
Die Teillegalisierung von Cannabis bringt für die Polizei keine Entlastung – im Gegenteil, die im April 2024 in Kraft getretene Gesetzesänderung erschwert die Arbeit der Beamten. So zumindest lautet die Einschätzung des Polizeipräsidenten für Südhessen, Björn Gutzeit. In Darmstadt gibt es nach seinen Worten bislang nur zwei Vereine, die Cannabispflanzen legal anbauen und die Ernte an ihre Mitglieder austeilen dürfen. Das bedeute, dass die meisten Konsumenten ihr Haschisch und Marihuana weiter auf dem Schwarzmarkt erhielten. Dass der illegale Handel durch die Teillegalisierung keineswegs ausgetrocknet werde, erkenne die Polizei an den großen Mengen, die sie bei Rauschgifthändlern beschlagnahme. Ohne Erlaubnis betrieben Plantagen entdeckten die Beamten ebenfalls immer wieder.
Auch die seit dem vergangenen Jahr geltende Regelung, nach der jeder im öffentlichen Raum bis zu 25 Gramm Cannabis bei sich tragen darf, macht der Polizei die Arbeit schwerer. Denn wenn sich nicht nachweisen lasse, dass die Droge aus einer illegalen Quelle stamme, könne die Polizei nichts gegen das Rauschgift unternehmen und der Besitz habe keine Konsequenzen, sagte Gutzeit bei der Vorstellung der Kriminalitätsstatistik des Polizeipräsidiums in Darmstadt.
Nach den Zahlen der Polizei für das vergangene Jahr ist Südhessen die sicherste Region in Hessen und das im siebten Jahr in Folge, wie Gutzeit hervor hebt. Das lässt sich nach seinen Worten an der Häufigkeitszahl, der Zahl der Fälle auf 100.000 Einwohner, ablesen, die in Darmstadt und den umliegenden Landkreisen bei 4147 liegt. Im hessischen Durchschnitt beträgt der Wert 6046.
Jede dritte Straftat ist ein Diebstahl, wie der Leiter der Abteilung Einsatz des Präsidiums, Manfred Burkart, erläuterte. Rechnet man Betrugsfälle dazu, geht es nach seinen Worten bei jeder zweiten in Südhessen begangenen Straftat um Bereicherung. Besonders einschneidend wirke dabei für die Opfer der Einbruch in die Wohnung, also das Eindringen in den persönlichen Lebensraum.
Die Zahl der Einbrüche liegt mit 793 in Südhessen etwas höher als in den Vorjahren, ist aber geringer als im Jahr 2019 und nur noch halb so hoch wie vor zehn Jahren, wie Burkart sagte. Fast die Hälfte aller Einbrüche, 43 Prozent, scheitere und es bleibe beim Versuch. Das zeige, wie wichtig eine einbruchssichere Ausstattung der Wohnung sei. Stabile Fenster und Türen schreckten Diebe ab.
Die Täter werden immer professioneller und verwenden bessere Werkzeuge, teilte der Abteilungsleiter mit. Deshalb seien zum Beispiel die Spuren vom Aufhebeln von Fenstern und Türen oft kaum zu gebrauchen. Auch digitale Spuren hinterließen die Einbrecher immer seltener, weil sie kein Smartphone mitnähmen, das sonst versuche, sich am Router einer Wohnung einzuloggen. Autofahrer machten es Dieben leicht, wenn sie den Wagen abstellten, ohne abzuschließen.
In der Statistik zeigt sich nach Burkarts Ansicht auch, dass viele Menschen eine „kurze Zündschnur“ haben, so dass es öfter zu Rohheitsdelikten, also zu Gewalt und Bedrohung, kommt. Diese Deliktart macht in der Statistik 18 Prozent der Taten aus. Burkart sieht als tieferliegenden Grund eine „Verrohung der Gesellschaft“, gegen die nicht allein mit polizeilichen angegangen werden könne.
Viele Fälle von Bedrohung spielten sich dabei im Internet ab, nicht im direkten Kontakt. Angriffe gegen Polizeibeamte haben sich im Jahr 2024 den Daten zufolge weniger ereignet als im Vorjahr, 361 nach 513 Fällen im Jahr 2023. Dafür komme es häufiger zu Angriffen auf Feuerwehrleute und Sanitäter. Die Polizei zählte 32 Fälle im Jahr 2024. Im Jahr davor waren es 13. Den Polizisten hilft laut Gutzeit ihre Ausrüstung. Oft reiche es, den Einsatz eines Tasers, einer Elektroschockwaffe, anzudrohen, um einen Angriff zu verhindern.
Eine deutliche Zunahme sieht die Polizei bei Gewalt gegen Frauen. Die Zahl der Fälle von 1936 ist auf einem Höchststand, es wurden im Jahr 2024 um die Hälfte mehr Taten registriert als 2019, wie Gutzeit ausführte. Bei 1352 der Fälle von Gewalt gegen Frauen handelte es sich um Körperverletzung, ansonsten et um Delikte wie Bedrohung. Bei der häuslichen Gewalt seien die Täter zu 80 Prozent Männer.
Mehr als jede zweite Straftat wird von Deutschen begangen. Bei 43,9 Prozent der Taten sind nach der Statistik die Tatverdächtigen Ausländer. 12,1 Prozent der mutmaßlichen Täter sind Flüchtlinge, 31,8 Prozent andere in Deutschland lebende Ausländer. Daraus dürfen nach Gutzeits Worten aber „keine voreiligen Schlüsse“ gezogen werden. Ausländer seien nicht krimineller als Deutsche. Häufig wohnten Ausländer und Flüchtlinge aber im urbanen Raum, wo Menschen eng zusammen lebten und es mehr Tatgelegenheiten gebe.