Wahl der Bundesverfassungsrichter: Grünen-Chef wirft Union Kalkül im Umgang mit Brosius-Gersdorf vor

Der Grünen-Vorsitzende Felix Banaszak hat der Union taktisches
Vorgehen bei der verschobenen Richterwahl für das Bundesverfassungsgericht vorgeworfen.
Über den Umgang der Union mit der von der SPD vorgeschlagenen Kandidatin Frauke
Brosius-Gersdorf
für das höchste Gericht sagte Banaszak, er gehe davon aus,
„dass das Kalkül der Unionsführung ist, dass Frau Brosius-Gersdorf weiter, man
muss es so hart sagen, sturmreif geschossen wird und den Rückzug antritt“.

Brosius-Gersdorf sollte vergangenen Freitag im Bundestag
zusammen mit zwei weiteren Kandidaten für das Bundesverfassungsgericht
gewählt werden. Die Wahl wurde jedoch kurzfristig von der Tagesordnung des
Bundestags genommen, weil es in der Union Widerstand gegen Brosius-Gersdorf
gegeben hatte. Die Fraktionsführung konnte die mit dem Koalitionspartner SPD zuvor verabredete Unterstützung nicht mehr garantieren.

„Ich halte das wirklich für hochnotpeinlich, diese ganze
Aktion“, sagte Banaszak. „Das ist in der Geschichte der Bundesrepublik noch
nicht vorgekommen, dass man sich erst auf Kandidaten verständigt, im
Richterwahlausschuss auch wählt und dann sich von einem, ja, man muss es so
deutlich sagen, rechten Mob dazu treiben lässt, anerkannte Leute so zu
diskreditieren.“

Zwischen den Koalitionspartnern CDU/CSU und SPD herrscht seit der verschobenen Wahl ein angespanntes Verhältnis. Stimmen aus der Union haben der
Koalitionspartnerin nahegelegt, nicht an der Kandidatin festzuhalten. Die SPD
lehnt das ab. „Wir haben eine geeignete, eine professionelle und, wie ich
finde (…), beeindruckende Expertin aufgestellt als Richterin für das
Bundesverfassungsgericht“, sagte SPD-Chef Lars Klingbeil am Mittwoch der
ZEIT. Die Vorwürfe gegen Brosius-Gersdorf seien inzwischen ausgeräumt
worden – auch von ihr selbst. Deshalb liege „der Ball jetzt bei der
Union“, sagte Klingbeil.