Was das Büro alles können soll

Über das gute alte Büro – seine Aufgaben, seine Ausstattung, seine Schwächen, seine Zukunft – wurde wohl noch nie so viel nachgedacht wie seit der Corona-Pandemie. Danach machte das Homeoffice Karriere, und die Diskussion, ob es Arbeitgebern mehr schadet oder nützt, ist seitdem in vollem Gange. Was die Beschäftigten betrifft, ist man sich weitgehend einig: Die profitieren von der neuen Flexibilität.

Das klassische Präsenzbüro, das Arbeiten nicht von zu Hause aus, sondern unter Kollegen und Kolleginnen, hatte zuletzt wieder mehr Befürworter. In einer neuen Studie der Unternehmen Design Offices aus Nürnberg und Vitra aus der Schweiz wird es sogar als “Kulturort und Produktivitätsmaschine“ gerühmt. Die Autoren sehen schlichtweg ein “Comeback des Büros“. Und das, nachdem es zuvor vielerorts eher als Produktivitätshemmnis gesehen wurde.

Der Büromöbelhersteller Vitra und der Bürovermieter Design Offices – nach eigener Aussage “Marktführer für flexible Work Spaces in Deutschland“ mit rund 260.000 Quadratmeter Büromietfläche in 15 deutschen Städten – wollten vor allem wissen, was moderne Büros heute können sollen. Es geht weniger um Einrichtung oder Größe und mehr um ihre Wirkung und Funktion. Befragt wurden dafür 200 Entscheider auf den Feldern Büroflächen und Büroimmobilien aus mittelgroßen und großen deutschen Unternehmen.

„Das Büro braucht eine neue Legitimation“

Diese sind vor allem der Meinung, dass sich etwas tun muss im Büro – und zwar nicht nur, um gegenüber dem Homeoffice im Vorteil zu sein und Beschäftigten keinen Grund zu geben fernzubleiben und von zu hause aus zu arbeiten. Es geht um Grundsätzlicheres. Was ihre Büroflächensituation betrifft, sehen mehr als ein Drittel der befragten Entscheider “großen Handlungsbedarf“, vor allem in Bezug auf Kostenstruktur, Flexibilität und Ausstattung. “Akuten Handlungsdruck“ sehen in großen Unternehmen sogar 41 Prozent der Entscheider.

Joachim Gripp, Geschäftsführer von Design Offices - das Unternehmen aus Nürnberg vermietet komplett ausgestattete Büroflächen.
Joachim Gripp, Geschäftsführer von Design Offices – das Unternehmen aus Nürnberg vermietet komplett ausgestattete Büroflächen.Simon Koy

„Das Büro braucht eine neue Legitimation“, sagt Joachim Gripp, der Geschäftsführer von Design Offices. Unternehmen hinterfragten zunehmend, welchen Mehrwert ihre Büroflächen leisten. Wer sich hier nicht anpasse, verliere “Effizienz, Arbeitgeberattraktivität und kulturelle Anschlussfähigkeit“. Moderne Büros böten echte Wettbewerbsvorteile.

Büros mit „neuer strategischer Bedeutung“

Die Befragten nannten als aktuelle Nachteile der Büros: zu klein, zu unflexibel, zu schlecht ausgestattet. Hier gelte es anzusetzen. Dass diese so oder so eine wichtige Rolle spielen, finden 86 Prozent der Entscheider – vor allem, wenn es um Kultur und Kommunikation geht (74 Prozent) sowie um Produktivität und Prozesse (73 Prozent). Homeoffice – sogenannte Remote Work – ist in jedem zweiten Unternehmen üblich, allerdings erkennen 76 Prozent der Entscheider spürbare Nachteile: Das Gemeinschaftsgefühl, die spontane Kommunikation und das Vertrauen im Team litten unter der physischen Distanz. Präsenzarbeit gilt ihnen deshalb als unverzichtbar für eine funktionierende Führung, für Innovation und interdisziplinäre Zusammenarbeit. Das wiederum erhöhe den Anpassungsdruck auf Büroflächen.

Allerdings ist es nicht so leicht, Büros auf den neuesten Stand zu bringen – selbst wenn alle die Notwendigkeit erkannt haben. In der Studie ist die Rede von langen internen Entscheidungswegen, einer hohen Zahl von Entscheidungsbeteiligten, begrenzten Budgets und Unsicherheiten, was die mittelfristigen Anforderungen betrifft. Es seien Probleme, die größere Unternehmen mehr träfen als kleinere. Sie fallen in eine Zeit, in der die Autoren herausgefunden haben wollen: “Das Büro steht nicht vor dem Aus, sondern an der Schwelle zu einer neuen strategischen Bedeutung.“