Sich Ziele zu setzen, auch hohe, ist grundsätzlich nicht verkehrt. Bedenklich wird es, wenn sie komplett unrealistisch sind. Damit liefert man sich einem Druck aus, unter dem man nur zerbrechen kann. Und läuft obendrein Gefahr, sich lächerlich zu machen. Aus gutem Grund hat Holstein Kiel nach dem Aufstieg in die Fußball-Bundesliga nicht kundgetan, in der neuen Saison die Meisterschaft anzupeilen.
Dass die Grünen wiederum in den nächsten Bundestag einziehen, ist ziemlich gewiss, dass sie der nächsten Regierung angehören, immerhin möglich. Dass sie den Bundeskanzler stellen, ist jedoch eher unwahrscheinlich, um es vorsichtig zu formulieren. Dennoch haben sie einen Kanzlerkandidaten nominiert. Der wäre tatsächlich recht gerne Kanzler anstelle des Kanzlers. Als Außenstehender indes schmunzelt man angesichts solcher Ambitionen. Zugutehalten darf man Robert Habeck immerhin – und da steht er in einer Reihe mit Olaf Scholz, Sahra Wagenknecht und Markus Söder: Würde er von vorneherein sagen, ach, lasst es ruhig den Merz machen, könnte er es gleich bleiben lassen mit der Politik.
:Hose mit E-Motor
Outdoor-Ausrüster bieten Kleidung an, in der das Wandern automatisch läuft. Wunderbar, oder?
Abgesehen davon ist wie immer alles relativ: Dass Habeck sich zum Kanzlerkandidaten seiner Partei hat ausrufen lassen, hört sich durchaus nach einer reellen Zielsetzung an, vergleicht man das mit dem Vorhaben, welches die Tourismus-Verantwortlichen von Mallorca hegen. Genauer gesagt: gehegt haben. Die Urlaubsinsel, das war ein über zwei, drei Jahre hinweg offiziell verfolgter Plan, sollte in ein exklusives, teures Reiseziel umgewandelt werden. Warum bloß erstaunt es einen nicht, dass der Geschäftsführer von Visit Palma unlängst eingeräumt hat, diese Strategie sei gescheitert?
Nun, weil man eben weiß, dass eine Kuh nicht fliegen kann.
Es ist im Übrigen keineswegs so, dass Mallorca touristisch gesehen ein einziges Saufloch wäre. Man kann speziell an der Westküste ausgesprochen luxuriös Urlaub machen, auch Ferien auf einer Finca sind tendenziell hochpreisig. Und die vielen Familien, die auf die Insel fliegen, gehören zwar nicht zu den oberen Zehntausend, aber sie benehmen sich in der Regel wie Familien und nicht wie Hooligans.
Für jedes Problem gibt es eine Lösung. Und, wichtiger noch: ein Budget
Und doch steckt Mallorca im Strudel dreier Probleme: Aus Sicht der Inselbewohner sind etliche Gäste unerwünscht (eben die Partysäufer). Von den akzeptablen (voran die Familien) kommen zu viele. Und von den begehrten (die Reichen bis Superreichen) fliegen zu wenige nach Malle, sondern gleich auf die Malediven. Aus diesem touristischen Bermuda- oder genauer Balearen-Dreieck kommt man praktisch nicht heraus. Wie sollte das auch funktionieren? Indem man Kaviar auf Burger schmiert statt Ketchup? Statt minderwertigem Sangria Champagner in Eimer füllt? Oder die Wände schimmelnder Acht-Quadratmeter-Höhlen von in der Einflugschneise des Flughafens liegenden Hotels durchbricht, um Penthouse-Zimmerfluchten zu gewinnen? Damit die Zahl der Urlauber drastisch sinkt, der Umsatz aber bitte schön derselbe bleibt …?
Inzwischen leuchtet selbst den Touristikern ein, dass dieser Weg nicht ans Ziel führt. Deshalb setzen sie fortan auf Technologie, um die Besucher, die sie nicht loswerden, wenigstens zu lenken. Kameras sollen an Stränden den Andrang überwachen. Droht Überfüllung, werden Urlauber zu anderen Stränden umgeleitet. Auf dass sie dort ihre Räusche ausschlafen. Das wird die Situation garantiert entspannen. Man muss seine Ziele eben nur entschlossen genug verfolgen.