VW: Personalchef Gunnar Kilian überraschend entlassen – Gründe vielfältig – Wirtschaft

Volkswagen ist der größte Industriekonzern Europas. Weltweit beschäftigt das Unternehmen fast 700 000 Mitarbeitende – und für die ist vor allem VW-Personalvorstand Gunnar Killian zuständig. Bis zu diesem Freitag. Denn am Nachmittag gab VW in einer knappen Mitteilung bekannt: „Gunnar Kilian wird mit sofortiger Wirkung aus dem Konzernvorstand der Volkswagen AG ausscheiden.“ Der Schritt kommt auch für viele Eingeweihte völlig überraschend. Einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin gibt es auch nicht. Die Aufgaben werde kommissarisch Thomas Schäfer übernehmen, hieß es.

Kilian hatte bei VW durchaus eine Schlüsselfunktion. Der Konzern hatte zuletzt nach zähen Verhandlungen mit der Arbeitnehmerseite den Abbau von zehntausenden Stellen verkündet, das Programm wird derzeit umgesetzt. Als Grund für den sehr plötzlichen Abgang des erst 50-Jährigen werden offiziell „unterschiedliche Vorstellungen bei der Steuerung von Beteiligungsgesellschaften“ angegeben. Was genau das heißen soll: unklar. Zu hören ist auch, dass es bei Kilian  „Abnutzungserscheinungen“ gegeben habe, zudem sei Vertrauen verloren gegangen.  Ein grundsätzliches Zerwürfnis mit VW-Konzernchef Oliver Blume gebe es aber nicht.

Angeblich soll es im Aufsichtsrat auch keinen ausreichenden Rückhalt für eine Vertragsverlängerung gegeben haben, die in diesem Jahr angestanden hätte. Laut Bild sei vor allem die Arbeitnehmer-Seite im Aufsichtsrat kritisch, sie sei gegen eine Verlängerung gewesen. Das wäre interessant, hatte Kilian doch auch länger für den Konzernbetriebsrat gearbeitet, allerdings für Bernd Osterloh, dem Vorgänger von Daniela Cavallo, die heute Vorsitzende des Gesamt- und Konzernbetriebsrats ist.

Kilian wechselte vor sieben Jahren die Seiten

Kilian, gelernter Journalist und 1975 auf Sylt geboren, arbeitet seit 2000 für VW, seine Karriere war sehr wechselhaft. Er fing in der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit an. Zwischendurch war er für einen SPD-Bundestagsabgeordneten tätig und kam dann zurück – als Pressesprecher des Konzernbetriebsrats. Zeitweise arbeitete er im Büro des damaligen VW-Aufsichtsratsvorsitzenden Ferdinand Piëch, bevor er wieder für den VW-Konzernbetriebsrat tätig war. Vor sieben Jahren trat er dann mit erst Anfang 40 in den Konzernvorstand ein.

In Deutschland sollen derzeit im Rahmen eines Sanierungsprogramms fast ein Viertel der 130 000 Arbeitsplätze bis 2030 wegfallen. Betriebsbedingte Kündigungen wurden dabei ausgeschlossen, der Abbau soll vor allem über Vorruhestand und Abfindungen erfolgen, die teilweise hoch ausfallen. Zuletzt hieß es, VW sei dabei schon weit gekommen.

Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch hatte am Freitag lobende Worte für Kilian parat. „Gunnar Kilian hat in den letzten Jahren einen maßgeblichen Anteil an der Transformationsarbeit des Konzerns gehabt“, teilte er mit. Und weiter: „Er hat den Personalbereich zukunftsfähig aufgestellt sowie die Neuausrichtung des Nutzfahrzeuggeschäfts an entscheidender Stelle mitverantwortet“. Kilian habe „wichtige Stellhebel für eine erfolgreiche Zukunft des Konzerns bewegt“, fügte Konzernchef Blume an. Ob Kilian eine Abfindung erhält, war am Freitag nicht zu erfahren. Der ehemalige VW-Chef Herbert Diess bekommt seit seinem Abgang im Jahr 2022 noch immer eine hohe Vergütung, die 2024 sogar höher ausfiel als die des amtierenden VW-Chefs Blume.

Bei den viele VW-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeitern dürfte der plötzliche Abgang Kilians dagegen für Unruhe sorgen. Die Zeiten sind ohnehin ziemlich unruhig. Die Umstellung auf Elektromobilität läuft schleppend. Donald Trump droht mit Zöllen, die das Geschäft weiter beeinträchtigen könnten. Zudem sind die Aussichten auf dem wichtigen US-Markt schwierig. Auch bei den wichtigen Konzerntöchtern Porsche und Audi, die lange beständig Gewinne geliefert haben, läuft es nicht.