Warum gehen Oktoberfest-Bedienungen auf Tiktok viral?

Auf dem Oktoberfest sieht man Prominente unterschiedlichster Buchstaben-Zusammensetzungen – vom A-Promi bis zum C-Promi ist alles dabei. Jetzt gibt es sogar M-Promis: Prominente, die das Hendl und vor allem die Maß an den Tisch bringen.

Wobei: Berühmt sind diese M-Promis in erster Linie im Internet, auf sozialen Netzwerken wie Tiktok oder Instagram, wo zehnsekündige Videos schneller ­viral gehen als manch eine Wiesn-Grippe nach dem Festzeltbesuch. So hat sich eine Sparte entwickelt, deren Videos hunderttausendfach angeschaut werden.

Was fasziniert die Menschen an den Bildschirmen? Die Kellner? Die Wiesn? Zieht es sie am Ende an den Biertisch? Nachgefragt bei einem, der serviert, kassiert, abräumt – und dabei gefilmt wird.

Wiesnluke arbeitet in der Ochsenbraterei

Wiesnluke, bürgerlich Lucas Inninger, folgen 42.000 Menschen auf Tiktok und 82.000 auf Instagram. Der Dreiundzwanzigjährige aus Bad Aibling arbeitet in der Ochsenbraterei, einem der 14 großen Zelte. Von dort aus gibt er Einblicke in seinen Kellneralltag. Zum Beispiel, wie er den Schlitten, ein großes Tablett voller Teller, auf seiner Schulter zum Tisch trägt. Unterlegt ist das Video „Tag 8/16 als Bedienung auf dem Oktoberfest“ mit Hip-Hop-Beats. Oder wie er sich mit sieben Maßkrügen – pro Hand – durch die Meute schlängelt.

Die Klickzahlen erklärt er sich so: „Weil es unnormal ist, so viel zu tragen, und jeder weiß, wie hart der Job auf der Wiesn ist.“ In seinem zweiten Jahr als Kellner habe er mit den Videos angefangen, es habe super funktioniert. Mittlerweile ist es sein viertes Jahr.

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Das Unnormale will vorbereitet sein. Daher gilt: „Immer in der Früh auf­wärmen, einmal kurz durchdehnen.“ Und dann: „Einmal den Schlitten anheben, die Mitte finden, balancieren und dann halten.“ Als Handwerker – hauptberuflich ist Inninger Metallbauer – habe er eine gewisse Grundkraft. Einen freien Tag hat er während der 16 Tage Oktober­fest nicht. Das hinterlässt Spuren: Auf Instagram postete er ein Story, auf der Medikamente zu sehen sind. Untertitel: „Täglicher Morgen einer Wiesnbedienung.“

Inninger hat aber auch eine andere Vermutung, warum die Menschen seine Videos schauen: „Vielleicht wollen sie auch einfach gerne sehe, wie so was runterfällt.“ Den Schlitten fallen lassen für die Klicks, das würde er aber nicht: „Da liegen dann gleich 300, 400 Euro auf dem Boden.“ Da die Kellner das Essen kaufen und weiterverkaufen, verlieren sie ihr eigenes Geld.

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Was er poste, sei mit dem Zelt abgesprochen, sagt er. Und in den Stoßzeiten sei es ohnehin nicht möglich, zu filmen. Aber wenn es Zeit gebe, frage er seine Kollegen, ob diese ihn kurz aufnehmen könnten. Auf dem Tiktok-Account eines Kollegen sieht man sämtliche Kellner nebeneinanderstehen, im Hintergrund läuft die Musik der Champions League. Das Team scheint eingespielt.

Erst der Job, dann Social Media

Die Betreiberfamilie unterstütze ihn, sagt Inninger. Von der Ochsenbraterei heißt es, die Kooperation habe einen Mehrwert für das Unternehmen. Etwa bei der Akquise neuer Mitarbeiter, extra vergütet werde diese aber nicht. Vielmehr gelte: erst der Job, dann Social Media.

Vonseiten des Oktoberfest heißt es, Social Media gehöre seit Langem zur Öffentlichkeitsarbeit, man wolle junge Zielgruppen damit erreichen. Man wolle die „vertrauensvolle Arbeit mit Content Kreatoren in den kommenden Jahren weiter ausbauen“. Dabei gehe es um die Pflege des „guten Rufs des Oktoberfests“.

Dass Menschen ihn nach einem Foto fragten, komme vor, sagt Inninger. Einen Promibonus, der sich in seinem Trinkgeld widerspiegele, habe er aber nicht. „Für mich ist die Wiesn die schönste Zeit im Jahr.“ Nach ihrem Ende hat er zwei Tage frei. Dann ist er wieder Metallbauer in der Schlosserei Schönberger in Kolbermoor.