Überfischung: Deutsche Ostseefischer dürfen trotz bedrohter Bestände weiterfangen

Die Fischfangmengen für deutsche Ostseefischer werden sich nur wenig ändern. Das ist das Ergebnis eines Treffens der Landwirtschaftsministerinnen und Landwirtschaftsminister der EU-Länder in Luxemburg. Dabei wurden neue Fangmengen für Fisch in der Ostsee beschlossen.

Besonders wichtig für die deutschen Fischer sind die Dorsch- und Heringsbestände in der westlichen Ostsee. Dort dürfen sie im kommenden Jahr fischen wie bisher. Für Schollen wird die Fangmenge um drei Prozent reduziert. Für Sprotten wird sie dagegen um 45 Prozent erhöht.

Die EU-Kommission hatte zuvor deutlich geringere Fangmengen gefordert, um die Bestände zu beschützen. Laut Kommission sollte die erlaubte Menge gefischten Herings im Sommer halbiert werden, damit sich die Population erholen kann. Der Dorschfang sollte der EU-Empfehlung zufolge sogar um 84 Prozent reduziert werden. Jedes Jahr schlägt die EU-Kommission auf der Basis des internationalen Rates für Meeresforschung eine erlaubte Menge für den Fischfang vor. Daran halten müssen sich die Minister der EU-Länder aber nicht.

Ausnahmen für Fischer aus Deutschland

Die deutschen Fischer an der Ostsee dürfen wie bisher mit kleinen Booten und sogenannten passiven Fanggeräten, wie Stellnetzen, gezielt Heringe fangen. Auch als Beifang darf Hering gefischt werden. Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer (CSU) bezeichnete die Fischerei als einzigartiges Kulturgut und ein Stück Heimat, das bewahrt werden müsse. Seiner Meinung nach ist der Beschluss eine Balance zwischen Schutz und Nutzung der Fischbestände.

Kritik und Sorge aus Politik und Umweltschutz

Der dänische Fischereiminister Jacob Jensen sagte in Bezug auf den Fischbestand in der Ostsee: „Leider ist die Lage weiterhin ernst“ Jensen hat derzeit den regelmäßig wechselnden Vorsitz unter den EU-Staaten inne. 

Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) teilte mit, die Entscheidung ergebe weder ökologisch noch ökonomisch Sinn. Der Nabu kritisierte, dass das „politische Versagen der vergangenen Jahre“ wiederholt werde.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) schloss sich der Kritik an und bezeichnete die Entscheidung als  „Fischen um jeden Preis“. Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH, sagte: „Offenbar ist bei den Fischereiministerinnen und -ministern der EU weiterhin kein ausreichendes Verständnis für die dramatische Lage der Ostsee vorhanden.“ Die Fangquote setzte den rapiden Rückgang mehrerer Populationen fort, fügte sie hinzu.

Die EU-Länder sollten aus Sicht der DUH die Fangmengen anhand des Vorsorgeprinzips für das Ökosystem Ostsee bestimmen. „Die Fischerei in der Ostsee braucht eine tiefgreifende Reform – sonst hat sie keine Zukunft.“

Dieser Artikel wird weiter aktualisiert.