Weniger Millionäre in Deutschland, USA verzeichnen Anstieg

Normalerweise ist es jedes Jahr gleich. Wenn die Unternehmensberatung Capgemini in Frankfurt im Frühsommer ihren „World Wealth Report“ vorstellt, eine auf zahlreiche Datenreihen und Umfragen gestützte globale Bilanz der Entwicklung der großen Vermögen, dann wird über zwei Erkenntnisse berichtet: dass mit dem wachsenden Wohlstand in vielen Teilen der Welt auch die Vermögen und die Zahl der Millionäre gestiegen sind. Und dass die Deutschen aufgrund ihrer etwas konservativeren Form der Geldanlage im Vergleich zu anderen Ländern einiges an Rendite verschenkten.

Bemerkenswerterweise war das in diesem Jahr anders, als am Dienstag Carina Leidig und Klaus-Georg Meyer von Capgemini den Report für 2025 vorstellten. Zum einen konnte vermeldet werden, dass Deutschlands reiche Leute im vergangenen Jahr größere Teile ihres Vermögens als früher in Aktien hielten. Inzwischen kommen sie auf einen Aktienanteil von rund 22 Prozent. Zum anderen galt es aber auch zu berichten, dass die Zahl der Millionäre in Deutschland rückläufig gewesen ist. Das hatte es das letzte Mal in der Pandemie und in der Weltfinanzkrise gegeben. Berücksichtigt werden in dem Report dabei sogenannte High Net Worth Individuals, das sind Menschen mit einem investierbaren Vermögen von umgerechnet mindestens einer Million Dollar, ohne Berücksichtigung selbst genutzter Immobilien und Sammlungen.

Von diesen Dollarmillionären gab es im vergangenen Jahr in Deutschland 1.605.000, nach 1.646.000 im Jahr davor. Das war ein Rückgang um 2,5 Prozent. Ganz anders die Entwicklung in den Vereinigten Staaten: Dort stieg die Zahl der Dollarmillionäre von 7.431.000 im Jahr 2023 auf 7.993.000 im Jahr 2024. Das ist ein Plus von 7,6 Prozent. Auch global betrachtet stieg die Zahl der Millionäre als auch deren gehaltenes Vermögen. Der Bericht kommt auf 23,4 Millionen Millionäre in aller Welt, das war ein Plus gegenüber dem Vorjahr von 2,6 Prozent. Ihr Vermögen zusammengerechnet betrug demnach 90,5 Billionen Dollar. Das war ein Plus im Vergleich zum Vorjahr von 4,2 Prozent.

Eine Zunahme der Millionärszahlen gab es vor allem in den Regionen Nordamerika mit den USA und Kanada sowie Asien-Pazifik. In Europa insgesamt war die Zahl rückläufig, wenn auch nicht überall so stark wie in Deutschland. Auch im Mittleren Osten und in Lateinamerika gab es weniger Millionäre als im Vorjahr. In Afrika dagegen ist die Zahl – von sehr niedrigem Niveau aus – leicht gestiegen.

Deutsche Immobilien verlieren an Wert

Der Report beschäftigt sich vor allem mit den aggregierten Daten für ganze Volkswirtschaften. Es gibt daher auch keine Befragung einzelner Millionäre in Deutschland, warum sie denn nun im vergangenen Jahr tragischerweise aus der Statistik geflogen sind. Dieser Aspekt bleibt also ein wenig der Spekulation überlassen. Kurzfristige Veränderungen des Wechselkurses seien nicht die Ursache der rückläufigen Zahl, versicherte Capgemini. Das spiele für den Report aus methodischen Gründen keine Rolle.

Am deutschen Aktienindex Dax kann es auch nicht gelegen haben, wie der Report ausführt. Der deutsche Leitindex hatte sich mit einem Plus auf Jahressicht von 18,6 Prozent sogar deutlich besser geschlagen als Aktienindizes in vielen anderen Teilen der Welt. Ohnehin ist es natürlich nicht so, dass deutsche Millionäre nur in den Dax investieren und ausländische Millionäre niemals. Das deutsche Bruttoinlandsprodukt allerdings war im vergangenen Jahr um 0,2 Prozent geschrumpft. Die Folge mögen Millionäre, die kleine Unternehmen besitzen, aber auch andere vermögende Haushalte durchaus gespürt haben.

Vor allem aber gab es bei Immobilien in Deutschland im vergangenen Jahr einen Preisverfall. Das hält man bei Capgemini für einen möglichen Faktor, der den Rückgang der Zahl der Millionäre mit erklären könnte. Zwar werden selbst genutzte Immobilien im „World Wealth Report“ nicht mit in das investierbare Vermögen eingerechnet. Aber wer ein, zwei Häuser vermietet hat, mag auch nach dieser Berechnungsweise im Jahr 2024 durch den Hauspreisverfall einen Vermögensverlust erlitten haben – und auf diese Weise rechnerisch aus der Millionärsstatistik geflogen sein.

Bei alldem scheint es einen Konzentrationsprozess gegeben zu haben, wie Meyer ausführte. Die Millionäre mit einem besonders großen Vermögen haben dieses noch ausweiten können, die „Millionäre von nebenan“, wie sie im Report etwas lässig genannt werden, hatten es da anscheinend schon schwerer. Im Report ist die Rede davon, das Vermögen aller Millionäre in Deutschland zusammengerechnet habe von 2023 auf 2024 schon leicht zugenommen, um 0,5 Prozent auf umgerechnet 6,32 Billionen Dollar. Nur die Zahl der Millionäre sei rückläufig gewesen.

Frauen erben insgesamt mehr

Die Folgen der jüngsten Zölle von US-Präsident Donald Trump sind in diesen Zahlen noch nicht enthalten. Die meisten Daten stammen aus dem vorigen Jahr, die jüngste Umfrage aus dem Januar, als Trump sein Amt antrat. „Zuerst haben die Finanzmärkte ja sogar positiv auf die Trump-Wahl reagiert“, erinnert sich Meyer: „Bis er dann sein Lieblingswort entdeckte, tariffs, Zölle.“ Noch sei nicht absehbar, ob die wirtschaftlichen Folgen der Trump-Politik die Millionärszahl in den USA dieses Jahr signifikant beeinflussen werden. Den ersten Platz bei dieser Kennzahl in aller Welt würden die Vereinigten Staaten aber so schnell nicht verlieren, dazu sei der Abstand zum Zweitplatzierten, Japan, zu groß. Immer mal diskutiert worden sei hingegen, ob China irgendwann Deutschland überholen werde, sagte Meyer. Das sei bislang aber nicht passiert, der Abstand betrage noch rund 100.000 Millionäre.

Spannend dürfte es werden, wenn erhebliche Teile der großen Vermögen vererbt würden, sagte Leidig – weil die junge Generation oftmals anders damit umgehe. 83,5 Billionen Dollar würden in aller Welt voraussichtlich in den nächsten zwei Jahrzehnten vererbt. Davon gingen 56 Prozent an Frauen. Aber nicht weil die Millionäre alle im Testament ihre Töchter bevorzugten – sondern weil ihre Frauen sie häufig überlebten.