Vermögensverteilung: Dann ändern Sie doch etwas, Herr Spahn

Huch! Hat er das wirklich gesagt? Jens Spahn, der
Fraktionschef der Union, hat in der ZDF-Sendung Maybrit
Illner
die Vermögensverteilung in
Deutschland angeprangert. Die sei so nicht in Ordnung, befand Spahn. Die Frage
sei, wie man da eine größere Gerechtigkeit herstellen könne. Ja, Sie haben
richtig gelesen.

Ausgerechnet Spahn. Immerhin gehört der CDU-Politiker Spahn einer
Partei an, die sich vehement gegen Steuererhöhungen für Reiche und eine
stärkere Umverteilung von oben nach unten wehrt. Fast täglich erteilten Unionsmänner
derartigen Überlegungen aus der SPD in den vergangenen Wochen eine Absage.

Spahn, der seit 1995 CDU-Mitglied ist und seit 2002
durchgängig im Bundestag sitzt, fiel noch nie durch linke Positionen auf. Erst
kürzlich schlug der ehemalige Gesundheitsminister vor, die AfD wie eine normale
Partei zu behandeln. Doch bei Illners Talkrunde betonte der 45-Jährige mit
Blick auf die Vermögensverteilung nun ausdrücklich eine Übereinstimmung mit der
Co-Vorsitzenden der Linksfraktion, Heidi Reichinnek, die ebenfalls in der
Sendung zu Gast war – ein ungewöhnliches Bündnis. Zumal es ja auch noch einen Unvereinbarkeitsbeschluss
der CDU gibt, was eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei angeht. Deutet sich
da doch mehr Bereitschaft zur Kooperation an?

Die enorme Ungleichheit ist kein Geheimnis

Zumindest erkennt nun auch die CDU, dass sich etwas ändern
muss. Es ist kein Geheimnis, dass die Vermögen in Deutschland seit Jahrzehnten extrem
ungerecht verteilt sind und die Ungleichheit zuletzt zugenommen hat. Die Union
hat dieser Entwicklung zugesehen, trotz fast durchgehender
Regierungsverantwortung. Die Folgen sind schwerwiegend: Heute besitzen die
reichsten zehn Prozent der Bevölkerung mehr als die Hälfte des gesamten
Vermögens. Die untere Hälfte der Bevölkerung kommt dagegen gerade einmal auf
rund 2,5 Prozent.

Ein Grund dafür ist, dass Vermögen in Deutschland, anders
als Einkommen, nur gering besteuert wird. Eine Vermögensteuer greift hierzulande
nicht, sie ist seit 1997 ausgesetzt. Bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer
gibt es zahlreiche Ausnahmen und Freibeträge. Laut Schätzungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) werden
in Deutschland jedes Jahr bis zu 400 Milliarden Euro vererbt oder verschenkt.
Doch das tatsächliche Steueraufkommen lag im Jahr 2024 laut Statistischem Bundesamt bei nur 13,3 Milliarden Euro.