Und was kommt nach dem Weihnachtsstress? – Gesellschaft

Ich fand diese einzigartig zeitlose Zeit zwischen den Jahren schon besonders, bevor ich Kinder hatte. Aber mit Kindern ist sie besonders besonders. Vor allem, weil die Zeit vorher, so weit würde ich mich als dreifacher Vater aus dem Fenster lehnen, für Eltern die schwierigste im ganzen Jahr ist.

Manchmal kommt es mir vor, als wollte das Leben zum Jahresende sichergehen, dass ich wirklich verstanden habe, dass es anstrengend ist. Weihnachtsfeiern in Kindergarten, Hort, Grundschule, Gymnasium, Fußballverein, Turnverein und Turnverein 2, neue Whatsapp-Gruppen für die Erzieher- und Trainer-Gutscheine, nächtliches Backen wegen der mitzubringenden Plätzchen, Adventskalendereinkäufe, Nikolausgeschenke, Fotokalenderbastelei, Weihnachtsgeschenkeeinkäufe, Weihnachtsgeschenkeonlinebestellungen, Weihnachtsgeschenkeonlinebestellungsabholungen, Heiligabendeinkäufe. Ich bin nach der Vorweihnachtszeit nicht unbedingt in besinnlicher Stimmung, aber definitiv von Sinnen und bereit, mich aufs Sofa zu legen.

Und dann ist Heiligabend vorbei und wieder mal haben sich all die Mühen gelohnt, es riecht noch nach Fondue und in den Ecken liegen Geschenkpapierfetzen und die Kinder probieren ihre neuen Sachen aus und es läuft Skispringen und ich bin nach der Weihnachtszeit bereit, nie wieder vom Sofa aufzustehen.

Meine Frau und ich hatten seit Jahren eine Tradition: Silvester zu zweit, mal in den Bergen, mal in einer Stadt, mal mit Freunden, mal ganz ruhig. Jedenfalls ohne die Kinder. Die lieben es bei den Großeltern, und wir lieben die Großeltern – auch für diese Auszeit von ein paar Tagen vor und nach dem Jahreswechsel. Dieses Jahr aber fragte die Mittlere: Warum wollt ihr eigentlich nie mit uns Silvester feiern? Wir sahen uns an und waren betroffen: Wir feiern immer gerne mit unseren Kindern! Und sie hatte ja recht, nach so einem ereignisreichen Jahr mit Umzug von München nach Berlin, das man gemeinsam erlebt hat, wäre es doch schön, dieses auch gemeinsam zu verabschieden. Zumal der 14-Jährige nicht mehr allzu lange darauf Wert legen wird, das mit uns zu tun.

Vor Weihnachten, mitten im Trubel, bereute ich diesen neuen Silvesterplan offen gesagt manchmal. Wenn alles geschafft ist, dachte ich, bräuchte ich: Ruhe, Ruhe und Ruhe – und einen Wellnessbereich. Den Wellnessbereich könnte ich nach wie vor gebrauchen, aber trotzdem bin ich jetzt sehr froh, dass wir Silvester beisammen sind.

Der Stressfaktor ist bei uns – zum Glück – eigentlich nie die Familie. Das vergesse ich zu oft

Es ist doch immer wieder ein erstaunlicher Effekt: Sobald ich freihabe, also nicht arbeite, merke ich, dass das meiste, was mich im Alltag stresst, gar nicht so stressig ist. Stressig ist nur, dass all das, was zum Familiesein dazugehört, im Alltag oft zusätzlich anfällt, am Ende langer Tage. Es ist ja kein Stress, den Lieben an Weihnachten eine Freude zu machen. Es ist nur Stress, nach 19 Uhr in die Stadt zu hetzen oder zwischen zwei Meetings durch Onlinekataloge zu scrollen. Was ich sagen will: Der Stressfaktor ist bei uns – zum Glück –  eigentlich nie die Familie. Das vergesse ich zu oft. Nun mag ich – auch zum Glück – meine Arbeit sehr. Und trotzdem müssen wir Eltern uns auch 2026 mal wieder überlegen, wie sich das alles doch besser vereinbaren oder in Balance bringen lässt. Nur jetzt nicht, jetzt will ich gar nichts mehr tun.

In dieser Kolumne schreiben Patrick Bauer und Friederike Zoe Grasshoff im Wechsel über ihren Alltag als Eltern. Alle bisher erschienenen Folgen finden Sie hier.