Todesursache Luftverschmutzung: Rund 240.000 Todesfälle in Europa

In Europa leiden Mensch und Natur unter schlechter Luft: Die EU-Umweltagentur berichtet, dass nach wie vor Hunderttausende Todesfälle auf Luftverschmutzung zurückgehen. Auch drei Viertel der Ökosysteme sind belastet. Es gibt aber einen positiven Trend.

Schätzungsweise 239.000 Todesfälle und mehr pro Jahr lassen sich in der EU auf eine zu hohe Feinstaubbelastung in der Luft zurückführen. 70.000 Todesfälle seien im Jahr 2022 einer Belastung mit Ozon sowie 48.000 mit Stickstoffdioxid zuzuschreiben, teilte die Europäische Umweltagentur EEA in einem neuen Bericht mit.

Die neuen Daten bestätigten einmal mehr, dass die Menschen in Europa mit Luftschadstoffkonzentrationen fertig werden müssten, die deutlich über den empfohlenen Werten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) lägen, schrieb die in Kopenhagen ansässige EU-Behörde. Die Todesfälle hätten durch das Einhalten der WHO-Richtwerte vermieden werden können.

Die Schätzwerte gehen auf epidemiologische Analysen zurück. Darin wurde der statistische Zusammenhang zwischen Risikofaktoren wie der Feinstaub-Belastung und gesundheitlichen Auswirkungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen ermittelt. Über den Vergleich von Gruppen, die der vermuteten Ursache in unterschiedlichem Maße ausgesetzt sind, lassen sich begründete Annahmen zu solchen Zusammenhängen ableiten.

Epidemiologische Studien zeigen Korrelationen, keine Kausalitäten, sagen also noch nichts über ursächliche Zusammenhänge aus. Ergebnis ist eine statistische Abschätzung, keine exakte Angabe zu klinisch identifizierten Todesfällen. Der tatsächliche Wert kann sowohl höher als auch niedriger liegen.

Die EEA-Experten warnten auch vor den Folgen schlechter Luft für die europäischen Ökosysteme. Fast drei Viertel dieser Ökosysteme seien gesundheitsschädlichen Luftverschmutzungswerten ausgesetzt, hieß es in einer weiteren Einschätzung der Umweltagentur.

Außerdem war etwa ein Drittel der landwirtschaftlichen Flächen in Europa bodennahen Ozonkonzentrationen ausgesetzt, die über dem in den EU-Vorschriften zum Schutz der Vegetation festgelegten Schwellenwert lagen. Laut Bericht führte dies zu Ernteschäden, geringeren Erträgen und geschätzten wirtschaftlichen Verlusten von mindestens zwei Milliarden Euro.

Ozon schädigt Pflanzen, indem es die Wachstumsraten verringert, somit setzt das Gas den Wäldern zu, schmälert Erträge schmälert und beeinträchtigt die biologische Vielfalt. Im Jahr 2022 wurden in 62 Prozent der gesamten Waldfläche in den 32 EU-Mitgliedstaaten die zum Schutz der Wälder vor Ozon festgelegten kritischen Werte überschritten.

Immer noch seien zu viele Menschen in Europa – insbesondere in den Städten – von schlechter Luftqualität betroffen, die zu Krankheiten und vorzeitigen Todesfällen führe, mahnte EEA-Exekutivdirektorin Leena Ylä-Mononen an. Dass die Luftverschmutzung auch weitreichende negative Folgen für die Ökosysteme mit sich bringe, mache es umso wichtiger, die Bemühungen für eine sauberere Luft zu verdoppeln.

Die EEA gewinnt den jüngsten Daten allerdings auch Positives ab: Diese würden den Trend bestätigen, dass sich die Lage hinsichtlich der langfristigen Gesundheitsbelastung durch die Luftschadstoffe Feinstaub (PM2.5), Stickstoffdioxid (NO2) und Ozon (O3) insgesamt bessere, teilte die Behörde mit.

Zwischen 2005 und 2022 sei die Zahl der auf Feinstaub (PM2.5) zurückzuführenden Todesfälle in der EU um 45 Prozent gesunken. Damit bleibe die Europäische Union auf Kurs, um ihr Ziel zu erreichen, diese Zahl bis 2030 um 55 Prozent im Vergleich zu 2005 zu verringern.

In Deutschland hat der Rückgang von 2005 bis 2022 nach EEA-Angaben sogar 53 Prozent betragen. 2022 ließen sich demnach noch rund 32.600 Todesfälle auf die Feinstaubbelastung zurückführen.

Die Veröffentlichung der neuen EEA-Daten fällt mit dem Inkrafttreten neuer EU-Richtlinien zusammen, durch diese sich die Luftqualität in Europa weiter verbessern soll. Die Vorschriften bringen die EU-Grenzwerte näher an die WHO-Standards heran und sollen die gesundheitlichen Auswirkungen der Luftverschmutzung somit in den kommenden Jahren weiter reduzieren.

dpa/sk