Wie kam Karl Lagerfeld nach Paris?

Er hatte in seinem Leben noch nicht viel erreicht. Die Schule in Bad Bramstedt hatte er nach der Mitt­leren Reife abgebrochen. Außer Kunst hatte ihn dort wenig interessiert. In den ­Betrieb seines Vaters, Glücksklee, wollte er nicht einsteigen, Kondensmilch langweilte ihn. Lieber vertrödelte er die Zeit, hörte Musik, las, malte und träumte. Aber im ­Dezember 1949 öffnete dem 16-Jährigen eine Modenschau von Dior in Hamburg die Augen: Die Mode, das war’s!

Karl Lagerfeld hatte nun ein Ziel. Er wollte nicht im zerstörten Hamburg bleiben, er wollte nicht ins ebenso trost­lose Berlin, er wollte nach Paris. Endlich erwachte sein Ehrgeiz, er zeichnete und malte wie besessen, Landschaften, Porträts, Bühnenbilder und Kleider, er lernte Französisch, und 1952 ging er in die Stadt der Mode, kurz vor seinem 19. Geburtstag.

Wie mag er sich da gefühlt haben, ganz allein? Wie fand er Freunde? Wie behauptete er sich als Deutscher, nur acht Jahre nach dem Abzug der deutschen Besatzer? Und wie sollte er nun seine erträumte ­Karriere angehen?

Der Comiczeichner und Illustrator ­Simon Schwartz, der wie Lagerfeld aus Hamburg stammt, hat es sich ausgemalt. In der Graphic Novel „Lagerfeld“, die auf der Biographie von F.A.Z.-Redakteur Alfons Kaiser basiert und am 10. Juli erscheint, hat er entscheidende Szenen im Leben des größten deutschen Modeschöpfers nachgezeichnet, der 1933 in Hamburg zur Welt kam, in Paris schließlich bei Chanel Weltruhm erlangte und 2019 starb.

Wie fühlte Karl Lagerfeld sich in Paris, ganz allein und nur acht Jahre nach dem Abzug der deutschen Besatzer?
Wie fühlte Karl Lagerfeld sich in Paris, ganz allein und nur acht Jahre nach dem Abzug der deutschen Besatzer?Verlag C.H. Beck

Wir zeigen hier vorab die Szenen ­seiner frühen Jahre in Frankreich, seiner Freundschaft mit einem anderen Deutschen und seines ersten großen Schritts in die Mode. 1954 nahm er an einem Zeichenwett­bewerb des Internationalen Wollsekretariats teil, einer Organisation zur Verkaufsförderung von Schurwolle (gegen Baumwolle und Kunstfasern). Er gewann in der Mantel-Kategorie, Yves Saint Laurent mit einem Kleid. Ein neues Leben begann. Aber die Dramen hörten nicht auf – sie begannen erst.

Alfons Kaiser, Simon Schwartz: „Lagerfeld. Graphic Novel“. ­Verlag C.H. Beck, 104 Seiten, 22 Euro.
Alfons Kaiser, Simon Schwartz: „Lagerfeld. Graphic Novel“. ­Verlag C.H. Beck, 104 Seiten, 22 Euro.C.H. Beck