
Thymen Arensman hat die letzte Bergankunft der Tour de France gewonnen. Florian Lipowitz kam als Vierter ins Ziel und machte bei der nur 93 Kilometer langen Etappe nach La Plagne einen ganz großen Schritt in Richtung Tour-Podium. Platz zwei belegte Jonas Vingegaard, Dritter wurde Tadej Pogacar.
Nach seinem Zeitverlust am Vortag war Lipowitz mit nur noch 22 Sekunden Vorsprung auf den Gesamt-Vierten Oscar Onley in die Etappe gegangen. Bei der zweiten Alpen-Etappe gab sich der Deutsche von dem Rückschlag aber unbeeindruckt und zeigte wie so oft bei dieser Tour eine ganz starke Leistung. Allerdings erlebte er auf den letzten Metern auch einen Schreckmoment. Der 24-Jährige fuhr am Hinterrad von Pogacar und Vingegaard, als der Däne kurz vor dem Ziel attackierte, wollte Lipowitz mitgehen, stürzte dabei aber beinahe. Beim Antritt rutschte er auf nasser Straße weg, er konnte aber auf dem Rad bleiben.
Florian Lipowitz vor Tadej Pogacar und Jonas Vingegaard bei der 19. Etappe der Tour de France
Lipowitz erreichte die Skistation in den französischen Alpen sechs Sekunden nach dem Tagessieger und 39 Sekunden vor seinem Rivalen im Kampf um den Podiumsplatz in Paris. Entsprechend zufrieden äußerte sich der Tour-Derbütant im Interview mit der Sportschau: „Nach gestern habe ich mir selbst auch viel Druck gemacht. Ich wusste, dass ich heute abliefern muss. Ich hab mich heute gut gefühlt und dann wusste ich dass es ein guter Tag werden kann.“
Eigentlich sah bei der 19. Etappe zunächst alles so aus, als wollte der Mann im Gelben Trikot unbedingt seinen fünften Etappensieg feiern. Auf dem 19 Kilometer langen Schlussanstieg beschleunigte Pogacar schon 14 Kilometer vor dem Ziel derart, dass nur Vingegaard am Hinterrad bleiben konnte. Es entstand sofort eine große Lücke. Pogacar nahm danach das Tempo aber wieder raus, sodass Arensman als Erster den Anschluss schaffte. Der Niederländer attackierte sogar und übernahm zwölf Kilometer vor dem Ziel die Spitze.
Pogacar fuhr anschließend den kompletten Anstieg an der Spitze einer kleinen Gruppe von Klassementfahrern. An der Zwei-Kilometer-Marke waren nur noch Lipowitz und Onley dabei, der Schotte musste da aber abreißen lassen. Lipowitz wartete nicht lange, ging in die Führung mit Pogacar und Vingegaard am Hinterrad. Eine späte Attacke von Pogacar blieb aber diesmal aus. So rettete Arensman zwei Sekunden Vorsprung ins Ziel. Für den 25-Jährigen Ineos-Profi ist es der zweite Etappensieg bei dieser Tour.
Lipowitz jetzt 1:03 Minuten vor Onley
In der Gesamtwertung festigte Lipowitz seinen dritten Platz und die Führung in der Wertung des besten Jungprofis. Der Deutsche liegt nun jeweils 1:03 Minuten vor Onley. Pogacar geht mit einem Vorsprung von 4:24 Minuten auf Vingegaard in die letzten beiden Etappen. Dem Slowenen ist nach der letzten Bergetappe der vierte Tour-Sieg kaum noch zu nehmen. Primoz Roglic, der zu den ersten Ausreißern gehört, verlor viel Zeit und rutschte im Klassement auf den achten Platz ab. Felix Gall rückt auf den fünften Platz vor.
Platz | Fahrer | Zeit |
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1 | Florian Lipowitz | 69:52:55 |
2 | Oscar Onley | + 01:03 |
3 | Kévin Vauquelin | + 11:26 |
4 | Ben Healy | + 16:53 |
5 | Raul Garcia | + 2:04:49 |
Die 19. Etappe wurde kurzfristig von 130 auf 93 Kilometer verkürzt. Wegen einer Rinderseuche am Col de Saisies nahmen die Organisatoren die beiden ersten Bergwertungen raus. Die letzten rund 80 Kilometer ging es über die ursprünglich geplante Strecke, und mit zwei Bergwertungen der höchsten Kategorie war der Parcours immer noch sehr anspruchsvoll. 3250 Höhenmeter waren es trotz der Verkürzung immer noch.
Zwölf Kilometer nach dem Start stand zunächst der Zwischensprint an. Lidl-Trek hielt das Feld bis dahin für Jonathan Milan zusammen. Der Mann im Grünen Trikot holte sich locker 20 weitere Punkte für die Sprintwertung. Für Milan geht es jetzt vor allem darum, in Paris anzukommen. Nur noch theoretisch könnte Pogacar ihm das Trikot streitig machen.
Roglic und Martinez das erste Spitzen-Duo
Nach dem Sprint folgte der 12,6 Kilometer lange Anstieg zum Col du Pré. Primoz Roglic ging sofort in die Offensive und gehörte zur ersten Spitzengruppe. Mit dabei Lenny Martinez, der am Vortag in der Bergwertung auf Platz drei hinter Pogacar und Vingegaard zurückgefallen war. Der 22-jährige Franzose bekam zudem acht Punkte abgezogen, weil er sich zu lange an den Flaschen festgehalten hatte, die ihm aus dem Auto gereicht wurden. Das Duo Roglic und Martinez setzte sich an die Spitze. Valentin Paret-Peintre, der Sieger am Mont Ventoux, konnte kurz vor der Passhöhe aufschließen. Die 20 Punkte an der Bergwertung holte sich Martinez, Roglic als Klassement-Fahrer und Paret-Peintre als Etappenjäger hatten daran kein Interesse.
Mit weniger als einer Minute Vorsprung ging es für das Trio in den zweiten Berg des Tages. Am Col de Roselend holte sich Martinez fünf weitere Bergpunkte. In der mehr als 30 Kilometer langen Abfahrt ließ es Roglic richtig krachen und setzte sich von den beiden leichteren Bergspezialisten ab. Martinez, der zuvor schon Probleme hatte, ließ sich zurückfallen. 31 Kilometer vor dem Ziel schluckte das Peloton auch Paret-Peintre.
Roglic vor Schlussanstieg gestellt
Inzwischen hatte es auch angefangen zu regnen, und an der Spitze des Feldes machte UAE Tempo. Der Vorsprung von Roglic schrumpfte auf weniger als 30 Sekunden. 21,5 Kilometer vor dem Ziel stellte die Gruppe mit den Favoriten auch den Slowenen.
Tim Wellens führte für UAE das Peloton dann in den 19,1 Kilometer langen Schlussanstieg mit im Schnitt 7,2 Prozent Steigung. Roglic fiel auf dem ersten Kilometer sofort aus dem Feld raus. An der 15-Kilomter-Marke bestand die Spitzengruppe noch noch aus zwölf Fahrern. An der Tempoarbeit beteiligte sich jetzt auch das Decathlon-Team, denn Gall hatte die Chance, im Klassement an Roglic vorbeizuziehen. Der Slowene aus dem Bora-Team musste am Ende für seine Attacken bezahlen, er kam als 27. mit einem Rückstand von 12:39 Minuten ins Ziel.
Etappe mit Klassiker-Charakter am Samstag
Am Samstag geht es weiter mit einer hügeligen Etappe, die Klassiker-Charakter hat. Puncheure und Ausreißer dürften auf den 184 Kilometern der 20. Etappe von Nantua nach Pontarlier gute Chancen auf den Tagessieg haben.