
Die U21 verpasste trotz mitreißender Aufholjagd den EM-Titel: Die DFB-Auswahl unterlag im Finale nur knapp gegen England. Stolz stellte sich nach der verlorenen Partie aber nicht gleich ein – zumindest bei den Spielern. Die Bewertung bleibt nüchtern.
Mit traurigen Gesichtern schritten die deutschen U21-Nationalspieler nach dem verpassten EM-Triumph aus dem Stadion in Bratislava. „Trotzdem bin ich ein sehr stolzer Trainer einer U21, die sich über zwei Jahre wirklich gesteigert hat, einen super Zusammenhalt hatte, einen super Fußball gespielt hat und auch sehr viele Menschen in Deutschland berührt und bewegt hat“, stellte der sehr geknickte U21-Nationalcoach Antonio Di Salvo nach der Niederlage in einem packenden Endspiel gegen England fest.
„Aktuell ist sehr viel Leere und wenig Stolz da“, sagte Verteidiger Tim Oermann. Man habe nicht das „beste Gesicht“ der Mannschaft gezeigt. „Ich fand, dass es eine wahnsinnige Reise war und deswegen ist es einfach auch so enttäuschend, weil es eine supertolle Zeit war.“ 20 Spiele lang war die deutsche U21 nach der Niederlage bei der EM 2023 gegen England unbesiegt – bis sie sich exakt zwei Jahre später erneut gegen England geschlagen geben musste.
Die Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes musste sich in einem mitreißenden Finale dem Titelverteidiger mit 2:3 (2:2, 1:2) nach Verlängerung geschlagen geben. Hätte der Mainzer Paul Nebel nicht kurz vor Ende der regulären Spielzeit die Latte getroffen, wäre es wohl ganz anders gelaufen. Auch Merlin Röhl (120.+1) traf nur noch die Latte. Damit endete der Traum vom vierten Titel nach 2009, 2017 und 2021.
„Nebengeräusche“ um Woltemade kein Grund für Niederlage, sagt Di Salvo
Die Mainzer Nelson Weiper (45.+1 Minute) und Nebel (61.) hatten der deutschen Mannschaft, die sich stark zurückgekämpft hatte, nach dem ernüchternden Rückstand für Hoffnung auf den vierten DFB-Titel gemacht. Liverpool-Star Harvey Elliott (5.), der zum Spieler des Turniers gewählt wurde, und Omari Hutchinson (24.) jubelten zuvor früh für die Young Lions – und spät schlug dann Joker Jonathan Rowe (92.) beim Nervenkitzel in der Verlängerung zu.
Der Saison-Aufsteiger Woltemade versuchte alles, aber weder Tor noch Vorlage wollten dem Stuttgarter Pokalsieger gelingen. Die Gerüchte, dass der 23-Jährige schon in diesem Sommer zum FC Bayern wechseln wolle, brachte niemand als Grund für den fehlenden Abschlusserfolg ins Spiel. Mit einem gequälten Lächeln nahm Woltemade die Auszeichnung für den Torschützenkönig entgegen.
„Zunächst einmal weiß ich gar nicht, inwiefern da richtig was dran ist oder nicht. Aber es hatte keinen Einfluss, weil sich die Mannschaft damit nicht beschäftigt hat“, sagte Di Salvo. „Und Nick, klar, liest er und hört er dann was, aber ich habe mit ihm gesprochen und es war alles in Ordnung. Am Ende ist es so, dass wir wirklich schlecht ins Spiel gekommen sind und das war das Entscheidende.“ Die „ganzen Nebengeräusche“ seien nicht optimal gewesen, „aber das war jetzt nicht der Grund, warum wir jetzt das Spiel verloren haben“.
Lobeshymnen von den Spielern des FC Bayern
Auch in den USA ist beim unglücklich verlorenen EM-Finale der deutschen U21-Junioren ganz genau auf Torschützenkönig Woltemade geschaut worden. Die Profis des FC Bayern verfolgten am Samstag teilweise beim Warten auf den verspäteten Abflug zum eigenen Achtelfinalspiel bei der Klub-WM gegen Flamengo Rio de Janeiro das 2:3. Im Fokus stand dabei natürlich auch der umworbene Woltemade.
„Erstmal bin ich traurig gewesen, dass die U21 nicht gewonnen hat“, sagte Nationalspieler Jonathan Tah im Hard Rock: „Wir haben das Spiel verfolgt und es ihnen gewünscht, dass sie das Finale gewinnen, weil sie es auch verdient gehabt hätten mit dem Turnier, dass sie gespielt haben.“
Die Bayern wollen Woltemade – und der zuletzt beim Finalturnier der Nations League zum A-Nationalspieler aufgestiegene Angreifer möchte offenbar schon in diesem Jahr nach München wechseln. Der Poker zwischen dem VfB Stuttgart und den Bayern um eine hohe zweistellige Millionen-Ablöse läuft bereits. Der Senkrechtstarter der vergangenen Saison steht beim DFB-Pokalsieger noch langfristig bis zum 30. Juni 2008 unter Vertrag.
Bayern-Neuzugang Tah würde den 23 Jahre alten Shooting Star herzlich willkommen heißen an der Isar. „Wenn das passiert, freue ich mich“, sagte der 29-Jährige: „Ich verstehe mich gut mit Nick. Ich weiß, dass er ein guter Spieler ist. Aber ich habe da keinen Einfluss drauf.“
Dem Abwehrspieler imponiert, wie Woltemade auf dem Platz agiert. „Er hat Selbstvertrauen, aber keine Arroganz. Er hat da so die gute Mitte irgendwie. Und er ist als Spielertyp besonders“, sagte Tah.
Auch Konrad Laimer äußerte sich vor dem Achtelfinalspiel der Bayern bei der Klub-WM zum möglichen künftigen Mitspieler Woltemade. „Ich kenne ihn nicht persönlich.“ Aber er habe immerhin schon in der Bundesliga mit Bayern gegen Woltemade gespielt, bemerkte der Österreicher.
Man müsse nicht viel zu den Qualitäten des fast zwei Meter messenden Woltemade sagen, „bei dem, was er in der letzten Saison in Stuttgart geleistet hat“, meinte Laimer: „Wie er mit seiner Größe Fußball spielen kann, wie er arbeitet und wie er vorangeht, ist er ein großartiger Spieler.“
pk/dpa