Das Verhältnis der Deutschen zu ihren Banken ist gespalten. Einerseits hat sich spätestens seit der Finanzkrise das Bild der skrupellosen „Bankster“ verfestigt, die, angespornt von Millionenboni, Kunden, Aufseher und Politiker hinters Licht führen.
Andererseits gibt es ja noch die Genossenschaftsbanken, das sind die mit dem seriösen Image. Sie gehören nicht gierigen Investoren, sondern ihren Kunden. Statt in Business-Clubs zeigen sich die Vorstände bei Schützenfesten im Dorf. Dort kennt man sie als solide Bankleute. Als diejenigen, die da sind, wenn man sie braucht. Beim jährlichen Marken-Ranking des Meinungsforschungsinstituts YouGov belegten sie immer Plätze weit vorn, im vergangenen Jahr war es Rang drei. Viel besser kann ein Image nicht sein.
Doch jetzt geraten Genossenschaftsbanken in die Schlagzeilen. In Bad Salzungen, in Dortmund, in Düsseldorf. Dazu kommen die Finanzprobleme beim bayerischen Agrar-Konzern BayWa, an dem ebenfalls viele Volksbanken beteiligt sind und der allzu gewagt expandieren wollte. Auf bis zu 500 Millionen Euro könnten sich die entstandenen Schäden summieren. Die Aufsichtsbehörden sind alarmiert. „Einige der Banken sind nicht gut geführt worden und hatten kein gutes Risikomanagement“, kritisiert etwa der Chef der Finanzaufsicht Bafin Mark Branson.
Die Skandale sind nicht nur gefährlich für die Institute. Dahinter steckt eine wesentlich größere Frage: Ist das Modell „Volksbank“ heute noch sicher?
Natürlich ein heikles Thema für die Branche. Entsprechend rigoros tritt der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) dem entgegen. „2024 haben wir drei Sanierungsfälle. Das ist im historischen Vergleich außerordentlich wenig“, teilt der Verband auf Nachfrage mit. In den vergangenen 20 Jahren sei die Zahl der Sanierungsfälle sogar gesunken. Von einer mittleren zweistelligen Zahl im Jahr 2004 auf niedrige einstellige Zahlen in den vergangenen fünf Jahren.
Und auch von außen kriegen sie Unterstützung. „Obwohl die Anzahl der jüngsten Schieflagen bei den VR-Banken besorgniserregend ist, muss man dies in Relation zu den insgesamt circa 700 VR-Banken setzen“, sagt Volker Brühl. Er leitet das Center for Financial Studies an der Frankfurter Goethe-Universität. „Da die VR-Banken eigenständig agieren, sehe ich hier keine strukturellen Probleme. Jeder Fall sollte einzeln betrachtet werden.“
Alles nur unglückliche Einzelfälle – so stellt es die Branche dar
Die Geschichten hinter den Sanierungsfällen unterscheiden sich tatsächlich. Brennpunkt Bad Salzungen: Im Westen Thüringens ging es vor allem um fragwürdige Deals und Beteiligungen unter der Ägide des langjährigen Bankchefs Stefan Siebert. Etwa um Immobilien in Oberhausen, weit abseits des eigentlichen Geschäftsgebietes, in denen sich Bordelle befanden. Über eine Firma auf Zypern beteiligte man sich zudem an einem Projekt in Griechenland: In der autonomen Mönchsrepublik Athos sollte eine Wasserquelle kommerziell genutzt werden. Zusätzlich baute man ein Kreditgeschäft für Fußballvereine auf, mit Unterstützung des ehemaligen Nationalspielers Stefan Effenberg, was dem Haus den Spitznamen „Effenberg-Bank“ einbrachte. Auch hier soll es Mängel bei den Sicherheiten gegeben haben. Die Bafin attestierte eine „erhebliche Risikoneigung“.