
Donald Trumps „Big Beautiful Bill“ hat die Republikaner in eine schwierige Lage gebracht. Nicht nur, weil sie sich fragen mussten, ob sie der Aufforderung des Präsidenten folgen und dem Gesetz zustimmen sollten. Auch die veränderten Erwartungen ihrer Wählerschaft dürften sie umgetrieben haben, denn die Partei hat sich in den vergangenen Jahren stark gewandelt.
Wo früher von wohlhabenden „Country-Club-Republikanern“ die Rede war, sieht man heute eine republikanische Partei mit starker Unterstützung aus der Arbeiterschicht. Die Partei erhält Unterstützung von Menschen, die traditionell eher die Demokraten wählten. Die Demokraten hingegen sind beliebter geworden bei Menschen mit höherem Einkommen und Bildungsabschluss. Die Rollen haben sich gewissermaßen vertauscht.
Kürzungen treffen neue Kernwähler
Im Jahr 2009 vertraten die Republikaner 26 der 100 einkommensschwächsten Wahlbezirke, wie aus Daten des Volkszählungsbüros hervorgeht. Bis 2023 stieg die Zahl auf 56 – also mehr als die Hälfte. Die Demokraten hingegen gewannen zunehmend an Einfluss in den wohlhabendsten Wahlkreisen und vertraten im Jahr 2023 69 der 100 einkommensstärksten Bezirke. Bei der Präsidentenwahl 2024 gelang es Trump, den Demokraten Wähler ohne Hochschulbildung und Latinos abzuwerben.
Doch Trumps Megagesetz hilft dieser wichtigen neuen Wählerschaft nur bedingt. Das Gesetzespaket sieht zwar Steuererleichterungen für geringere Einkommen vor. So müssen viele Amerikaner künftig keine Steuern mehr auf Trinkgelder, Überstunden oder Zahlungen für Autokredite bis zu einem bestimmten Betrag leisten. Diese Maßnahmen entsprechen Trumps Wahlkampfversprechen, die Steuerlast der arbeitenden Bevölkerung zu senken. Doch von der Steuerreform aus Trumps erster Amtszeit, die nun beibehalten werden soll, profitieren besonders wohlhabende Amerikaner und große Unternehmen.

Um die Steuergeschenke zumindest teilweise zu finanzieren, soll das Budget von Medicaid, der staatlichen Krankenversicherung für Geringverdiener und für Menschen mit Behinderungen, um rund 700 Milliarden Dollar gekürzt werden. Medicaid spielt gerade in ländlichen und wirtschaftlich schwächeren Regionen eine zentrale Rolle bei der medizinischen Grundversorgung. Auch die Unterstützung für Lebensmittelmarken für Bedürftige, das sogenannte Supplemental Nutrition Assistance Program (SNAP), soll um die Hälfte reduziert werden. Zudem ist vorgesehen, die von der Biden-Administration eingeführte Entlastung bei Studentenkrediten zu beenden.
Diese Kürzungen treffen gerade jene Wählerschaft, auf die die Republikaner zunehmend angewiesen sind. Betrachtet man die 145 Wahlkreise, die am stärksten auf Medicaid angewiesen sind – etwa ein Drittel aller Bezirke – hat sich die Zahl der republikanischen Abgeordneten dort seit 2009 mehr als verdoppelt, wie eine Datenauswertung des „Wall Street Journal“ zeigt.
Gibt es bei den Midterms 2026 die Quittung?
Warum unterstützen die Republikaner aber eine Maßnahme, die ihren Wählern nichts bringt – oder gar schaden könnte? Unter anderem deshalb, weil die Republikaner davon ausgehen, dass Kürzungen bei Medicaid politisch weniger riskant sind als Sozialkürzungen für die Mittelschicht, etwa bei der Sozialversicherung (Social Security) oder Medicare, deren Leistungen viele Arbeitnehmer als durch ihre Sozialabgaben erworben ansehen. Trump hat deshalb immer wieder betont, dass er letztere nicht kürzen wolle.
In der Partei wächst die Sorge, dass die geplanten Sozialkürzungen negative Folgen bei den kommenden Zwischenwahlen im Jahr 2026 haben könnten. Einige Republikaner warnen davor, dass der Wählerunmut über den Abbau sozialer Sicherungssysteme zu einer starken Gegenreaktion führen und die Republikaner am Ende die Mehrheit im Repräsentantenhaus kosten könnte. Auch in Wahlkreisen, die als besonders umkämpft gelten, sind viele Menschen auf Medicaid angewiesen.