Wehrdienst: Merz hält Wiedereinführung der Wehrpflicht für wahrscheinlich

Bundeskanzler Friedrich Merz hat sich in der ARD-Sendung Caren Miosga für den im Koalitionsvertrag vorgesehenen sogenannten Freiwilligen Wehrdienst ausgesprochen, hält in Zukunft aber eine Pflicht für wahrscheinlich. „Ich bin dafür, dass wir das machen, was wir im Koalitionsvertrag
verabredet haben, nämlich vorläufig freiwillig. Aber ich vermute, es
wird bei Freiwilligkeit allein nicht bleiben“, sagte Merz in der Sendung. Zudem forderte der Kanzler die Einführung eines gesellschaftlichen Pflichtjahres, für das es allerdings eine Grundgesetzänderung brauche.

Zuvor hatte Merz erklärt, warum er die Beratung über das neue Wehrpflichtgesetz im Bundestag um eine Woche verschoben habe. Die beiden Bundestagsfraktionen hätten verabredet, dass man sich nun eine Woche mehr Zeit für die Beratungen nehme. Streitpunkt ist, dass die Union in dem vom Kabinett beschlossenen Gesetzentwurf einen Automatismus verankern möchte, dass der zunächst freiwillige Wehrdienst verpflichtend wird, wenn sich nicht genug Freiwillige für die Bundeswehr melden. Die SPD lehnte dies bislang ab. 

Auch Merz will den Entwurf zunächst so umsetzen. „Boris Pistorius hat in einem Punkt völlig recht: Wir haben zurzeit die Ausbilder nicht, wir haben die Kasernen nicht. Das ist alles nicht mehr da, das muss jetzt alles neu aufgebaut werden“, sagte er in der ARD

Unionspolitiker fordern Wehrpflicht, SPD lehnt dies ab

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte am
Wochenende seine Kritik am Gesetzentwurf zum Wehrdienst erneuert und von einer
„Wischiwaschi-Wehrpflicht“ gesprochen
. Auch andere Unionspolitiker
sprachen sich deutlich für eine Wehrpflicht aus. Aus der SPD kam Kritik an den
Äußerungen. „Wir haben uns in der Koalition gemeinsam auf einen klaren Weg
verständigt: Der neue Wehrdienst wird freiwillig sein. Punkt“, sagte
SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf dem Magazin stern. „Wer wieder und
wieder Debatten aufwärmt, schwächt die Glaubwürdigkeit der Politik und
verunsichert junge Menschen“, fügte er hinzu.

Die Bundeswehr benötigt etwa 80.000 zusätzliche
aktive Soldatinnen und Soldaten, um die Vorgaben der Nato zu erfüllen. Das Militärbündnis hält für die Truppe eine Größenordnung
von 260.000 für erforderlich, um einem Angriff etwa Russlands
standzuhalten. Von derzeit etwa 350.000 jungen Männern pro Jahrgang müssen laut Merz daher nicht alle gemustert und eingezogen werden. Zugleich würden ebenso viele junge Frauen nicht eingezogen, weil das Grundgesetz dagegen stehe. In diesem Zusammenhang sprach sich Merz für ein gesellschaftliches Pflichtjahr aus.

Höhere Kosten für Altersvorsorge und Sozialversicherung

Abseits von der Wehrpflichtdebatte sprach Friedrich Merz geplante Reformen bei der Alters- und Gesundheitsvorsorge an. „Wir wollen eine Reform machen, dass wir eine stabile, verlässliche Altersversorgung haben“, sagte er. Dabei verwies der Bundeskanzler allerdings auch auf steigende Beiträge. „Unsere Bevölkerung wird für Rente, für Altersversorgung, … für die Gesundheit und … für die Pflege in Zukunft mehr vom verfügbaren Einkommen aufwenden müssen“, kündigte der CDU-Vorsitzende an. Aber es müsse dabei gerecht zugehen. 

Die Bundesregierung wolle versuchen, die Beitragssätze wie für die gesetzliche Rentenversicherung durch Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt bis Anfang der 2030er-Jahre stabil zu halten. Es könne aber sein, dass man den Menschen abverlangen werde, mehr für ihre private Altersversorgung zu tun als heute. „Ich bin persönlich ein Befürworter eines Pflichtbeitrages in eine private kapitalgedeckte Altersversorgung“, sagte Merz zudem. Das Kabinett wolle im Herbst 2026 Vorschläge für eine grundsätzliche Reform des Rentensystems vorlegen.

Aufgrund der demografischen Entwicklung sowie des Arbeitskräftemangels würden ab dem nächsten Jahrzehnt große Probleme auf die Rentenfinanzierung zukommen, warnte Merz. Der CDU-Vorsitzende wies jedoch einen Vorschlag von Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) zurück, das gesetzliche Renteneintrittsalter über 67 Jahre hinaus zu erhöhen.

Es müsse aber auch über Einschnitte bei der Pflegeversicherung geredet werden, sagte der Kanzler. Derzeit gebe es keine Vorschläge zur Streichung der ersten Pflegestufe. Aber dennoch: „Wir müssen bei der Pflegeversicherung sparen. Und zwar relativ kurzfristig, weil wir die Beiträge nicht erhöhen wollen zum 1. Januar. Und deswegen diskutieren wir über alle Optionen.“