Verfassungsschutzbericht 2024: Verfassungsschutz meldet deutlich mehr politisch motivierte Straftaten

Die Zahl der politisch motivierten Straftaten ist im vergangenen Jahr deutlich angestiegen. Das
gilt sowohl für den Rechtsextremismus als auch für den Linksextremismus
sowie den Islamismus, wie aus dem Verfassungsschutzbericht 2024 hervorgeht. „Die verfassungsmäßige Ordnung Deutschlands ist
fast täglich Angriffen ausgesetzt“, sagte Bundesinnenminister
Alexander Dobrindt (CSU) bei der Vorstellung des aktuellen Berichts. Dazu zählten Sabotage und Spionage, Desinformation, Propaganda sowie Gewalttaten und Bedrohungen.

Zu den politischen Straftaten liegen dem Bundeskriminalamt (BKA) im Jahr 2024 84.172 Fälle vor,
ein Plus von gut 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Mehr als 1.200 rechtsextremistisch motivierte Gewalttaten

Im vergangenen Jahr stiegen die Straftaten mit rechtsextremistischem Hintergrund um 47,4 Prozent auf 37.835. Darunter wurden 1.281 Gewalttaten erfasst – sechs versuchte Tötungsdelikte und 1.121 Körperverletzungen. Zudem wurden 24.177 Propagandadelikte dem Rechtsextremismus zugeordnet. Im Jahr zuvor waren es noch 15.081 Fälle gewesen.

Auch die Straftaten mit linksextremistischem Hintergrund nahmen deutlich zu: Ihre Zahl stieg dem Bericht zufolge um 37,9 Prozent im Vergleich zum Jahr 2023 auf 5.857 Fälle. Die Zahl der Gewalttaten mit linksextremistischem Hintergrund sank dagegen um 26,8 Prozent auf 532 Fälle. Die linksextremistisch motivierten Gewalttaten, die den „Gewalttaten gegen die
Polizei/Sicherheitsbehörden“ zugeordnet wurden, nahmen deutlich um 51,6 Prozent ab und liegen nun bei 233 Fällen. 

Dagegen verdoppelte sich die Zahl
der Straftaten gegen tatsächliche oder vermeintliche Rechtsextremisten; sie lag laut Bericht bei 3.859 Fällen. Die Zahl der Gewalttaten gegen tatsächliche oder vermeintliche Rechtsextremisten stieg um 37,3 Prozent auf insgesamt 280 Delikte.

Deutlich mehr Gewalttaten mit antisemitischem Hintergrund

Insgesamt 1.694 extremistische Straftaten hatten laut BKA eine
religiös-ideologische Motivation. 1.397 Taten davon wiesen demnach einen
islamistischen Hintergrund auf. Den sogenannten Reichsbürgern wurden im
Berichtsjahr 992 politisch motivierte Straftaten zugerechnet – was im Vergleich zum Vorjahr, mit 1.292 Fällen, einen Rückgang darstellt.

Die Zahl der Taten mit antisemitischem Hintergrund stieg insgesamt um 0,5 Prozent auf 2.775 Delikte. Bei den Gewalttaten mit antisemitischem Hintergrund gab es dabei einen deutlichen Anstieg um 25,6 Prozent auf 54 Fälle. 

Rechtsextremistisch motivierte Straftaten gegen Asylunterkünfte stiegen 2024 deutlich um 48 Fälle auf 196. Auch in diesem Bereich gab es mehr Gewalttaten: 19 Fälle zählte der Verfassungsschutz im vergangenen Jahr – darunter sechs Brandanschläge. Gewalttaten sind eine Unterkategorie von Straftaten, die Gewalt beinhalten und im Verfassungsschutzbericht extra aufgeführt werden.

Zahl der Extremisten ist gestiegen

Dem Bericht zufolge ist die Zahl der Extremisten und verfassungsfeindlichen gewaltbereiten Gruppen in Deutschland erneut angestiegen. Dass die Zahl der Rechtsextremisten binnen eines Jahres um rund 23
Prozent auf 50.250 Rechtsextremisten anstieg, hat unter anderem mit dem
Mitgliederzuwachs bei der AfD zu tun. Laut Bericht wurden im vergangenen
Jahr 20.000 Mitglieder der Partei, die vom Verfassungsschutz
2024 als Verdachtsfall beobachtet wurde, dem rechtsextremistischen
Personenpotenzial zugeordnet. Die AfD hatte nach eigenen Angaben im
November 50.000 Mitglieder. Die Zahl der als gewaltorientierten Rechtsextremisten wird auf 15.300 Personen geschätzt, nach 14.500 Ende 2023.

Dem Bericht zufolge ergibt sich zudem im Bereich Islamismus und islamistischer Terrorismus ein Potenzial von 28.280 Menschen, nach 27.200 im vergangenen Bericht. Davon werden etwa 9.540 Menschen als gewaltorientiert eingeschätzt. Hinzugezählt werden in dem Bereich etwa Organisationen wie der „Islamische Staat“, Ableger von Al-Kaida sowie die Hamas und die Hisbollah.

Zunehmender Einsatz von Low-Level-Agenten

Im Bereich Linksextremismus stieg das Potenzial dem Verfassungsschutzbericht zufolge im vergangenen Jahr auf 38.000 Menschen an, nach 37.000 im Jahr zuvor. Unverändert sind demnach etwa 11.200 Szenemitglieder gewaltorientiert.

Ein besonderes Augenmerk richtet der Verfassungsschutzbericht auch auf den erst seit Ende 2023 beobachteten zunehmenden Einsatz sogenannter Low-Level-Agenten. Das seien Menschen, die von russischen Nachrichtendiensten zur kurzfristigen Erfüllung von Aufträgen meist über das Internet angeworben und geführt würden. Sie gehören demnach aber nicht selbst den Nachrichtendiensten an.