
80 Jahre „Süddeutsche Zeitung“, das schreit nach einer Einordnung. Das Universum gibt es seit knapp 14 Milliarden, die Erde seit etwa 4,5 Milliarden, den Homo sapiens seit mindestens 300 000 Jahren. 80 Jahre sind also nicht sehr viel. Die Wissenschaftsredaktion der SZ ist sogar erst 57 Jahre alt. Gemessen daran hat sie erstaunlich viel erlebt: die Corona-Pandemie, diverse Atomunfälle und durch den Klimawandel bedingte Wetterkatastrophen, die Mondlandung!
1968 erschien die erste Wissenschaftsseite in der SZ. Sie enthielt noch ein Sammelsurium an kurzen Meldungen: Bodenfische in antarktischen Gewässern könnten dank winziger Aragonit-Kristalle im Gehörgang hören, hieß es etwa. Zuckerwasser schütze Blumen nach dem Pflücken „oft“ vor dem Verwelken. Und Tee helfe gegen Atherosklerose (zumindest bei Kaninchen). Dieses Faible für das Abseitige findet hat sich die Redaktion erhalten, der Umgang damit hat sich aber geändert: An die Stelle der Kurzmeldung ist die Einordnung getreten, die Analyse durch einen Fachredakteur.
Doch „das Wissen“, wie es in der SZ meistens heißt, interessierte sich von Anfang an auch für die großen Entwicklungen. Neben den kürzeren Texten stand damals ein geradezu visionäres Interview mit dem Kybernetiker und Bestsellerautor Karl Steinbuch über die Frage, ob die Menschheit auf das Leben mit Computern vorbereitet ist (Steinbuch meinte: Nein). Der Experte sagte, eines Tages würden die Menschen unweigerlich von Computern regiert, daher müsse man den Maschinen Moral einprogrammieren. Steinbuch hat sich später zunehmend politisch betätigt, ganz rechts außen. Vor 20 Jahren ist er gestorben. Die Thesen seines Interviews sind besser gealtert, künstliche Intelligenz beschäftigt das SZ-Wissen heute mehr denn je.