
Russland hat der Ukraine wegen eines mutmaßlichen Angriffs mit ATACMS-Raketen mit Vergeltung gedroht. Die Ukraine habe am Freitag versucht, „einen Raketenangriff auf die Region Belgorod mit ATACMS-Raketen aus US-amerikanischer Produktion zu starten“, erklärte das russische Verteidigungsministerium am Samstag. Diese von „westlichen Fürsprechern“ unterstützen Aktionen würden „mit Vergeltung“ beantwortet. Zuvor hatte das Ministerium ohne Angaben von Ort und Zeit erklärt, acht ATACMS-Raketen sowie 72 Drohnen seien von der russischen Luftabwehr abgefangen worden.
Der russische Präsident Wladimir Putin hatte im vergangenen Monat damit gedroht, Russlands neue ballistische Hyperschallrakete Oreschnik auf das Zentrum von Kiew abzufeuern, sollte die Ukraine ihre Angriffe auf russisches Territorium mit von den USA gelieferten ATACMS-Raketen nicht einstellen.
Washington hatte der Ukraine zuvor die Erlaubnis erteilt, die ATACMS-Raketen auch im russischen Hinterland einzusetzen. Die vom US-Konzern Lockheed Martin hergestellten Waffen haben eine Reichweite von 300 Kilometern. Der designierte US-Präsident Donald Trump sagte im vergangenen Monat in einem Interview, er sei „sehr vehement“ gegen den Einsatz dieser Waffen durch die Ukraine, da dies den Konflikt „eskalieren“ würde.
Russischer Journalist getötet
Unterdessen meldeten beide Seiten bei den Kämpfen in der Ukraine weitere Tote. Wie die russische Zeitung „Iswestia“ berichtete, wurde der russische Journalist Alexander Martemjanow durch eine ukrainische Kamikaze-Drohne auf ein Auto getötet, mit dem er in der Region Donezk unterwegs war. Der russischen Nachrichtenagentur Ria Nowosti zufolge hatte Martemjanow aus der von Russland besetzten Stadt Gorliwka berichtet und befand sich zusammen mit weiteren Medienvertretern auf dem Rückweg, als das Auto getroffen wurde. Ein für die Nachrichtenagentur arbeitender weiterer Journalist und vier weitere Medienvertreter seien verletzt worden.
Kiew und Moskau werfen sich immer wieder gegenseitig tödliche Angriffe auf Zivilisten vor. Im russisch besetzten Teil von Saporischschja wurde ein zehnjähriger Junge durch eine Drohne getötet, wie die von Moskau eingesetzten Behörden in der Region am Samstag mitteilten. Die Eltern des Jungen erlitten demnach Verletzungen, als die Drohne ihr Auto traf. Bei einem russischen Angriff in der Region Charkiw im Nordosten der Ukraine wurde am Samstag ein 74-jähriger Mann getötet, wie Regionalgouverneur Oleh Synehubow erklärte.
Das russische Verteidigungsministerium meldete unterdessen die Einnahme eines Dorfes im Osten der ukrainischen Region Luhansk. Russland rückte laut einer Analyse der Nachrichtenagentur AFP im vergangenen Jahr um rund 4000 Quadratkilometer in der Ukraine vor. Derweil kämpft das ukrainische Militär fast drei Jahre nach Beginn des russischen Angriffskriegs mit mangelndem Personal und Erschöpfung.
Der scheidende US-Außenminister Anthony Blinken erklärte, die USA hätten die Ukraine angesichts des befürchteten russischen Überfalls auf die Ukraine bereits kurz vor Kriegsbeginn im Februar 2022 mit Waffen beliefert. „Weil wir es haben kommen sehen, waren wir in der Lage, nicht nur sicherzustellen, dass nicht nur wir und Verbündete und Partner vorbereitet waren, sondern dass die Ukraine vorbereitet war“, sagte Blinken der „New York Times“.
„Russland daran hindern, das Land zu überrollen“
„Wir haben dafür gesorgt, dass wir weit bevor es zur russischen Aggression kam, ab September und dann wieder im Dezember, geräuschlos eine Menge Waffen in die Ukraine bekommen haben, um sicherzustellen, dass sie über das verfügten, was sie brauchten, um sich selbst zu verteidigen.“
Als Beispiele nannte Blinken Stinger-Flugabwehrraketen und Panzerabwehrwaffen vom Typ Javelin. Die Waffen hätten entscheidend dazu beigetragen, „Russland daran zu hindern, Kiew einzunehmen, das Land zu überrollen, es von der Landkarte zu tilgen“. Außerdem hätten die Ukrainer die Russen zurückdrängen können. Blinken wies zugleich darauf hin, wie intensiv die diplomatischen Bemühungen vor Beginn der Invasion gewesen seien, um den Krieg zu verhindern. Sicherheitsinteressen der Russen seien dabei berücksichtigt worden. Kremlchef Wladimir Putin habe den Krieg einzig aus imperialem Machtstreben heraus angefangen.