Die Zollankündigungen von Donald Trump sind ein erstes Beispiel dafür, wie er als amerikanischer Präsident vom Januar an die internationalen Wirtschaftsbeziehungen durcheinanderwirbeln wird. Mit der Mitteilung, die Einfuhr aus China mit zehn Prozent und aus den beiden Nachbarländern Kanada und Mexiko mit 25 Prozent Zoll zu belegen, bedroht Trump dabei die deutsche Exportwirtschaft. Diese war schon stark verunsichert durch Trumps Wahlkampfversprechen, sämtliche Importe mit Zöllen in Höhe von zehn oder zwanzig Prozent zu belasten. Die Vereinigten Staaten sind neben China Deutschland wichtigster Handelspartner.
Mit den nun angekündigten Zöllen würde Trump alternative Handelskanäle für die deutschen Exporteure dichtmachen. So liefern deutsche Unternehmen Vorprodukte nach China und in andere Länder, die nach Weiterverarbeitung in die USA exportiert werden. Das wäre mit den Zöllen auf die Einfuhr aus China, Mexiko und Kanada künftig nur noch zu spürbar erhöhten Kosten möglich. Auf diesen Zusammenhang hatte schon vor Trumps neuen Zolldrohungen das Münchener Ifo-Institut hingewiesen. Das Ifo hatte berechnet, dass Trumps Zölle deutsche Exporte in die USA und nach China einbrechen lassen würden.
Unklar ist, ob Trump mit der Drohung speziell Kanada und Mexiko zwingen will, das Grenzregime zu verändern, oder ob er es wirklich ernst meint. Die drei Länder sind durch den Freihandelspakt USMCA verbunden, den Trump während seiner ersten Amtszeit als Ersatz für das vorherige NAFTA-Abkommen ausgehandelt hatte. Mehr als 70 Prozent der Ausfuhr von Kanada und Mexiko gehen in die USA. Das Handelsvolumen der Länder untereinander beträgt 1,8 Billionen Dollar im Jahr. Der Zoll werde die amerikanischen Preise nach oben treiben und unter anderem das Benzin im Mittleren Westen verteuern, erwartet Joey Politano von Apricitas Economics. Die Region hängt stark von Öl aus Kanada ab.
Volkswirte befürchten negative Auswirkungen für Deutschlands Wirtschaft
Für Deutschland und Europa hat Trumps Protektionismus nach Einschätzung deutscher Ökonomen überwiegend negative Folgen. Im Ökonomenpanel des Münchener Ifo-Instituts und der F.A.Z. erklärten 88 Prozent der befragten Volkswirte, dass die Wahl Trumps zum Präsidenten sich „sehr negativ“ oder „eher negativ“ auf das Wirtschaftswachstum in Deutschland auswirken werde. Mit Blick auf Europa finden das 86 Prozent der befragten Ökonomen. Viele Umfrageteilnehmer verwiesen auf die protektionistische Handelspolitik Trumps. „Der Trump-Merkantilismus wird die USA schädigen, aber Europa noch stärker“, sagte Friedrich Heinemann vom Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim.
Andere Teilnehmer erwarten indes auch positive Wirkungen für Europa. „Eine rigorose ‚America First‘-Politik muss im Grunde bedeuten, die USA wirtschaftlich noch stärker zu machen, als sie bereits sind“, sagte David Stadelmann von der Universität Bayreuth. „Und ein wirtschaftlich starkes Amerika ist auch ein Vorteil für Europa.“ Stadelmann erwartet als Folge des Wahlsiegs von Trump höheren Druck in Europa, Reformen für mehr Wirtschaftswachstum anzugehen und eine „realistische“ Klimapolitik zu verfolgen.
Gespaltene Meinungen zum Wachstum in Amerika
So einhellig wirtschaftliche Schäden für Deutschland und Europa erwartet werden, so gespalten sind die Meinungen der Ökonomen, ob Trumps Politik der Wirtschaft im eigenen Land schaden oder nutzen wird. 43 Prozent der Befragten erwarten einen positiven Effekt Trumps auf das Wachstum in Amerika, 42 Prozent einen negativen Effekt. Die Unentschiedenheit spiegelt die Frage, ob die wirtschaftlichen Schäden in Amerika durch höhere Importzölle stärker wiegen als die Vorteile der von Trump angekündigten drastischen Steuersenkungen.
Doch absehbar ist, dass mit Trumps Zollerhöhungen ein ausgewachsener internationaler Handelskonflikt droht. 47 Prozent der Befragten erwarten, dass die Europäische Union auf Zollerhöhungen von Trump mit Gegenzöllen reagieren wird. 54 Prozent erwarten Gegenzölle von China. Weit überwiegend gehen die Ökonomen ferner davon aus, dass die internationale Zusammenarbeit in der Handelspolitik, im Klimaschutz oder in Fragen der NATO und der internationalen Sicherheit schwieriger werden wird.
„Trump zwingt zum Aufwachen“
Doch auch das kann nach Ansicht mancher Ökonomen positive Folgen zeitigen. „Trump zwingt zum Aufwachen“, kommentierte Jürgen von Hagen von der Universität Bonn. Er geht davon aus, dass Trumps Unwille zur Finanzierung der Verteidigung von Bündnispartnern in Deutschland zum Umdenken führt. „Die deutsche Politik, der letzten 30 Jahre und mehr, die Verteidigung unseres Landes den USA zu überlassen und stattdessen einen überdimensionierten Sozialstaat immer mehr zu vergrößern, muss endlich aufhören“, erklärte von Hagen. Für das Ökonomenpanel befragte das Ifo-Institut mehr als 700 Professoren der Volkswirtschaftslehre in Deutschland, von denen sich 180 beteiligten. Die Umfrage fand vom 12. bis 19. November statt, also vor den neuen Zollankündigungen von Trump.
Die Lage wird für Amerikas Handelspartner noch schwieriger, weil Trump nun seinen Willen zeigt, Abkommen mit anderen Ländern zu brechen. Die Verhängung von Zöllen auf Lieferungen der Freihandelspartner ist nach Einschätzung von Rechtsexperten nicht mit dem Pakt USMCA zu vereinbaren. Der Freihandelsvertrag steht 2026 zu Überprüfung an. Trump hatte ihn im Wahlkampf infrage gestellt und speziell gedroht, chinesische Autos „Made in Mexiko“ mit drakonischen Zöllen zu belasten.
Die Drohung trägt Früchte. Der chinesische Elektroautokonzern BYD legt vermutlich seinen Plan, eine Autofabrik in Mexiko zu errichten, auf Eis. Die Regierung unterstützt den Plan nicht mehr. Trump hat nicht erklärt, auf welcher Rechtsbasis er die Zölle gegen China, Kanada und Mexiko verhängen will. Für gewöhnlich entscheidet der Kongress über Zölle, doch kann der Präsident Zölle zum Erhalt der nationalen Sicherheit verhängen. In seiner ersten Amtszeit hatte Trump diese Ausnahmeregel genutzt.