
Seitdem die Bundesregierung im August
einen Exportstopp für bestimmte Rüstungsgüter nach Israel verhängt hatte, hat sie
neue Ausfuhren an das Land im Wert von mindestens fast 2,46 Millionen Euro
genehmigt. Das geht aus einer Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine
Kleine Anfrage der Linksfraktion hervor. Im Vergleich zu den Vormonaten ist der
Wert demnach stark gesunken. Das Dokument lässt keine Schlüsse darüber zu, ob
die genehmigten Güter im Gazakrieg verwendet werden könnten.
Bundeskanzler Friedrich Merz hatte
am 8. August verkündet, dass Deutschland keine Rüstungsgüter mehr an Israel
liefern werde, die im Gazastreifen eingesetzt werden könnten. In den ersten
fünf Wochen nach dieser Entscheidung sank die Zahl der Exportgenehmigungen für
das Land zunächst auf null, wie eine frühere Regierungsantwort
zeigte. Zusammen mit der neuen Antwort des Wirtschaftsministeriums lässt sich
aus beiden Dokumenten nun ablesen, dass danach neue Genehmigungen erfolgt sind, konkret zwischen dem 12. und 22. September.
Angaben dazu, um welche konkreten
Güter es sich handelt und in welchen Stückzahlen sie nach Israel geliefert werden
sollen, verweigert das Wirtschaftsministerium in seiner Antwort mit Verweis auf
das Staatswohl. Das Ministerium gibt lediglich die Ausfuhrlistennummern der
genehmigten Güter preis, sie lauten A0004, A0005, A0009, A0011, A0013, A0015,
A0021 und A0022.
Dahinter verbergen sich ganze
Kategorien von Rüstungsgütern. Hinter A0004 könnten sich etwa „Bomben,
Torpedos, Raketen, Flugkörper, andere Sprengkörper und Sprengladungen“ verbergen
– oder, was deutlich wahrscheinlicher ist, Ersatzteile für Flugabwehrsysteme. Unter der Kennziffer A0009 ist Marinezubehör kategorisiert, etwa
für Kriegsschiffe und U-Boote. A0011 umfasst „elektronische Ausrüstung“, A0015 kameraähnliche
Geräte wie „Infrarot- oder Wärmebildausrüstung“ und A0021 nicht näher
spezifizierte militärische „Software“. Unter A0022 ist „Technologie“ gefasst,
die „unverzichtbar“ ist für die Herstellung und die Verwendung von „Waffen,
Munition und Rüstungsmaterial“. Darunter könnte laut der entsprechenden Anlage zur Außenwirtschaftsverordnung zum Beispiel
auch Technologie für den Bau von Waffenfabriken fallen („Herstellungsanlagen“).
In Bezug auf mehrere Kennziffern
stellt sich die Frage, auf welcher Grundlage die Bundesregierung davon ausgeht,
dass die Güter nicht im Gazakrieg eingesetzt werden könnten. Etwa bei der Kennziffer A0013: Dahinter können sich verschiedene Panzerungen verbergen, etwa
Helme und Panzerplatten – Ausrüstung, die die israelische Armee im Gazastreifen
benötigt.
Lea Reisner, Sprecherin für internationale Beziehungen der Linksfraktion im Bundestag, kritisierte diese Informationspolitik: „Dass die Regierung dem
Parlament zentrale Informationen
verweigert, ist ein Angriff auf jede demokratische Kontrolle“, sagte sie
der ZEIT. Dass weiterhin Rüstungsgüter in Millionenhöhe für die Ausfuhr nach Israel genehmigt
werden, zeige, dass der angebliche Stopp der Lieferungen „reine
Augenwischerei“ sei, zumal er jederzeit nach Belieben kassiert werden
könne.
Einige Bomben, Pistolen oder Maschinengewehre gelten juristisch als „sonstige Rüstungsgüter“
Kriegswaffen, heißt es in der
Regierungsantwort weiter, wurden nicht genehmigt. Unter diese Unterkategorie
der Rüstungsgüter fallen laut Kriegswaffenliste
etwa vollständige Waffensysteme wie ein ganzes Kampfflugzeug oder ein ganzer Panzer.
Für sie gelten verschärfte Genehmigungsregeln. Teile für solche Waffen sowie einige Munitionsarten, Bomben, Pistolen, Maschinengewehre, ähnliches Kriegsgerät sowie Schutzausrüstung gelten dagegen juristisch als „sonstige Rüstungsgüter“. Insgesamt genehmigten die Ampel-
sowie die Merz-Regierung seit Kriegsbeginn nach dem 7. Oktober 2023 einige Kriegswaffen und eine lange Liste sonstiger Rüstungsgüter für Israel im Gesamtwert von etwa 500 Millionen Euro.
Bundeskanzler
Friedrich Merz hatte den Teil-Exportstopp für Israel im August mit dem harten
Vorgehen der israelischen Armee im Gazastreifen begründet. Nach dem Völkerrecht
darf die Bundesrepublik keine Waffen exportieren, wenn sie Kenntnis davon hat,
dass diese für Kriegsverbrechen verwendet werden. Oder falls durch sie ein
hohes Risiko schwerer Verletzungen des Völkerrechts besteht. Gegen die
deutschen Rüstungsexporte nach Israel laufen mehrere Klagen vor deutschen
Verwaltungsgerichten. Deutschland muss sich zudem wegen des Vorwurfs der
Beihilfe zu Kriegsverbrechen und zu einem angeblichen Völkermord vor dem
Internationalen Gerichtshof (IGH) verantworten.