Ursache für DHL-Flugzeugabsturz in Litauen weiter unklar: Flugschreiber gefunden – Panorama

Nach dem Absturz eines Frachtflugzeugs in Litauen ist die Blackbox gefunden worden. Gegen Mittag bargen die Ermittler den sogenannten Flugschreiber zusammen mit dem Stimmenrekorder aus dem Wrack, wie das litauische Justizministerium mitteilte. Beide Geräte werden nun untersucht. Die Hoffnung ist, dass die Geräte Aufschluss über die Ursache des Absturzes geben. Möglicherweise werde der Flugschreiber in Deutschland untersucht, berichtet der Spiegel unter Berufung auf einen Sprecher des Justizministeriums: Hier liege das nächstgelegene spezialisierte Luftfahrtforschungszentrum.

Auf weitere Erkenntnisse hoffen die Behörden durch die Bevölkerung. Polizeichef Arūnas Paulauskas rief die Einwohner von Vilnius auf, ihnen alle Videos zur Verfügung zu stellen, die möglicherweise Informationen über das abgestürzte Flugzeug enthalten.

Was genau geschah, ist weiter unklar. Litauens Generalstaatsanwaltschaft sagte, es gebe keine Hinweise auf andere Ursachen als eine technische Störung oder einen Pilotenfehler. Nach Informationen des Spiegel gehen die Behörden und DHL inzwischen davon aus, dass es an Bord nicht gebrannt habe. Nicht ausschließen wollen die Behörden bisher, dass auch Sabotage oder ein Terroranschlag zum Absturz der Swiftair-Maschine geführt haben könnte.

Ebenso wird nicht ausgeschlossen, dass Russland hinter dem Absturz stecken könnte. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte dazu im ZDF-„Heute-Journal“: „Wir gucken uns das genau an, wir können das gegenwärtig nicht sagen.“ Und fügte hinzu: „Es könnte so sein.“ Formen sogenannter hybrider Kriegsführung seien gegenwärtig auch in Deutschland festzustellen.

Ähnlich äußerte sich Litauens Präsident Gitanas Nausėda am Dienstagmorgen im litauischen Radio. „Natürlich besteht die Möglichkeit einer Sabotage, wir können sie nicht ausschließen. Daher wird dies mit aller Ernsthaftigkeit ermittelt.“ Gleichzeitig warnte er vor Spekulationen.

Mindestens ein Insasse ums Leben gekommen, mit einem anderen konnte bereits gesprochen werden

Vier Menschen befanden sich an Bord der Maschine, die kurz vor der geplanten Landung in der Nähe des Flughafens in einem Wohngebiet aus bisher unbekannten Gründen auf den Boden prallte und zerschellte. Eines der Besatzungsmitglieder kam bei dem Absturz am frühen Montagmorgen ums Leben, drei weitere – darunter auch ein Deutscher – werden im Krankenhaus medizinisch behandelt. Der Zustand von mindestens einem Besatzungsmitglied soll Medienberichten zufolge kritisch sein.

Mit einem der Verletzten konnte nach Angaben von Litauens Polizeichef Paulauskas im Krankenhaus bereits gesprochen worden. Demnach habe es keine Anzeichen auf ungewöhnliche Aktivitäten an Bord oder im Inneren des Flugzeugs gegeben, sagte er am Montagabend im litauischen Fernsehen. Es scheine, als ob der Flug routinemäßig verlaufen sei und es dann einen Aufprall auf dem Boden gegeben habe.

Zwischen 10 und 11 Uhr wurde auch der Flughafen Vilnius für die Ermittlungen gesperrt. Mithilfe von Drohnen sollte dort das Absturzgebiet gefilmt werden, teilte die litauische Flugsicherung mit.

Ermittlungen am Ort des Geschehens bald abgeschlossen

An den Ermittlungen beteiligen sich nach litauischen Angaben auch Experten aus dem Ausland. Aus Deutschland sollen vier und aus Spanien zwei Ermittler in Litauen mithelfen, zudem sollen zwölf Personen aus den USA die Suche nach der Unfallursache unterstützen – darunter fünf vom Flugzeughersteller Boeing. Bei der Unglücksmaschine handelt es sich nach Angaben von Swiftair um eine Boeing 737-400.

Litauens Polizeichef Paulauskas geht davon aus, dass die Untersuchung der Unglücksstelle des abgestürzten Frachtflugzeugs in wenigen Tagen beendet werden kann. Laut Vilmantas Vitkauskas, dem Leiter des Nationalen Krisenmanagementzentrums, geht es dann darum, die gesammelten Daten und Informationen „in Ruhe und konsequent“ zu untersuchen, auszuwerten und zu vergleichen.

Der Flugzeugabsturz wirft vor allem auch deshalb Fragen und Befürchtungen auf, weil deutsche Sicherheitsbehörden Ende August vor „unkonventionellen Brandsätzen“ gewarnt hatten, die von Unbekannten über Frachtdienstleister verschickt werden. Die Warnung wurde damals in Sicherheitskreisen mit einem Vorfall im DHL-Logistikzentrum Leipzig in Verbindung gebracht, das als weltweites Drehkreuz des Unternehmens fungiert. Dort soll im Juli ein aus dem Baltikum verschicktes Paket Feuer gefangen haben, das einen Brandsatz enthielt. Basierend auf den Ermittlungen kam es auch in Litauen zu Festnahmen, die Anfang des Monats von der Generalstaatsanwaltschaft in Vilnius bestätigt worden waren.