugeneigte Silicon Valley für die Republikaner aufgerollt hat. Da wird Alphabet beziehungsweise Google blass und schweigt Mark Zuckerberg mit Meta stille. Facebook und Instagram, die Trump nach dem Sturm aufs Kapitol im Januar 2021 gesperrt hatten, haben ihn schon im Fe­bruar 2023 wieder zugelassen.

Jeff Bezos dreht gerade noch rechtzeitig bei

Als Letzter in der Reihe hat der Amazon-Gründer Jeff Bezos den „Wind of Change“ mitbekommen und erkannt, dass er mit seinem 250-Millionen-Dollar-Schnäppchen-Investment in die „Washington Post“ auf einem Flaggschiff der old media economy unterwegs ist, mit dem er gegen die Macht von Social Media wenig ausrichtet. Gerade noch rechtzeitig vor dem Wahltermin hat er dem Blatt verordnet, die traditionelle Wahlempfehlung – die für Kamala Harris ausgefallen wäre – nicht abzugeben. Das sei im Sinn der Meinungsfreiheit und diene dazu, Glaubwürdigkeit und Vertrauen zurückzugewinnen, sagte Bezos. Dass ihm dabei keine meterlange Nase gewachsen ist, muss einen wundern. Er will auf der Seite der Sieger und im Club der einem Autokraten wie Trump zugeneigten Milliardäre kein Außenseiter sein, dem das Geschäft um die Ohren fliegt.

Nun geht die Tesla-Aktie durch die Decke, „Spiel, Satz und Sieg“ jubelt Elon Musk auf X, „die Prophezeiung hat sich erfüllt“. Er hat viel dafür getan, dass sie sich erfüllt, und er wird alles dafür tun, dass sie für mehr als vier Jahre gilt. Der Verschwörungsastronaut startet jetzt erst richtig durch. Wo hatte Joe Biden noch seinen Rückzug als Präsidentschaftskandidat verkündet? Die „Washington Post“ war es nicht. Es war die Plattform X, die Elon Musk als das ausgibt, wonach Donald Trump sein eigenes Social-Media-Vehikel genannt hat: „Truth Social“. Ein wirklich gutes Investment.