
Traurige Tage auf den Fluren der FDP-Fraktion im Bundestag. Die Abgeordneten räumen ihre Büros. Manche Namensschilder fehlen schon. Vor verschlossenen Türen stehen Umzugskartons, hin und wieder leere Getränkekisten. Sprudel, Bier, was man eben so trinkt, wenn Tage und Abende lang sind. Anruf beim Sprecher der Fraktion, Moritz Cvoro, 30, einem unverwüstlich heiteren Friesen mit Landwirtschaftshintergrund, der sich noch in dunkelsten Stunden mit einem zuversichtlichen „Moin“ meldet. „Moin“, so auch jetzt.
Frage: Stehen bei Ihnen irgendwo noch halb leere Flaschen von Gelagen der letzten Tage herum, die man als stumme Zeugen des Abschieds fotografisch dokumentieren könnte?
Antwort: Wenn, dann leere Flaschen. Sie wissen ja, wir machen keine halben Sachen!
Donnerstag Nachmittag in Cvoros Büro. Der Gastgeber kann immerhin noch mit einer kleinen Flasche gekühlter Coke aufwarten. Im Papierkorb steckt malerisch eine leere Pappkiste, in der einmal „Plantation“-Rum-Flaschen waren. Lange her, meint Cvoro. Die Kiste wurde irgendwann mal geleert und jetzt endlich entsorgt. Auf dem Tisch prunkt ein nostalgisches Metallschild: „Wer Bier trinkt, hilft der Landwirtschaft!“ Ein stummer Zeuge der Kompromissbereitschaft der FDP.

Cvoro ist nämlich eigentlich Weintrinker. Die letzten Weinvorräte wurden schon am Montag vernichtet. Da tobte auf den Fluren der Fraktion die große Abschiedssause: Vorratsschränke auf, alles muss raus! Es ging „bis nach zwölf“, sagt Cvoro, bis zuletzt diplomatisch. Danach war für die meisten Schicht im Schacht. Der Abgeordnete Karlheinz Busen etwa, bekannt für die in seinen Büroräumen klandestin betriebene sogenannte Busen-Bar, absolvierte wie alle anderen noch die Sondersitzung des Bundestags am Dienstag und reiste danach ab. Ein Besuch sei nicht mehr möglich, teilt er der F.A.S. per SMS mit. „Büro ist auch schon ausgeräumt! Ging alles doch sehr schnell. Schade.“
Auch Cvoro ist wehmütig. Er lässt Weinabende im Büro Revue passieren. Öfters habe man sich mit Kollegen Getränke liefern lassen, das sei praktischer gewesen, als noch auszuschwärmen. Aber auch das habe es gegeben: ins „Gaffel“-Brauhaus oder die „Ständige Vertretung“, was eben so in der Nähe liegt. Auch an diesem Abend geht es noch ein letztes Mal rund: Abschied von den engsten Kollegen. Dann kommen andere Zeiten. Cvoro muss sie nicht fürchten, er ist kein Parteisoldat. Früher arbeitete er bei einem Landmaschinenhersteller, jetzt will er ein paar Monate im elterlichen Betrieb bei der Ernte helfen. Weinselige Abende inklusive.