US-Notenbank: Der letzte Neinsager | ZEIT ONLINE

Wenn Donald Trump im Januar
als 47. Präsident zurückkehrt, werden alle entscheidenden Hebel der Macht in
Washington in seinen und den Händen seiner Partei sein: das Weiße Haus, der Senat und
wahrscheinlich auch das Repräsentantenhaus
, für das derzeit noch die letzten
Stimmen vor allem in Kalifornien ausgezählt werden. Eine wichtige Ausnahme jedoch
ist die US-Notenbank Federal Reserve. Sie ist verantwortlich für die Geldpolitik der USA und besteht auf ihre Unabhängigkeit. Deren Präsident Jerome Powell, von allen Jay genannt, nutzte am
Donnerstag, kaum 48 Stunden nach Trumps triumphaler Wiederwahl, die
Pressekonferenz der turnusmäßigen Fed-Sitzung, um diese Unabhängigkeit zu
bekräftigen.

Powell war die Anspannung während seines Auftritts vor den versammelten Finanzjournalisten von Medien wie Reuters,
Wall Street Journal, New York Times und dem Börsensender CNBC anzumerken. Nach
einer knappen Begrüßung begann er zunächst, die aktuelle Zinsentscheidung zu
erläutern. Die Notenbank hat den Leitzinssatz um einen weiteren
Viertelprozentpunkt auf eine Spanne von 4,5 bis 4,75 Prozent gesenkt. Das war
erwartet worden. Die Frage, die unausgesprochen im Raum stand, kam etwa 20
Minuten nach Beginn der Konferenz von der Vertreterin des Online-Magazins
Politico. Donald Trump habe während des Wahlkampfes mehrfach erklärt, sollte er
wiedergewählt werden, würde er ihn als Fed-Chef absetzen. „Würden Sie in diesem
Fall zurücktreten?“, wollte die Journalistin von Powell wissen.
Dessen Antwort kam, ohne eine Sekunde zu zögern: „No!“

Vieles an diesem Konflikt ist
ungewöhnlich. Der Präsident nominiert zwar den Fed-Chef, der dann vom Senat
bestätigt werden muss. Aber damit endet eigentlich der direkte Einfluss des
Weißen Hauses auf die Institution. Zwar kann ein Präsident einen Notenbankchef
theoretisch vor Ablauf seiner Amtszeit ablösen, er müsste allerdings einen
wirklich triftigen Grund haben – etwa kriminelle Machenschaften. So etwas ist
in der 111-jährigen Geschichte der Fed noch niemals vorgekommen. 

Keine sechs Monate später war Trump unzufrieden

Und noch
ungewöhnlicher ist der Zusammenstoß, weil Powell von Trump während seiner
ersten Amtszeit nominiert wurde. Damals weigerte sich Trump, ganz gegen die
Gepflogenheit, der damaligen Fed-Chefin Janet Yellen eine zweite Amtsperiode zu
gewähren. Seine Begründung lautete unter anderem, Yellen sei mit knapp 1,60
Meter zu klein für den Job. Powell hingegen machte für Trump offenbar vor den Kameras einen ihm genehmeren Eindruck mit seinem
silbernen Haarschopf und dem distinguierten Auftreten. Doch keine sechs Monate später
war Trump unzufrieden mit seinem Notenbanker. 

Er bereue es, Powell nominiert zu
haben, sagte er. Von da an ging es weiter bergab. Die Fed sei „loco“ – verrückt
auf Spanisch – schimpfte der Präsident einmal. Dummköpfe seien die Notenbanker,
wütete er ein anderes Mal auf seinem Lieblingsmedium Twitter, heute X. Powell
habe keinen Mumm, ja er sei sogar ein Feind Amerikas. Mit seinen Tiraden wollte
Trump Powell unter Druck setzen, die Zinsen zu senken, um das
Wirtschaftswachstum noch weiter anzuheizen.

Trumps Kritik an Powell hörte
auch nicht auf, nachdem er das Weiße Haus längst verlassen hatte. Während des
Wahlkampfes erklärte er wiederholt, er wolle Powell ablösen. Und nicht nur das:
Trump will die Fed stärker ans Weiße Haus binden. Im jüngsten Wahlkampf
deutete Trump an, dass er versuchen würde, Einfluss auf die Politik der
Fed zu nehmen. „Ich denke, der Präsident sollte zumindest ein Mitspracherecht
haben, ja. Das ist meine feste Überzeugung“, sagte er auf einer Pressekonferenz
im August in seinem Luxusresort Mar-a-Lago in Florida. „Ich denke, dass
ich in meinem Fall eine Menge Geld verdient habe. Ich war sehr erfolgreich“,
fügte Trump hinzu. „Und ich denke, dass ich in vielen Fällen einen besseren
Instinkt habe als die Leute in der Federal Reserve oder der Fed-Chef.“ 

Er
kritisierte bei dieser Gelegenheit auch die Politik der Fed und sagte, die
Notenbank habe „viel falsch gemacht“ und Powell sei bei politischen Entscheidungen
„ein bisschen zu früh und ein bisschen zu spät“ gewesen. Eine Einschätzung, die
durchaus auch professionelle Fed-Beobachter an der Wall Street teilen.