Es sind ein paar dürre Zeilen, die das Aus von Hoffnungsträger Nils Kretschmer beim Handball-Zweitligisten TV Großwallstadt offiziell verkünden: „Nils Kretschmer und der TV Großwallstadt haben sich darauf verständigt, ihre Zusammenarbeit mit sofortiger Wirkung zu beenden.“ Der Mitteilung des Vereins ist auch nicht viel hinzuzufügen, denn es gibt keine Neuigkeiten in Bezug auf den Ermittlungsstand der Staatsanwaltschaft München. Kretschmer war am 29. September nach dem Spiel gegen Ludwigshafen positiv auf Doping getestet worden, weshalb er am 11. Dezember von der Handball-Bundesliga wegen Dopingverdachts mit sofortiger Wirkung vorläufig suspendiert wurde und die Staatsanwaltschaft gegen den 31-Jährigen ermittelt.
„Der TV Großwallstadt wird sich auch weiterhin nicht zum laufenden Ermittlungsverfahren gegen seinen ehemaligen Kapitän äußern“, erklärte Geschäftsführer Stefan Wüst, der betonte, dass „weder strafrechtlich noch sportrechtlich gegen den TV Großwallstadt, seine Spieler oder andere Beschäftigte ermittelt wird“. Vielmehr sieht Wüst seinen Verein als Geschädigten, denn in Kretschmer fehlt nicht nur der Kapitän, sondern auch der mit Abstand beste Torschütze und Abwehrchef. Der linke Rückraumspieler war vom ambitionierten Ligakonkurrenten HC Elbflorenz aus Dresden geholt worden und sollte als Führungsspieler auf dem angestrebten Weg des ehemaligen Meisters, Pokalsiegers und Europapokalgewinners zurück in die erste Liga vorangehen. Kretschmer sollte auch die Nachwuchskräfte anleiten und führen, all das war mit einem Paukenschlag Makulatur. Statt sich nach oben zu orientieren, steckt Großwallstadt mitten im Abstiegskampf, drei Punkte trennen den Traditionsklub vom ersten Abstiegsplatz.
Der TVG ist auf der Suche nach Ersatz für Kretschmer und will zeitnah ein Ergebnis verkünden
Sollte sich der Doping-Verdacht bestätigen, drohen Kretschmer vier Jahre Sperre, die das Ende seiner Profikarriere bedeuten könnten. Der 31-Jährige erlangte auch neben dem Handballfeld große Aufmerksamkeit, der ehemalige Junioren-Nationalspieler ist als Handball-Influencer bekannt und hat mit etwa 420 000 Followern auf Instagram mehr als der Deutsche Handballbund (350 000). Kretschmer weiß sich selbst und seinen stark tätowierten und muskelbepackten Körper in Szene zu setzen, er postet regelmäßig Videos, in denen er hinter die Kulissen blickt oder Mode präsentiert.
Für den TVG ist das Thema erledigt, wie Sportgeschäftsführer Michael Spatz wissen lässt: „Wir sind froh, dass wir unseren Fokus nun wieder auf das Sportliche richten können.“ Denn da bleibt einiges zu tun. Der Verein sei intensiv auf der Suche nach Ersatz für Kretschmer, offenbar mit Erfolg: Spatz kündigt an, zeitnah ein Ergebnis zu präsentieren.