US-Botschaft verschickt Briefe an französische Konzerne

Die US-Botschaft in Paris hat französische Großunternehmen schriftlich dazu aufgefordert, ihre Antidiskriminierungsprogramme einzustellen. In dem inzwischen im Internet kursierenden Brief wird darauf hingewiesen, dass das von Präsident Donald Trump im Januar unterzeichnete Dekret 14173 für alle Lieferanten und Dienstleister der amerikanischen Regierung gelte, unabhängig von ihrer Nationalität und dem Land, in dem sie tätig sind.

Das Dekret trägt den Titel „Beendigung illegaler Diskriminierung und Wiederherstellung leistungsbezogener Chancen“ und richtet sich gegen Diversität, Gleichberechtigung und Inklusion („Diversity, Equity and Inclusion“, kurz DEI). US-Konzerne wie Walmart oder Coca-Cola haben ihre Antidiskriminierungspolitik daraufhin unlängst „angepasst“. Auch erste europäische Unternehmen wie die Schweizer Pharmariesen Roche und Novartis oder die Zürcher Großbank UBS haben reagiert und beispielsweise Ziele für Frauenquoten gestrichen. Diese Reaktionen erfolgten aber freiwillig.

Wer nicht ausfüllt, muss Gründe nennen

Die Gangart der US-Botschaft, europäische Konzerne gezielt zur Einstellung von DEI-Maßnahmen aufzufordern, hat deshalb eine neue Qualität. In Frankreich schlägt sie hohe Wellen. Nach ersten Medienberichten am Freitagabend sah man sich im Umfeld von Finanz- und Wirtschaftsminister Eric Lombard zu einer Reaktion veranlasst. „Diese Praxis spiegelt die Werte der neuen US-Regierung wider. Sie sind nicht die unseren“, verlautete es aus Ministeriumskreisen. Der Minister werde seine Amtskollegen in der US-Regierung daran erinnern.

Am Samstag wies das französische Handelsministerium den als „inakzeptable“ Einflussnahme zurück. „Frankreich und Europa werden ihre Unternehmen, ihre Verbraucher, aber auch ihre Werte verteidigen“, erklärte das Ministerium. Die „Einmischung“ der USA in die Angelegenheiten der französischen Unternehmen sei „inakzeptabel“.

Das Erstaunen über den Brief ist umso größer, als ihm ein Formular beigefügt wurde, das die betroffenen Konzerne binnen fünf Tagen ausgefüllt zurücksenden sollen. „Alle Auftragnehmer des Außenministeriums müssen bestätigen, dass sie keine Programme zur Förderung von DEI durchführen, die gegen geltende Antidiskriminierungsgesetze verstoßen“, heißt es darin. Wer das Dokument nicht ausfüllen wolle, wird um die Angabe „detaillierter Gründe“ gebeten. Diese werde man dann an die interne Rechtsabteilung weiterleiten.

Konzerne mit Amerikageschäft setzt das Vorgehen der US-Botschaft unter Handlungsdruck, und das in einer Phase ohnehin wachsender handelspolitischer Spannungen; vom kommenden Mittwoch an will Trump auf Autos Importzölle von 25 Prozent verhängen. Nach Informationen der französischen Zeitung „Les Echos“, die zuerst über den Brief berichtet hat, haben Vertreter ganz unterschiedlicher Branchen Post erhalten, seien es Telekommunikation, Energie, Pharmazie oder Luxusgüter.

„Es ist unglaublich, wir haben es hier mit einer Art Rückkehr des McCarthyismus zu tun, aber auf globaler Ebene“, zitierte „Les Echos“ einen französischen Konzernchef. Nach einem Bericht der britischen Zeitung „Financial Times“ wurde der Brief auch von US-Diplomaten in östlichen EU-Staaten und Belgien verschickt.