Warum der Fall Boateng zur Falle für den FC Bayern werden könnte

Als die Frage zu Jérôme Boateng kam, musste Vincent Kompany kurz schmunzeln. „Ich glaube nicht, dass es ein großes Thema ist, wenn einer drei oder vier Einheiten schaut und sich ein bisschen ausbildet“, sagte der Trainer des FC Bayern zum Plan, seinen Kumpel Boateng demnächst bei sich hospitieren zu lassen: „Wir haben wahrscheinlich im Jahr 20 Leute, die immer kommen und schauen. Deswegen ist es nicht größer zu machen als das.“

Proteste der Fans

Was Kompany und die Münchner Verantwortlichen aber auch wissen: Nicht jeder Hospitant hat die Vorgeschichte eines Jérôme Boateng und wird von der eigenen Fankurve abgelehnt.

Am Samstagabend während des Topspiels gegen Borussia Dortmund (2:1) verliehen die Fans ihrer klaren Haltung Ausdruck, auf Bannern stand geschrieben: „Wer dem Täter Raum gibt, trägt seine Schuld mit – Boateng, verpiss dich!“ Oder auch: „Keine Bühne für Täter“ und: „Kein Platz für Charakterschweine in unserem Verein – Kein Platz mehr für Boateng!“

Vor Gericht: Boateng im  Juli 2024.
Vor Gericht: Boateng im Juli 2024.
© IMAGO/Frank Hoermann / SVEN SIMON
Vor Gericht: Boateng im Juli 2024.

von IMAGO/Frank Hoermann / SVEN SIMON

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Deutlicher geht es nicht. Anlass der Proteste gegen Boateng, der sportlich große Erfolge bei Bayern feierte, 2013 und 2020 jeweils das Triple gewann, ist offenbar ein aktuelles Urteil des Landgerichts München I vom Juli 2024. Der frühere Abwehrstar, der eine Trainerkarriere anstrebt und schon die B-Lizenz hat, war dabei wegen vorsätzlicher einfacher Körperverletzung an seiner Ex-Freundin für schuldig befunden. Als vorbestraft gilt er gesetzlich aber nicht.

Die Vorsitzende Richterin hatte bei der Urteilssprechung verkündet, dass von dem Vorwurf des notorischen Frauenschlägers nichts übrig geblieben sei. Für die erwiesenen Anklagepunkte verhängte sie eine Geldstrafe von 200.000 Euro, eine Verwarnung mit Strafvorbehalt.

Dreesen reagiert

Es gab zudem einen weiteren Fall, in dem die Ermittlungen im Frühjahr eingestellt wurden. Dabei ging es um den Vorwurf der Körperverletzung an Boatengs Ex-Freundin Kasia Lenhardt, die sich 2021 in Berlin das Leben genommen hatte. Boateng hat immer bestritten, eine Frau geschlagen zu haben.

Gefordert: Die Bayern-Bosse Herbert Hainer (l.) und Jan-Christian Dreesen.
Gefordert: Die Bayern-Bosse Herbert Hainer (l.) und Jan-Christian Dreesen.
© IMAGO/Jan Huebner
Gefordert: Die Bayern-Bosse Herbert Hainer (l.) und Jan-Christian Dreesen.

von IMAGO/Jan Huebner

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Bayerns Vorstandsvorsitzender Jan-Christian Dreesen räumte ein, dass es „ein komplizierter Fall“ sei. Aber: „Ich denke, dass jedem Menschen auch eine Resozialisierung zusteht. Im Übrigen sollte man sich das Urteil mal in Gänze anschauen.“ Dreesen ergänzte: „Es gab jetzt eine Vereinbarung, dass Jérôme einfach einige Trainings mit betrachtet und zuschaut und das ist es dann auch schon. Und dann werden wir weiter sehen.“

Die Hoffnung der Bosse ist wohl, dass das Thema schnell wieder verschwindet, sobald Boateng an der Säbener Straße hospitiert hat. Dabei könnte der Fall Boateng durchaus zur Falle für den Klub werden. Denn: Am 2. November steht die Jahreshauptversammlung an, mit kritischen Wortbeiträgen ist wie immer zu rechnen. Auch zu Boateng?

Bayern-Spitze gefordert

„Das Thema ist gerade aus dem Nichts sehr groß“, meinte Sportvorstand Max Eberl: „Es geht um keine Anstellung, es geht um keine feste Position beim FC Bayern. Es geht einfach darum, sich Trainingseinheiten anzuschauen. Um nicht mehr geht es. Wir würden das billigen. Wir sagen, das ist kein Problem.“ Angesprochen auf die Proteste der Fans, wollte Eberl sich „in der Tiefe gar nicht dazu äußern“.

Doch die Münchner, die sich in der Vergangenheit am Internationalen Tag der Beendigung der Gewalt gegen Frauen engagierten und die Allianz Arena aus diesem Anlass in Orange leuchten ließen, werden wohl nicht drum herumkommen, sich in den kommenden Tagen noch einmal genau mit der Causa Boateng zu befassen.

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