

Wilhelmshaven ist die größte Stadt am Jadebusen. Die Kaiser-Wilhelm-Brücke ist ihr Wahrzeichen. Der spätere Deutsche Kaiser, König Wilhelm I. von Preußen, gab der Siedlung ihren Namen. Bis ins Mittelalter war die Gegend noch ein Hochmoor. Verheerende Sturmfluten sorgten dafür, dass sich an der Nordseeküste durch Ausspülung eine große Bucht bildete. Mittels Eindeichungsmaßnahmen erhielt sie schließlich ihre jetzige Form.
„Nachdem das Land Preußen dem Großherzogtum Oldenburg Flächen am Jadebusen abgekauft hatte, entstanden Straßen und Gebäude am Reißbrett. 1869 weihte König Wilhelm I. den Marinehafen ein“, erzählt Gästeführer Jürgen Rode vor dem Denkmal des Stadtgründers in der Nähe der neogotischen Christus- und Garnisonskirche. „Seit 2012 spielt auch der Tiefwasserhafen Jade-Weser-Port eine wirtschaftliche Rolle“, sagt Rode: „In ihm können im Gegensatz zum Hamburger Hafen auch die größten Containerschiffe gezeitenunabhängig und voll beladen anlegen.“ An der „Maritimen Meile“ am Südstrand entwickelte sich aus einer privaten Initiative heraus das Deutsche Marinemuseum. In drei Epochenräumen präsentiert es die Geschichte der Seestreitkräfte von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. Im Außengelände kann man unterschiedliche Schiffe und ein U-Boot erkunden.
Direkt gegenüber befindet sich das Unesco-Weltnaturerbe Wattenmeer Besucherzentrum. Auf drei Etagen taucht man anhand von Fotos, Filmen, Hör- oder Mikroskopstationen in die Welt von Meer und Küste ein. „Die Wattregionen der Nordsee sind die größten der Erde. Sie reichen von Den Helder in den Niederlanden entlang der gesamten deutschen Nordseeküste bis ins dänische Esbjerg“, informiert Lennart Barke, im Haus zuständig für Bildungsarbeit. Unter der Decke schwebt ein 14 Meter langes Pottwalskelett. Wilhelmshaven gilt als Hotspot für Schweinswalsichtungen. Leben im Watt und in den Salzwiesen, Ebbe und Flut, Zugvögel, industrieller Fischfang, Müll im Meer sind weitere Themen der interaktiven Ausstellung.
Einige Kilometer weiter südlich liegt das Nordseebad Varel-Dangast. Landesherr Reichsgraf Wilhelm Gustav Friedrich von Bentinck entschloss sich, das Fischer- und Bauerndorf Dangast 1804 als Seebad nach englischem Vorbild ausbauen zu lassen. Anfang des 20. Jahrhunderts entdeckten Mitglieder der in Dresden gegründeten Künstlergemeinschaft „Brücke“ die kontrastreiche Landschaft unter dem weiten Himmel. Karl Schmidt-Rottluff, Erich Heckel, Max Pechstein und weitere Maler waren ergriffen von den Lichteffekten über dem Watt, vom Grün der Wiesen und Deiche und vom Rot der Backsteinhäuser und Ziegeldächer.
„Ein idealer Ort für die Meister der Farbe, die Expressionisten. Sie fertigten Ölgemälde, Aquarelle und Holzschnitte“, erläutert Gästeführer Karl-Heinz Martinß entlang des Dangaster Kunstpfads, den man zu Ehren der Maler anlegte. Schautafeln präsentieren Bilder und Kurzbiografien und sind exakt an der Stelle aufgestellt, an der sich die Künstler Inspirationen für ihr Werk holten. „Auf Empfehlung Schmidt-Rottluffs kam 1921 Franz Radziwill nach Dangast“, sagt Martinß: „Dieser war so begeistert, dass er nach zwei Jahren eine Fischerkate in der heutigen Sielstraße kaufte.“ Der gelernte Maurer erweiterte das Gebäude um ein Atelier und blieb 60 Jahre lang bis zu seinem Tod 1983. Sein Malstil entwickelte sich vom gefühlsbetonten Expressionismus zum „Magischen Realismus“. Er vermischte die Wirklichkeit mit visionären, surrealistischen Elementen. Im „Franz Radziwill Haus“ werden jährlich wechselnde Ausstellungen gezeigt.
Weiter geht es auf die östliche Seite des Jadebusens. Entlang des Ufers ist immer wieder der rot-weiße Leuchtturm Arngast Blickfang. Seit 1910 dient er Schiffen zur Orientierung in der Meeresbucht. Das „Oberfeuer Preußeneck“ auf dem Deich in Eckwarderhörne wurde hingegen schon nach 50 Jahren 2012 außer Dienst gestellt. Mit dem zugehörigen Unterfeuer im Watt wies es Schiffen den Weg nach Wilhelmshaven. Nach Errichtung des Containerterminals musste das Fahrwasser angepasst werden. Deshalb waren neue Seezeichen erforderlich. „Durch das Engagement einer Bürgerinitiative konnte das alte Oberfeuer gerettet werden“, berichtet Lutz Timmermann, Vorsitzender der „Stiftung Oberfeuer Preußeneck“, die den Turm inzwischen betreibt. Eine offene Wendeltreppe führt zwischen vier roten Stahlrohrbeinen hinauf zu zwei Aussichtsplattformen.
Ganz oben im Norden der Halbinsel zwischen dem Dorf Langwarden und dem Kutterhafen Fedderwardersiel erstreckt sich der Langwarder Groden. Seit Anfang der 1930er-Jahre war das Marschland durch einen Deich zum Schutz vor Überflutungen vom Fluss der Gezeiten getrennt.
„Durch den Bau des „Jade-Weser-Ports“ und Verstärkung von Hauptdeichen am Jadebusen änderte sich das Landschaftsbild. Laut Naturschutzgesetz muss für derartige Beeinträchtigungen eine Ausgleichsfläche geschaffen werden“, erklärt Timmermann. Also öffnete man den Vordeich am Groden.
Seitdem kann bei Flut wieder ungehindert Salzwasser eintreten. Watt und Salzwiesen entwickeln sich neu. Auf Holzstegen und –brücken steht man mittendrin in der Dynamik der Gezeiten. Bei Hochwasser wirken Teile des Renaturierungsgebiets wie ein großer See. Sechs Stunden später, bei Ebbe, entpuppt sich dieselbe Fläche als eine grau-braune Mondlandschaft. Durchzogen von kleinen Prielen. Grünes Andelgras, Queller und rosa blühender Strandflieder, die eben noch von Wasser umspült waren, machen aus Meer plötzlich Land. Faszinierend!
Die Reise wurde von Tourismus Marketing Niedersachsen unterstützt.
