Was macht Springers Global Reporters Network? Dein Lese-Letter zur Wochenmitte von Medieninsider

Schön, dass du dabei bist! Was dich in dieser Woche unter anderem im Lese-Letter erwartet:

Springer zieht sein Global Reporter Network hoch – doch was genau soll das eigentlich sein? (Editorial)

Eine nationale Medienmarke für alle Regionalverlage? So stellt sich Manager und Aufsichtsrat Friedrich Joussen die Zukunft vor – Verleger Kai Röhrbein sieht das kritisch (direkt zum Artikel)

Von wegen veraltet: Alexandra Borchardt listet Literaturklassiker auf, die jeder Medienmanager kennen sollte (direkt zum Artikel)

Was macht Springers Global Reporters Network?

Im April des vergangenen Jahres berichteten wir bei Medieninsider unter der Überschrift Journalismus total global über Mathias Döpfners Wunsch, ein internationales Reporternetzwerk aufzubauen. Bald ein Jahr später vermeldete der Axel-Springer-Konzern dann die Gründung des Global Reporters Network. Weitere acht Monate später stellt sich die Frage: Was – außer dem Label – ist da eigentlich entstanden?

Springer versteht darunter eine „weltweite Reporterallianz“, die für alle Konzernmarken arbeiten und perspektivisch auch gemeinsame Recherchen ermöglichen soll. Eine Allianz ist für gewöhnlich ein Zusammenschluss unterschiedlicher Parteien für eine gemeinsame Sache, in der jede jedoch eigenständig bleibt. Verbunden werden sie durch eine gemeinsame Koordination. Bei Axel Springer gibt es die gleich doppelt: Ex-Welt-Ressortleiter Klaus Geiger leitet das Team operativ, darüber schwebt Politico-Gründer John Harris. Nur: Koordiniert wirkt da offenbar gar nichts. Dafür macht jedes Allianz-Mitglied umso mehr sein eigenes Ding – was völlig unklar macht, wofür das Reporter-Netzwerk eigentlich stehen soll.

Da ist Robin Alexander, einer der namhaftesten Politik-Erklärer des Landes und stellvertretender Chefredakteur der Welt, deren Politik-Berichterstattung nun über ein Kompetenzzentrum unter Leitung von Politico Deutschland organisiert wird. Auftritte im Podcast von Politico Deutschland sind daher vor diesem Hintergrund zu sehen anstatt als Teil des Global Reporter Networks. Darüber hinaus bespielt Alexander weiter seinen eigenen Podcast Machtwechsel und hat abseits von Springer erst im Sommer ein neues Buch veröffentlicht, das fleißig beworben werden muss. Ansätze der Internationalisierung oder Kooperationen? Fehlanzeige.

Ein Sprecher der Tagesschau wechselt zu Springer: Die Verpflichtung von Constantin Schreiber war für den Medienkonzern ein Scoop. Seit September arbeitet er nun als Global Reporter mit Sitz in Israel. Unglücklich, dass er ausgerechnet in den vergangenen Tagen durch Abwesenheit auffiel. Rund um den Jahrestag des 7. Oktober und der anhaltenden Nachrichtenlage zum Friedensplan berichtete er nicht aus Israel, sondern tourte mit seiner (wohl bemerkt lang im Voraus geplanten) True-Crime-Show durch Baden-Württemberg und Bayern. Am Tag der Freilassung der israelischen Geiseln schaltete er aus dem Berliner Studio statt aus Tel Aviv.

Die nahtlose Berichterstattung aus Israel leistet seit Tagen hingegen Paul Ronzheimer, der macht, was er immer macht – senden auf allen Kanälen. Der Kriegs- und Krisenreporter ist so etwas wie die Blaupause der Global Reporters und doch weiter vor allem Einzelkämpfer. Mit seinem kleinen Kernteam bespielt er zwar von Bild, über Welt bis Politico sämtliche Medienmarken von Axel Springer, stärkt damit vor allem aber eines: sich selbst.

Über das Springer-Netzwerk international vertreten ist auch Tim Röhn, seines Zeichens wiederum Investigativchef der sich Mitten im Umbruch befindlichen „Premium-Gruppe“ (Welt, Politico Deutschland, Business Insider Deutschland). Seit Mai berichtet er auch als Global Reporter aus den USA. Zuletzt hat er vor allem im Team bei Politico publiziert, einige Texte erschienen auch bei Bild.

Und dann gibt es da noch die beiden Mitglieder aus den USA, die dem Global Reporters Network seit Beginn angehören und gar nicht durch Berichte auffallen, sondern vor allem durch Meinung – wenn sie denn publizieren.

► Ayaan Hirsi Ali ist ehemalige Politikerin, heute vor allem als Frauenrechtlerin und Publizistin bekannt, die sich kritisch mit dem Islam befasst. Ihr letzter Beitrag im Springer-Netzwerk: Islamische Gesellschaften haben ein anderes Verhältnis zur Gewalt. Es war ihr bislang einziger Text im Jahr 2025, der im Januar und damit noch vor der offiziellen Mitteilung zum Launch der Global Reporters erschien.

Mit Stolz verkündete man auch die Verpflichtung von James Kirchick, der in der Vergangenheit auch schon für die New York Times geschrieben hat. Auch Kirchiks Beitragsdichte ist überschaubar. Sein letzter erschien vor vier Wochen bei Welt und Bild. Darin befasste er sich damit, wie die Tötung von Charlie Kirk zur Geburtsstunde einer „transatlantischen Rechten“ wurde.

Auf Anfrage von Medieninsider erklärt ein Konzernsprecher, Axel Springer sei mit der Arbeit des Networks „sehr zufrieden“, die investigativen Recherchen und Meinungsstücke würden über alle Medien hinweg genutzt. „Die Beiträge des Reporternetzwerks sind ein Angebot an die Redaktionen. Ein Veröffentlichungszwang besteht natürlich nicht – welche Stoffe die Chefredakteurinnen und Chefredakteure veröffentlichen, unterliegt allein ihrer redaktionellen Entscheidung. Die Global Reporter arbeiten sowohl einzeln als auch vernetzt – je nachdem, was am besten für die Geschichte ist.“

Fazit: Springer baut das Network weiter aus, doch sein größtes Problem bleibt: eine eigene DNA zu finden. Die internationale Springer-Allianz ist bislang kein Zusammenschluss aus Teamplayern, sondern ein Pool voll Solisten. Sie besteht aus Journalisten, denen man einerseits etwas Neues bieten musste, um sie zu halten, und andererseits aus solchen, mit denen sich Springer neue Relevanz einhauchen will. Vieles von dem, was das Network leistet, wäre auch ohne das Label möglich. Das größere Ziel steht höchstens auf einem Blatt Papier. Von systematischem Austausch und der Nutzung der globalen Power fehlt bislang jede Spur. Neben Branchengrößen wie dem OCCRP oder dem ICIJ – und solche Vergleiche wurden auch intern immer wieder gezogen – wirkt das Global Reporters Network nicht mehr wie ein netter Treff aus Korrespondenten und Kommentatoren. Und damit wie Symbolpolitik.

Das einzig erkennbare Kalkül, das aufzugehen scheint: Mit dem Global Reporters Network stützt Springer-Chef Döpfner, was einzelne Global Reporter auch schon vorher geschafft haben: zur eigenen Personen- bzw. Medienmarke zu werden. Bleibt die Frage, wem das am Ende eigentlich mehr nützt.

Von 22.-24. Oktober wird München wieder zum Treffpunkt der nationalen und internationalen Medienbranche. Bei den MEDIENTAGEN MÜNCHEN 2025 unter dem Motto „WTFuture?!“ erwarten uns über 350 Speaker in mehr als 100 Sessions. Welche Programm-Highlights dieses Jahr mit dabei sind, erfahrt ihr hier.

Journalistische Umfelder stärken Marken – weg von der ROMI-Fixierung, hin zu Upper Funnel und Vertrauen. Wie Sie das Oligopol weniger Tech-Konzerne mit nachhaltigem Brand Management durchbrechen, erfahren Sie hier auf editorial.media

Mit unserer Insider-Tour gehen wir kommende Woche, am Tag vor den Medientagen, auf Entdeckungsreise in München und blicken auf die Strategien und Erfahrungen zahlreicher Medienhäuser. Führungskräfte und KI-Spezialisten geben uns Einblicke in ihre Strategien, diskutieren über Chancen, Risiken und noch ungehobene Potenziale.

Das Fokus-Thema von Cécile Schneider, Product Lead AI + Automation Lab beim Bayerischen Rundfunk: Wie neue Angebote für Nutzer entstehen und KI das Community-Management verändert.

Außerdem sind mit dabei:

Markus Knall, Chefredakteur Ippen Media

Markus Grabichler, Projektkoordinator KI-Integration, Senior Innovation and Research beim Spiegel

Katharina Happ, KI-Managerin Redaktion Web.de

Marco Parrillo, CEO Ebner Media Group

Dr. Wieland Holfelder, Leiter des Entwicklungszentrums von Google

Highlight: Eine Diskussionsrunde, in der es konkret um die Frage gehen wird, wie Publisher auf die Veränderungen des digitalen Ökosystems durch Large-Language-Modelle und AI-Overviews reagieren können. Auf dem Panel sind Paul Zernitz (Manager News Partnerships, DACH, Google), Dennis Ballwieser (CEO Wort & Bild Verlag), Markus Knall und Marco Parrillo. Moderation: Alexandra Borchardt

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Werben im Lese-Letter

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Neues Lokalportal für die junge Zielgruppe – und alles ist wie immer

Der Funke Mediengruppe ist in den vergangenen Monaten etwas Bemerkenswertes gelungen. Mit dem Account talzeit hat ein autarkes Team einen soliden Instagram-Kanal aufgebaut, der die ein junges Publikum gezielt mit Nachrichten aus Wuppertal in Nordrhein-Westfalen versorgt. Knapp 13.000 Follower zählt das lokaljournalistische Projekt und erreicht laut Funke monatlich rund eine Millionen Instagram-Impressions. Das kann sich genauso sehen lassen wie die Inhalte – jung und direkt in der Ansprache, kreativ in der Themenauswahl mit Lust auf den ein oder anderen Trend, um von den Funktionsweisen der Plattformen zu profitieren. Und jetzt? Jetzt macht Funke, was Verlage so häufig machen – in alte Muster verfallen.

Seit dieser Woche ist talzeit nicht nur bei Instagram aktiv, sondern auch mit einer eigenen Plattform. Das ist sinnvoll, um Nutzer langfristig an eigene Kanäle zu binden und die Abhängigkeit von der Plattform zu reduzieren – nur dürfte das hier kaum gelingen.

Zwar spricht Funke-Geschäftsführer Christoph Rüth über talzeit als „Labor für Lokaljournalismus“ und einem „nachhaltigen digitalen Geschäftsmodell“. Tatsächlich kommt die Website aber daher wie viele dieser Portale die nur vermeintlich für junge Zielgruppen aufgebaut sind. Auch hier wird das Kalkül offensichtlich, der Zielgruppe Content unterzujubeln, der eben nicht speziell für sie aufbereitet worden ist, sondern aus „Synergien“ kommt. Und plötzlich ist da gar nichts mehr jung.

Vieles von dem, was ich bei talzeit beobachte, erinnert mich an die Today-Portale, mit denen die VRM Medien im vergangenen Jahr ebenfalls junge Menschen begeistern wollten. Daher muss ich meine Kritik nicht wiederholen, ich hatte sie bereits hier aufgeschrieben.

Im August dieses Jahres hat VRM seine Jugendportale übrigens, wenig verwunderlich, wieder eingestellt.

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