Vierschanzentournee in Garmisch: Austria feiert die Party im Schnee – Sport

Der Wind tat noch einmal alles, was er tun konnte. Rechtzeitig vor dem zweiten Sprung von Pius Paschke drehte er in eine Richtung, die für die Athleten erheblich komfortabler ist. Und dann tat auch der 34-jährige deutsche Vorzeigespringer dieses Winters noch einmal alles, was er tun konnte. Er zeigte einen wahrlich vorzüglichen Versuch und flog auf stolze 143,5 Meter herunter – und damit weiter als alle anderen Konkurrenten im zweiten Durchgang des Neujahrsspringens von Garmisch-Partenkirchen. Doch dieser Vortrag half ihm da auch nicht mehr viel.

Denn Paschkes erster Versuch war ihm gehörig missglückt. Auf gerade mal 129 Meter war er da gekommen. In der Kombination der beiden Sprünge reichte das nur zu Tagesplatz neun. Und vor allem büßte er damit in der Gesamtwertung viele Punkte ein. 25 Punkte liegt er als Sechster zur Tournee-Halbzeit nun hinter dem Spitzenreiter Daniel Tschofenig (Österreich), der sich zugleich in Garmisch-Partenkirchen den Tagessieg sicherte. Auch aufs Podium sind es schon fast 17 Punkte. Und so muss sich Paschke jetzt ziemlich anstrengen beziehungsweise einen Trick einfallen lassen, um wieder den Anschluss zu finden an diese Phase aus dem Frühwinter, in der er so viele und so erstaunliche Erfolge feiern konnte.

„Mein zweiter war cool, im ersten war leider ein kleiner Fehler mit großer Auswirkung drin“, sagte Paschke nach dem Springen: „Natürlich ist das schade. Aber auf die Gesamtwertung schaue ich gar nicht. Es gibt genug andere Leute, die das machen.“ Und sein Teamkollege Karl Geiger, in Garmisch als Sechster der beste deutsche Starter, assistierte mitfühlend: „Das ist bitter. Ich habe es tatsächlich auch hier schon mal verloren. Das ist nicht ganz einfach. Es ist einfach mehr Druck auf dem Kessel. Natürlich will man das Ding gewinnen, aber das wird einem nicht geschenkt“, sagte er in der ARD.

Dabei waren Paschke und seine Teamkollegen mit so großen Hoffnungen und Erwartungen in diesen Wettbewerb von Garmisch-Partenkirchen gestartet. Seit 23 Jahren hat bei der Vierschanzentournee kein deutscher Skispringer mehr das Neujahrsspringen gewonnen. Jahr für Jahr hoffen die Veranstalter, dass diese Serie endlich zu Ende geht, diesmal wäre es mit einem Triumph für Paschke natürlich besonders schön gewesen. Stattdessen setzte sich die Serie fort – und waren die Sieger des Tages mal wieder die Österreicher, deren Teamchef Andreas Widhölzl seinen Springern Technik und Fitness und vor allem die psychologischen Finessen beibringt.

Die österreichische Mannschaft wirkt wie so oft beseelt von dieser seit 73 Jahren existierenden kleinen Winterreise durch Deutschland und Österreich. Zum Auftakt in Oberstdorf hatten sie es geschafft, gleich alle drei Podiumsplätze zu belegen, diesmal brachten sie drei Leute unter die besten Fünf: Neben dem Sieger Tschofenig waren dies noch Michael Hayböck auf Platz drei und Jan Hörl als Fünfter – wobei es zur ganzen Geschichte dieses Tages gehörte, dass diesmal sogar ein Mitglied des österreichischen Teams etwas unzufrieden die Arena verließ. Stefan Kraft musste sich nach seinem Sieg von Oberstdorf nämlich mit Platz acht zufriedengeben und die Führung in der Gesamtwertung seinem Teamkollegen Tschofenig überlassen. Aber dennoch ist alles dafür bereitet, dass das Team Austria seine große Party nun auch bei seinen Heimspielen fortsetzen kann: bei den Springen in Innsbruck (4. Januar) und Bischofshofen (6. Januar).

Für das gerade etwas ernüchterte Team aus Deutschland ging der Jahresauftakt allerdings auch noch mit ein paar Hoffnungsschimmern zu Ende. Trainer Stefan Horngacher verfügt über eine kleine Gruppe an Talenten, die möglicherweise schon bald die Mannschaft verstärken kann. Die gegenseitige Ansprache ist trotz der Konkurrenz so, dass im Team immer ein vertraulicher Umgang gepflegt wird – genauso wie in den vergangenen Jahren. Und neben dem enttäuschten Paschke waren da auch ein paar Springer, die recht zufrieden das Neujahrsspringen beendeten.

Andreas Wellinger zum Beispiel hat sich nach einigen schwierigen Wochen offenbar wieder etwas gefangen. Nach Platz 20 in Oberstdorf ist er in Garmisch-Partenkirchen nun auf Platz zehn gelandet. Und vor allem war da noch dieser Karl Geiger, der fast den ganzen Herbst mit stiller Miene aus den Schanzenauslaufen der Skisprungarenen gestiegen war. Er hat seit drei Tagen derart viel gegrinst und gelacht wie niemand sonst im deutschen Team. Am Mittwoch gelangen ihm zwei so gute Sätze, dass er nicht nur auf Rang sechs in der Tageswertung kam, sondern sich auch auf Platz acht im Gesamtklassement verbesserte.

Entsprechend lautet auch die Devise, mit der Bundestrainer Horngacher ins dritte und vierte Springen geht. „Über die Gesamtwertung braucht man nicht viel nachdenken“, sagte er: „Uns ist wichtig, jetzt auf die Einzelspringen zu schauen. Vielleicht werden wir ja eines gewinnen.“