VDA fordert Aufhebung des Verbrennerverbots 2035 – Wirtschaft

Die deutsche Autoindustrie macht immer mehr Druck auf die EU, die Klimavorgaben anzupassen. In einem Zehn-Punkte-Papier fordert der Verband der Automobilindustrie (VDA), der die deutschen Hersteller vertritt, das Verbrennerverbot 2035 de facto aufzuheben. Bisher ist gesetzlich festgeschrieben, dass nach 2035 keine neuen Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor in der EU mehr zugelassen werden dürfen. Weiterhin in der Diskussion ist nur, ob es Ausnahmen geben soll für Autos, die rein mit synthetischem Sprit, sogenannten E-Fuels, betankt werden.

Die neuesten Forderungen des VDA gehen jedoch weit über diese Ausnahmeregelung hinaus. Der Verband hält die derzeitigen Klimaziele für nicht erreichbar. Deshalb sollen die Grenzwerte, die eigentlich 2030 und 2035 gelten, nicht mehr fix sein, sondern dem VDA-Papier zufolge ein zweijähriges „Phase-in“ erhalten. Das würde bedeuten, die Hersteller hätten jeweils zwei Jahre mehr Zeit, um die Emissionen auf die vorgeschriebenen Werte zu senken.

Zudem will der Verband erreichen, dass auch nach 2035 noch neue Autos mit Hybridantrieb verkauft werden dürfen. Überhaupt sollen diese Fahrzeuge, die sowohl eine Batterie als auch einen Verbrennungsmotor haben, nach Wunsch des VDA deutlich bessergestellt werden. Eigentlich sollen für Plug-in-Hybride von 2025 an schärfere Regeln gelten. Neue Messmethoden sollen laut EU-Vorgaben realistischer abbilden, zu welchem Teil die Fahrzeuge tatsächlich elektrisch genutzt werden. Bislang haben Hybride auf dem Papier oft einen sehr niedrigen CO₂-Ausstoß und sind damit für die Autohersteller sehr nützlich, wenn es um die Gesamtklimabilanz ihrer Flotten geht. Allerdings zeigen Untersuchungen von Umweltverbänden immer wieder, dass die Autos im Realbetrieb meist nicht so oft aufgeladen werden und dementsprechend viel mehr Schadstoffe ausstoßen.

Eigentlich sollten Hybrid-Autos realistischer eingestuft werden – das will der VDA kippen

Der VDA fordert jetzt, die verschärften Messregeln schon von diesem Jahr an auszusetzen. Stattdessen sollen Hybride mit großer elektrischer Reichweite als neue Fahrzeugkategorie definiert werden. „Bis zu einem bestimmten Volumen der Flotte wären diese Fahrzeuge unabhängig von der Betankung auch nach 2035 zulassungsfähig“, heißt es in dem Zehn-Punkte-Plan, den der VDA in die Diskussionen mit der EU-Kommission einbringen will.

Der Verband erneuert in seinem Papier zudem die Forderung, mehr auf klimafreundliche Kraftstoffe zu setzen und die Rahmenbedingungen für deren Produktion und Nutzung zu verbessern. Bisher gibt es diese E-Fuels nur in kleinen Mengen, zudem sind sie in der Produktion um ein Vielfaches teurer als fossiler Sprit. Ein weiteres Hindernis für die Nutzung in Autos sind EU-Vorgaben, nach denen andere Branchen wie etwa die Luftfahrt bereits fixe Quoten für synthetische Kraftstoffe erfüllen müssen. Deshalb dürften die Mengen an E-Fuels, die in den nächsten fünf bis zehn Jahren hergestellt werden, in erster Linie in Flugzeug- oder auch Schiffstanks gehen und nicht in Autos.

Der Umweltverband Transport & Environment (T&E) kommt in einer ersten Analyse zu dem Ergebnis, dass eine Umsetzung des VDA-Papiers für den Klimaschutz schwere Folgen haben könnte. Demnach würde der Absatz von E-Autos im Jahr 2035 dann nicht wie geplant bei 100 Prozent, sondern nur noch zwischen 44 und 69 Prozent liegen, die Pläne würden zu 0,5 bis 1,5 Gigatonnen an vermeidbaren CO₂-Emissionen führen. „Die Maximalforderungen des mächtigsten deutschen Lobbyverbands sind nicht nur Gift für das Klima, sie zementieren den Rückstand auf China und gefährden damit Tausende Jobs in Europa“, sagt Sebastian Bock, Geschäftsführer von T&E in Deutschland.

Als Interessensvertretung der deutschen Hersteller bildet der VDA mit seiner neuen Linie auch einen Stimmungswechsel einiger seiner Mitglieder ab. Insbesondere der VW-Konzern galt lange als klarer Verfechter eines strikten E-Mobilitätskurses. Das Verbrenner-Aus 2035 hatten VW-Manager immer wieder gutgeheißen und Planungssicherheit gefordert. Mercedes hatte ebenfalls lange einen sehr ambitionierten Elektro-Fahrplan, doch zuletzt hatten die Schwaben diesen immer weiter zurückgenommen. In einem Interview mit dem Spiegel deutete Mercedes-Chef Ola Källenius die neue Linie des VDA bereits an. Dort nannte er China als Vorbild, weil es dort kein fixes Verbrenner-Aus gibt und das Land neben E-Fahrzeugen auch auf Hybridmodelle setzt.