Wie Forschungsministerin Dorothee Bär Deutschland flott machen will – Wirtschaft

Diese Absätze! Diese Outfits! Diese Dauerpräsenz in den sozialen Medien! Und immer gut drauf! Die CSU-Politikerin Dorothee Bär ist im Laufe ihrer langen Karriere oft nach Äußerlichkeiten beurteilt worden – auch in ihrer eigenen Partei. Während die Oberen die Fränkin schätzten und immer wieder in Spitzenämter beriefen, verabreichten ihr die Delegierten auf Parteitagen gerne mal eine deftige Watschn und bestätigten sie mit für CSU-Verhältnisse miserablen Ergebnissen.

Nun hat Dorothee Bär, 47, ihr bisher höchstes Amt inne, das der Ministerin für Forschung, Technologie und Raumfahrt. Außerdem wurde die Agentur für Sprunginnovationen, bisher im Wirtschaftsministerium angesiedelt, ihrem Ressort zugeschlagen. Aber eines ist geblieben: „Ich würde mich als Bürgerin lieber von gut gelaunten Politikern regieren lassen, als von solchen, die immer sagen, wir stehen einem Meter entfernt vom Abgrund“, sagt sie beim Wirtschaftsgipfel der Süddeutschen Zeitung. Und man müsse sich eben auch mal etwas trauen, „den Sprung ins Unbekannte wagen“.

Gute Laune darf man bei Dorothee Bär aber nicht verwechseln mit Oberflächlichkeit. Wenn sie herunter rattert, was sie in ihrem Ministerium bereits alles angestoßen hat, wie sie sich mit anderen Häusern vernetzt, um den Anliegen mehr Gewicht zu geben, stellt sich eher der Eindruck ein, dass da jemand schon weiß, was sie will und mit großem Einsatz daran arbeitet – nur eben stets mit einem Schuss guter Laune.

An der fehlt es ihrer Meinung nach ohnehin, nicht bloß in der Politik, sondern überhaupt in Deutschland. In der Hinsicht nämlich, dass „jedes Kind mit Nasa-Schlafanzügen herumrennt. Aber wir können doch auch stolz sein auf die Esa.“ Auf die europäische Raumfahrtagentur also. Aber die Deutschen seien sich nicht nur zu wenig bewusst, wie gut das Land in vielen Bereichen ist, sondern redeten sich auch noch selbst schlecht. Dabei sei Deutschland in vielen Bereichen weltweit führend, etwa beim Satellitendienst Kopernikus oder bei der Navigation mit Galileo.

Das Thema Raumfahrt muss Bär oft genug verteidigen, etwa in ihrem Wahlkreis, der ländlich geprägt ist. Sie klärt dann eben auf, dass Satelliten auch wichtig sind für Umwelt und Landwirtschaft. Und dann ist da natürlich auch noch das Thema Souveränität: „Wenn wir keine Souveränität haben“, sagt sie mit Bezug auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine, „dann kann eben ein Tech-Milliardär bestimmen, ob er Daten freigibt oder nicht.“

„Die Bürger wollen doch, dass wir zusammenarbeiten“

Sie würde sogar selbst in eine Rakete steigen, auch wenn ihr Mann das nicht zuletzt wegen der drei gemeinsamen Kinder für keine so gute Idee hält. Das könnte allerdings noch dauern, immerhin aber hält sie für nicht ausgeschlossen, dass deutsche Astronauten in fünf bis sieben Jahren zum Mond fliegen könnten.

Sie weiß aber auch, dass ihre Aufgaben erst einmal hier auf der Erde auf sie warten. Wichtig ist ihr dabei, mit den Kolleginnen und Kollegen im Kabinett gut zusammenzuarbeiten. Eitelkeiten und Befindlichkeiten hätten da nichts zu suchen, findet sie: „Die Bürger wollen doch, dass wir zusammenarbeiten und uns nicht streiten.“

Ihre höchste Bekanntheit vor dem Amt als Bundesministerin hatte Bär im letzten Kabinett Merkel erreicht. Weil man sich zu einem vollausgestatteten Digitalministerium nicht hatte durchringen können, ernannte man sie zur Staatsministerin im Kanzleramt für Digitales. Dass das nicht funktionierte, lag kaum an Dorothee Bär, sondern daran, dass ihr weder Geld noch Macht noch genug Mitarbeiter zur Verfügung standen. Als Königin ohne Land reiste sie durch selbiges, verstand sich als gut gelaunte Botschafterin für alles Digitale von künstlicher Intelligenz bis hin zu Computerspielen, die sie auch selbst gerne zockt. Viel bewirken konnte sie allerdings nicht. Nun als Ministerin ist das anders. Sie wird sich aber auch an den Ergebnissen messen lassen müssen.

Die Wissenschaft ermutigt sie, zu gründen. „Mit guten Ideen darf man ruhig auch Geld verdienen“. Bereits nach 80 Tagen hat das Kabinett Merz eine Hightech-Agenda verabschiedet. Diese setzt explizit darauf, vom Gießkannenprinzip wegzukommen und stattdessen einzelne Cluster zu fördern, etwa für Quantencomputer, künstliche Intelligenz oder Fusionsenergie. Ob es letztere jemals in die Praxis schaffen werde? Bär hält es für möglich, „das kann schon funktionieren, aber wir müssen erst einmal in Vorleistung gehen.“ Mal etwas wagen eben.