U21-EM – Trainer Di Salvo hat plötzlich Luxusprobleme

Stand: 19.06.2025 11:32 Uhr

Deutschland trifft bei der U21-EM im Viertelfinale am Sonntag (22.06.2025, Live-Ticker bei sportschau.de) um 21 Uhr auf Mitfavorit Italien – und Bundestrainer Antonio Di Salvo hat seit dem England-Triumph plötzlich reichlich Gründe zum Nachdenken.

Drei Spiele in der Vorrunde, drei Siege – das hat bei einer Europameisterschaft zuvor noch nie ein deutsches U21-Team hinbekommen.

Nach dem 3:0 beim Auftakt gegen Slowenien mit drei Treffern von Nick Woltemade und dem eine Stunde lang mitreißenden 4:2 über Tschechien hatte es so ausgesehen, als habe Di Salvo seine Formation für den weiteren Turnierverlauf gefunden: Bei beiden Erfolgen stand die identische Startformation auf dem Rasen, und eigens für einen solchen Verlauf haben die Fußballphilosophen aus dem Mutterland den Leitsatz „never change a winning team“ erfunden.

Elf Wechsel – und fast alle passten perfekt

Di Salvo hat aber keine englischen Wurzeln, sondern deutsch-italienische, geboren ist er in Paderborn, das Fußballspielen lernte er im westfälischen Bad Lippspringe. Dass man ein Team trotz laufender Siegesserie durchaus verändern kann, hat er beim 2:1 gegen die Young Lions am Mittwochabend in Nitra eindrucksvoll bewiesen. Und dass er Mut hat, ebenso. Er tauschte kurzerhand die komplette Mannschaft aus, brachte gegen den Titelverteidiger elf frische Kräfte.

Die machten ihren Job so überzeugend, dass Di Salvo nun gleich auf mehreren Positionen Denksportaufgaben zu lösen hat. Zwar würde wohl jeder verstehen, wenn er im ersten K.o.-Spiel wieder auf die Slowenien- und Tschechien-Besieger zurückgreifen würde. Doch dazu haben es einige seiner Schützlinge gegen England eigentlich zu gut gemacht.

Knauff mit zwei dicken Ausrufezeichen

Die sichtbarsten Argumente in eigener Sache lieferte Ansgar Knauff. Der Turbo-Rechtsaußen von Eintracht Frankfurt erzielte nach Klasse-Ballannahme und perfekter Abschlusshaltung das frühe Führungstor und schlug vor dem zweiten Treffer die Maßlanke auf Mittelstürmer Nelson Weiper.

Nelson Weiper gegen Englands Omari Hutchinson bei der U21-EM

Weiper glänzte in der Spitze aber auch nicht nur durch seinen wuchtigen Kopfballtreffer, bei dem er gleich zwei englische Verteidiger locker übersprang. Er arbeitete auch hervorragend im Gegenpressing, war extrem lauffreudig und stürzte sich in die Zweikämpfe.

Knauffs Konkurrent auf der rechten Seite ist Paul Nebel, der gegen Tschechien zu den Torschützen gehörte – dennoch ist dieses Duell nun völlig offen. Für den Mainzer Weiper müsste gegen Italien Nicolo Tresoldi weichen, was durchaus denkbar isr. Allerdings harmonierte der Hannoveraner zuvor perfekt mit dem gesetzten Woltemade und schuf viele Räume für den Stuttgarter.

Zwei starke Sechser – aber für die wird es eng

Ganz hervorragend gegen England klappte auch das Zusammenspiel der beiden defensiven Mittelfeldspieler. Casper Jander und Merlin Röhl fanden eine hervorragende Mischung aus Spielübersicht, defensiver Absicherung und offensiven Akzenten.

Aus Röhls Kommentar ließ sich allerdings schon heraushören, dass er wenig Ambitionen verspürt, die beiden Stamm-Sechser Eric Martel und Rocco Reitz zu verdrängen: „Wir haben gezeigt, dass wir ein großartiges Team sind und der Trainer jedem einzelnen von uns vertraut. Es war sicher gut für die anderen, dass sie jetzt mal ein Spiel durchschnaufen konnten.“

Merlin Röhl gegen Jonathan Rowe im Spiel gegen England

Trotz einer Topleistung zurück auf die Bank geht es wohl auch für Spielmacher Paul Wanner, der in der vergangenen Saison von den Bayern nach Heidenheim ausgeliehen war. Auch Tjark Ernst im Tor lieferte auf den Punkt eine beeindruckende Vorstellung ab, doch die Nummer Eins dürfte der Freiburger Noah Atebolu bleiben.

Ein Wechsel ist allerdings auf der linken Defensivseite möglich, wenn nicht sogar wahrscheinlich. Lukas Ullrich glänzte mit der Traumflanke zum Knauff-Treffer und hielt anschließend das englische Wunderkind Ethan Nwaneri hervorragend im Zaum. Ullrichs Konkurrent ist der Frankfurter Nathaniel Brown, der bisher auch keineswegs enttäuscht hat, nun aber um seinen Stammplatz bangen muss. Allein ist er seit dem England-Spiel damit nicht.